Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.

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Title
Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.
Author
Boeddeker, Karl, ed. 1846-
Publication
Berlin,: Weidmann,
1878.
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Subject terms
English language -- Grammar
English poetry
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"Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253." In the digital collection Corpus of Middle English Prose and Verse. https://name.umdl.umich.edu/AFY7793.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 27, 2025.

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GEISTLICHE LIEDER.

I. Middelerd for mon wes mad.

Die an die altfranzösische Romanze erinnernde Strophe dieses Liedes (vgl. z. B. "La desputoison de Charlot et du barbier" von Rustebues) ist nahe verwandt der Strophe von W. L. IV; nur ein geringer Unterschied im Abgesange ist erkennbar. Aber nicht nur die äussere Form ist in beiden Liedern fast dieselbe, auch die inneren, ganz individuellen Eigenartigkeiten jenes Liedes finden wir in diesem wieder: Reiche Alliteration, Uebergang derselben von einem Verse auf den folgenden, ein gewisses Dunkel des Ausdrucks, grössere Alterthümlichkeit der Sprachformen, die sich z. B. im gewissenhaften Festhalten des flexivischen n bekundet, unvermittelter Sprung von einer Vorstellung zur andern, innige Bindung der Strophe in sich und der sämmtlichen Strophen unter einander charakterisiren beide Dichtungen. Nun nimmt der Dichter von W. L. IV (vgl. die Ein|leitung zu demselben) Bezug auf frühere Ergüsse seiner poetischen Muse, in welchen er im Gegensatze zu der Sitte der Poeten seiner Zeit die Frauen unzart behandelt hatte. In unsrem Liede begegnen wir einem bitteren Angriffe auf die Frauen. Beide Dichtungen haben daher denselben Autor, und das nachstehende Lied ist eines der|jenigen, auf welche W. L. IV hindeutet.

Th. Wright, Spec. of L. P., pag. 24.

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[folio 62b] Middelerd for mon wes mad, Line 1 vnmihti aren is meste mede; þis hendy haþ on honde yhad, [hendy, ms. hedy. Die Formen "hende" und "hendy" sind als adj. gleichbedeutend, als adv. freilich kommt hendy soust nicht vor. Ich nehme an, dass aus Flüchtigkeit der Strich über dem "e", welcher nach der Orthographie der Hs. das folgende "n" zu ersetzen hätte, ausgelassen worden ist. Der Sinn wäre demnach: Dies hat gar bald zur Folge gehabt.] þat heuene hem is hest to hede. [hede, dat. sg., entspricht dem ags. hâd, "Zustand, Lage, Daseinsform"; wir würden mit "heuene" daher einen abstrakten Begriff zu verbinden haben, "Seligkeit, himmlisches Leben."] Icherde a blisse budel vs bad [blisse budel ist ein Be|griff, "Herold der Freude, Evangelist."] Line 5 þe dreri domes dai to drede, of sunful sauhting sone be sad, þat derne doþ þis derne dede. þah he ben derne done, þis wrakeful werkes vnder wede, [vnder wede, wir haben also an geschlechtliche Ausschreitungen zu denken.] Line 10 in soule soteleþ sone.
Sone is sotel, as ich ou sai, þis sake, al þah hit seme suete; þat itelle a poure play, þat furst is feir, & seþþe vnsete. [Die Cäsur be|fähigt diesen Vers zu einer doppelten Alliteration.] Line 15 þis wilde wille went awai ["Diese Ruchlosen werden dahin fahren." — went: unsre Handschrift zeigt häufig "t" für aus|lautendes "d" nach "n".] wiþ mone & mournyng muchel vnmete; þat liueþ on likyng out of lay, his hap he deþ ful harde on hede aȝeynz he howeþ henne; [aȝeynz, ms. aȝeynȝ. Die Handschrift macht zwischen ȝ und z niemals einen Unterschied, sie kennt für beide Buchstaben nur das eine Zeichen (ȝ).] Line 20

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Line 20 alle is vn þriuene þewes þrete, [vn þriuene, ms. þriuene.] þat þenkeþ nout on þenne. [þat ist zu beziehen auf den gen. "is" der Vorzeile.]
Aȝeynes þenne vs þreteþ þre, ȝef he beþ þryuen & þowen in þeode; vr soule bone so broerh be, [broerh: Dies Wort ist anderweitig nicht nachgewiesen; seine Bedeutung ist jedenfalls verwandt der von "brokill". — bone; ich sehe in diesem Worte das ags. bân, und zwar im pl., vr soule bone, "unser Gebein allein, unser Fleisch" (im bibl. Sinne), vgl. fleish (v. 30), welches Wort in obiger Strophe mit "bone" identisch ist.] Line 25 as berne beþ þat bale for beode; [beþ, ms. best. Vgl. die Bemerkung zu H. 72. — for beode, 3. pl. prs. cj. "welche einmal zufällig ein Uebel verhüten" (wenn dies ge|schieht, so ist es nicht ihrem eigenen Vermögen, sondern einer Fügung des Geschickes zuzuschreiben).] þat wole wihtstonden streynþe of þeo, [þeo ist zu beziehen auf "vr bone".] is rest is reued wiþ þe reode. [wiþ þe reode, "mit dem Schilfrohr", ähnlich wie die des Schilf|rohrs.] Fyht of oþer ne darþ he fleo, [Fyht, ms. Fyth.] þat fleishshes faunyng furst foreode, Line 30 þat falsist is of fyue. [fyue: Dies Wort ist auffällig, da in v. 23 von drei Feinden die Rede war. Wir haben eine Klimax in der Vorstellung des Dichters anzunehmen. Zuerst gedenkt er der drei Haupt|feinde des Menschen, die allein er späterhin namhaft macht (þe fleishshes faunyng, þe wyf, þis worldes won); dann erinnert er sich zweier weiteren Feinde, so dass die Zahl derselben fünf ist; und endlich wird er sich be|wusst, dass der Mensch eine sehr grosse Anzahl von Feinden hat, die ihm das Himmelreich verschliessen wollen (so fele bueþ founden monnes fon v. 47).] ȝef we leueþ eny leode, werryng is worst of wyue.
Wyues wille were ded wo, ȝef he is wicked forte welde; Line 35 þat burst shal bete for hem bo, he shal him burewen, þah he hire belde; [36, 37. "Wer das Uebel für sie beide wieder gut zu machen hat, der soll sich frei machen (das Band lösen), wenn er sie auch in Zorn versetzt."]

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by body ant soule ysugge al so, þat some beoþ founden vnder felde, [vnder felde, "im reichen Faltenkleide", also mancher vornehme, reiche Mann.] þat haþ to fere is meste fo. Line 40 of gomenes he mai gon al gelde, ant sore ben fered on folde, lest he to harmes helde, & happes hente vnholde.
Hom vnholdest her is on ["Im Hause ist der böseste derselben." "on" tritt gern zum Superlativ hinzu, vgl. þe feyrest on "die einzig schönste" W. L. V, 4.] Line 45 wiþ outen helle, ase ich hit holde; so fele bueþ founden monnes fon, þe furst of hem biforen ytolde; [þe furst ist pl., da bereits von zwei Feinden die Rede ge|wesen ist.] þer afterward þis worldes won wiþ muchel vnwynne vs woren wolde; Line 50 sone beþ þis gomenes gon, þat makeþ vs so brag & bolde, Ant biddeþ vs ben blyþe; an ende he casteþ ous fol colde in sunne and serewe syþe. Line 55
In sunne & sorewe y am seint, þat siweþ me so fully sore; my murþe is al wiþ mournyng meind, ne may ich myþen hit namore. when we beþ wiþ þis world forwleynt, Line 60 þat we ne lustneþ lyues lore: þe fend in fyht vs fynt so feynt, we falleþ so flour when hit is frore, for folkes fader al fleme; [folkes fader (i. e. Gott, vgl. v. 71) [is] al fleme, "Gott ist verbannt", man hat sich von ihm losgesagt.] wo him wes ywarpe ȝore, [ywarpe, vgl. "thou art warpid . . . . in wô", Str. Dict. 551.] Line 65 þat crist nul nowyht queme.

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To queme crist we weren ycore, & kend ys craftes forte knowe; leue we nout we buen forlore, in lastes þah we lyggen lowe; [lastes, ms. lustes.] Line 70 we shule aryse vr fader byfore, þah fon vs fallen umbe þrowe. [fallen, vgl. M.P. 141.] to borewen vs alle he wes ybore. þis bounyng when hem bemes blowe, [þis boun|yng, "bei jenem Dahinfahren" (von der Erde am Tage des Gerichts); vgl. "þus seiþ þe Salm þu hast dispicid al bouning (discedentes?) doune fro þer domis"; Mätzner, Wb., 324; ferner "Thus to batelle thai boune", Ebd. — hem, ms. him; vgl. übrigens W. L. VIII, 7.] He byt vs buen of hyse, Line 75 ant on ys ryht hond hente rowe wyþ ryhtwyse men to aryse. [ryhtwyse men, ms. ryht wysemen.]

II. Of a mon matheu þohte.

Dies Lied ergeht sich in der "rime couee" mit ausschliesslich dreifüssigen Kurzzeilen. Durch die Reimbindung der gepaarten Zeilen der ersten Hälfte der Strophe einerseits, der zweiten Hälfte andrer|seits zerfällt dieselbe in zwei gleiche Theile. Analoge Strophenbil|dung zeigen die "V Gaudia" (Rel. Ant. pag. 48). — Die Alliteration ist nicht gleichmässig durchgeführt. — Der Dialekt ist südländisch.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 41.

[folio 70b] Of a mon matheu þohte, [Ev. Math. XX.] Line 1 þo he þe wynȝord wrohte; [wrohte, ms. whrohte.] ant wrot hit on ys boc. In marewe men he sohte, at vnder mo he brohte, Line 5 ant nom, ant non forsoc.

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At mydday ant at non he sende hem þider fol son, to helpen hem wiþ hoc; huere foreward wes to fon Line 10 So þe furmest heuede ydon, ase þe erst vndertoc.
at euesong euen neh, ydel men ȝet he seh lomen habbe an honde; Line 15 to hem he sayde an heh, þat suyþe he wes vndreh; "So ydel forte stonde!" [Es ist hier ein plötzlicher Uebergang aus der indirekten Rede in die direkte anzunehmen, wie er in lebhafter Schilderung wohl vorkommt. Vgl. Hendyng, 219. Morris nimmt dies nicht an; er meint, es sei "to see you" zu ergänzen. Man sieht nur nicht ein, mit welchem Rechte dies hätte ausgelassen werden können.] "So hit wes bistad, þat nomon hem ne bad, Line 20 huere lomes to fonde." anon he was by rad, to werk þat he hem lad, for noht nolde he nout wonde. [for noht, ms. for nyht. Ich übersetze: Aus keinem Grunde (for noht) wollte er davon abstehen.]
huere hure a nyht hue nome, Line 25 he þat furst ant last come, a peny brod & bryht; þis oþer swore alle & some, þat er were come wiþ lome, þat so nes hit nout ryht; Line 30 ant swore somme vnsaht, þat hem wes werk bytaht longe er hit were lyht; for ryht were þat me raht þe mon þat al day wraht Line 35 þe more mede a nyht.

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þenne seiþ he ywis: "why, naþ nout vch mon his? holdeþ nou or pees; A way! thou art vnwis! Line 40 tak al þat þin ys, ant fare ase foreward wees. ȝef y may betere beode to mi latere leode, to leue nam y nout lees; [to leue hat hier passive Bedeutung: I am not to be believed to be false.] Line 45 to alle þat euer hider eode to do to day my neode, Ichulle be wraþþe lees."
þis world me wurcheþ wo, rooles ase þe roo, Line 50 y sike for vnsete; ant mourne ase men doht mo, [doht, ms. doh.] for doute of foule fo, hou y my sunne may bete. þis mon þat matheu ȝef Line 55 a peny þat wes so bref, þis frely folc vnfete: [frely muss an dieser Stelle im Gegensatze zu "freo" eine verächtliche Eigenschaft bezeichnen, also in der Bedeutung "stolz, eingebildet" aufgefasst werden. Oder haben wir an "frele" (fragilis) zu denken?] [vnfete: Hwll. führt in seinem Dict. das Wort "fete" in den Bedeutungen "neat, well-made, good" auf; hier bezieht es sich auf den sittlichen Werth, muss also durch "hässlich, ab|scheulich" übersetzt werden. Siehe das Glossar.] ȝet he ȝyrnden more, ant saide he come wel ȝore, ant gonne is loue for lete. Line 60

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III. Heȝe louerd, þou here my bone.

Unmittelbarkeit des Ausdrucks, Wahrheit und Innigkeit der Em|pfindung zeichnen dies Lied aus. Vgl. die Einleitung zu "Maximion".

Die zwölfzeilige Hauptstrophe ist übereinstimmend mit der Form von W. L. V; die fünfzeilige Folgestrophe kann als Abgesang der Hauptstrophe angesehen werden. Die Sprache dieses Liedes ist die des Südens.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 47.

[folio 72a] Heȝe louerd, þou here my bone, Line 1 þat madest middelert & mone, ant mon of murþes munne; [Das aus v. 2 zu ergänzende "madest" hat hier die Bedeutung "ver|anlassen, lassen"; "und liessest die Menschen der Freuden pflegen".] trusti kyng, ant trewe in trone, þat þou be wiþ me sahte sone, Line 5 asoyle me of sunne. ffol ich wes in folies fayn, In luthere lastes y am layn, þat makeþ myn þryftes þunne; þat semly sawes wes woned to seyn, Line 10 Nou is marred al my meyn, [þat ist auf "my" der folgenden Zeile zu beziehen. Das Relativum be|zieht sich in der Sprache unsrer Handschrift noch sehr oft auf den als Possessivum gebrauchten gen. des pron. pers.] away is al my wunne.
vnwunne haueþ myn wonges wet, þat makeþ me rouþes rede; Ne semy nout þer y am set, Line 15 þer me calleþ me fule flet, [fule, ms. fulle.] ant waynoun! wayteglede.

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whil ich wes in wille & wolde, [in wille & wolde, ms. in wille wolde. Vgl. "willes & woldes", Stratmann, Dict. 546. whil ist hier adv., Gegensatz zu "Nou" (v. 21).] In vch abour among þe bolde yholde wiþ þe heste; Line 20 Nou y may no fynger folde, Lutel loued, ant lasse ytolde, y leued wiþ þe leste. A goute me haþ ygreyþed so, ant oþer eueles monye mo, Line 25 ynot whet bote is beste; þat er wes wilde ase þe ro, [wes ist 1. pers., y (v. 28) ist als Subjekt zu denken. — þat, ms. þar.] nou yswyke, y mei nout so, [yswyke, "y" ist pron.] hit siweþ me so faste.
ffaste y wes on horse heh, Line 30 ant werede worly wede; Nou is faren al my feh, wiþ serewe þat ich hit euer seh, a staf ys nou my stede.
when y se steden styþe in stalle, Line 35 ant y go haltinde in þe halle, myn huerte gynneþ to helde; þat er wes wildest in wiþ walle, nou is vnder fote yfalle, ant mey no fynger felde. [no fynger, ms. to fynger; vgl. v. 21.] Line 40 þer ich wes luef, icham ful loht, ant alle myn godes me at goht, myn gomenes waxeþ gelde; [Vgl. G. L. I, v. 41.] þat feyre founden mi mete & cloht, [mi, ms. me; die Speise und Klei|dung, welche sie bei mir entgegennahmen.] hue wrieþ awey, as hue were wroht, Line 45 such is euel ant elde.

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Euel, ant elde, ant oþer wo foleweþ me so faste, me þunkeþ myn herte brekeþ a tuo; suete god, whi shal hit swo? Line 50 hou mai hit lengore laste?
whil mi lif wes luþer & lees, glotonie mi glemon wes, wiþ me he wonede a while; prude wes my plawe fere, [plawe, ms. plowe.] Line 55 lecherie my lauendere, ["Ich badete mich in Unzucht".] wiþ hem is gabbe & gyle. Coueytise myn keyes bere, [keyes bere ist sb., da "bere" nicht 3. sg. prt. ind. sein kann. Es ist "wes" zu ergänzen aus "were" des folg. Verses.] Niþe ant onde were mi fere, þat bueþ folkes fyle. Line 60 Lyare wes mi latymer, sleuthe & slep mi bedyner, þat wheneþ me vnbe while. [wheneþ, ms. weneþ; vgl. v. 64.]
vmbe while y am to whene, when y shal murþes meten; Line 65 monne mest y am to mene: [monne, gen. pl.] lord, þat hast mi lyf to lene, [mi, ms. me; "der du mein Leben zu Lehen hast", d. h. dem mein Leben übergeben, gewidmet ist.] such lotes lef me leten!
such lyf ich haue lad fol ȝore; merci, louerd! y nul namore, Line 70 bowen ichulle to bete; syker hit siweþ me ful sore; gabbes les & luþere lore [luþere: Das Flexions-e lässt in "lore" ein fem. erkennen.] sunnes bueþ vn sete. godes heste ne huld y noht, Line 75 bote euer aȝeyn is wille ywroht,

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mon lereþ me to lete. such serewe haþ myn sides þurhsoht, pat al y weolewe a way to noht, when y shal murþes mete. Line 80
To mete murþes ich wes wel fous, ant comely mon to calle; [to, ms. ta.] ysugge by oþer ase by ous: alse ys hirmon halt in hous, ["Wie sein Herr im Hause hinkt (an Ansehen verliert), so erhebt sich der Hund in der Halle."] ase heueþ hount in halle. [heueþ, ms. heued.] Line 85
Dredful deþ, why wolt þou dare bryng þis body, þat is so bare, ant yn bale ybounde? Careful mon ycast in care, yfalewe as flour ylet forþfare, [bote, ms. bore.] Line 90 ychabbe myn deþes wounde. murþes helpeþ me no more; help me, lord, er þen ich hore, ant stunt my lyf a stounde! þat ȝokkyn haþ yȝyrned ȝore, Line 95 Nou hit sereweþ him ful sore, ant bringeþ him to grounde.
to grounde hit haueþ him ybroht: whet ys þe beste bote? bote heryen him þat haht vs boht, Line 100 vre lord, þat al þis world haþ wroht, ant fallen him to fote.
Nou icham to deþe ydyht, ydon is al my dede; god vs lene of ys lyht, Line 105 þat we of sontes habben syht, ant heuene to mede!
amen.

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IV. Suete Jesu, king of blysse.

Die Strophe, aus vier einreimigen Kurzzeilen bestehend, findet ihr Vorbild in spätlateinischen Dichtungen.

Der Charakter dieses Liedes ist wesentlich verschieden von dem der übrigen. An Stelle des innigen Empfindens, das sich in kräf|tiger Sprache und drastischen Bildern äussert, finden wir hier die schmelzende Kontemplation der religiösen Lieder des 12. Jahrhun|derts. Es ist daher wahrscheinlich, dass wir die Uebertragung eines älteren lateinischen Liedes vor uns haben, eine Vermuthung, die auch der Eingang jeder Strophe (Suete Jusu = Dulcis Jesu, ein üblicher Ausdruck des lateinischen Kirchenliedes) unterstützt.

Der Dialekt ist südländisch.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 57.

[folio 75a] Suete iesu, king of blysse, [iesu, ms. "ihu" mit durchstrichenem h. Siehe vorn: Abkürzungen.] Line 1 myn huerte loue, min huerte lisse, þou art suete myd ywisse, wo is him þat þe shal misse!
Suete iesu, min huerte lyht, Line 5 þou art day wiþoute nyht; þou ȝeue me streinþe & eke myht, forte louien þe aryht.
Suete iesu, min huerte bote, in myn huerte þou sete a rote Line 10 of þi loue, þat is so swote, ant lene þat hit springe mote.
Suete iesu, myn huerte gleem, bryhtore þen þe sonne beem, ybore þou were in Bedleheem, Line 15 þou make me here þi suete dreem.

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Suete iesu, þi loue is suete, wo is him þat þe shal lete; þarefore we shulden ofte þe grete [we, ms. me.] wiþ salte teres & eȝe wete. [wete, ms. wepe; "und feuchten Augen."] Line 20
Suete iesu, kyng of londe, þou make me for vnderstonde [for, ms. fer; vgl. IX, 14.] þat min herte mote fonde, hou suete bueþ þi loue bonde.
Swete iesu, louerd myn, Line 25 my lyf, myn huerte, al is þin, vndo myn herte, & liht þer yn, and wite me from fendes engyn.
Suete iesu, my soule fode, þin werkes bueþ bo suete & gode, Line 30 þou bohtest me vpon þe rode, for me þou sheddest þi blode.
Suete iesu, me reoweþ sore [wroht, ms. wroþt.] gultes þat y ha wroht ȝore; þare fore y bidde þin mylse & ore; Line 35 merci, lord, y nul na more!
Suete iesu, louerd god, þou me bohtest wiþ þi blod, out of þin huerte orn þe flod, þi moder hit seh, þat þe by stod. Line 40
Suete iesu, bryht & shene, y preye þe, þou here my bene, þourh erndyng of þe heuene quene, þat my bone be nou sene.
Suete iesu, berne best, Line 45 wiþ þe ich hope habbe rest, [þe fehlt in der Handschrift.]

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wheþer y be bi souþ oþer west, [bi fehlt in der Handschrift.] þe help of þe be me nest!
Suete iesu, wel may him be, þat þe may in blisse se! Line 50 after mi soule let aungles te, for me ne gladieþ gome ne gle.
Suete iesu, heuene kyng, feir & best of alle þyng, þou bring me of þis longing, Line 55 to come to þe at myn endyng. [to come, ms. & come.]
Suete iesu, al folkes reed, graunte ous, er we buen ded þe vnderfonge in fourme of bred, ant seþþe to heouene þou vs led! Line 60

V. Iesu crist, heouene kyng.

Dem Dichter dieses Liedes müssen wir auch das Lied No. XII zuerkennen. Beide Lieder beginnen mit einer allgemeineren Strophe als Einleitung und gehen in der zweiten Strophe auf das engere Thema über. In dieser zweiten Strophe ist die Uebereinstimmung eine überraschende. Nicht nur der eigenthümliche Ideengang und die Stimmung ist in beiden Liedern dieselbe, auch im Ausdrucke decken sie sich zum Theil genau. — Nur in der Identität der Ver|fasser kann diese Weise der Uebereinstimmung ihre Erklärung finden.

Das Lied scheint aus dem west-mittelländischen Dialekte in den des Südens übertragen worden zu sein.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 59.

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[folio 75b] Iesu crist, heouene kyng, [Iesu ist an dieser Stelle ausgeschrieben in der Handschrift, an allen anderen Stellen dieses Liedes, wie überhaupt gewöhnlich: "ihu", mit hori|zontalem Strich durch den oberen Theil des h.] Line 1 ȝef vs alle god endyng, þat bone biddeþ þe; [þat ist Nominativ des Relativpronomens, bezüglich auf "vs".] at þe biginnyng of mi song, iesu, y þe preye among, Line 5 In stude aiwher y be; [aiwher, ms. al wher.] ffor þou art kyng of alle, to þe y clepie ant calle, þou haue merci of me!
þis enderday in o morewenyng, Line 10 wiþ dreri herte ant gret mournyng on mi folie y þohte; one þat is so suete a þing, þat ber iesse, þe heuene kyng, merci y besohte. Line 15
iesu, for þi muchele myht þou graunte vs alle heuene lyht, þat vs so duere bohtes; for þi merci, iesu suete, þin hondy werk nult þou lete, Line 20 þat þou wel ȝerne sohtes. [sohtes, ms. sohtest. Die Form "bohtes" zwingt zu der Annahme, dass das Original auch "sohtes" gelesen habe.]
wel ichot, ant soþ hit ys, þat in þis world nys no blys, bote care, serewe, & pyne; þare fore ich rede, we wurchen so, Line 25 þat we mowe come to þe ioye wiþ oute fyne.

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VI. Wynter wakeneþ al my care.

"In dem folgenden Winterlied knüpft die Reflexion so un|mittelbar an die Anschauung, dass das Ganze ein Stimmungsbild wird," ten Brink, Geschichte der Englischen Litteratur, pag. 389. — Dort findet sich auch eine sehr geschickte Uebertragung dieses Liedes in der Form des Originals.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 60; Ritson, Ancient Songs and Ballads, I, pag. 65.

[folio 75b] Wynter wakeneþ al my care, Line 1 nou þis leues waxeþ bare; [leues, Bäume, Sträucher?] ofte y sike & mourne sare, when hit comeþ in my þoht, of þis worldes ioie, hou hit geþ al to noht. Line 5
Nou hit is, & nou hit nys, also hit ner nere ywys; þat moni mon seiþ, soþ hit ys: al goþ bote godes wille, alle we shule deye, þah vs like ylle. [þah, ms. þaþ.] Line 10
al þat gren me greueþ grene, [greueþ, ms. graueþ.] nou hit faleweþ al by dene; iesu, help þat hit be sene, ant shild vs from helle, for y not whider y shal, ne hou longe her duelle. Line 15

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VII. When y se blosmes springe.

Das Lied lässt uns recht deutlich erkennen, wie die weltliche Lyrik die geistliche durchdrungen und sie ihrer Vorzüge theilhaftig gemacht hat. An Stelle der Reflexion gab sie ihr das anschauliche Bild, an Stelle der allgemeinen Vorstellung den individuellen Ge|danken, an Stelle der conventionellen Sprache den unmittelbaren Ausdruck, und als Summe aller dieser Vorzüge die innige Tiefe des Empfindens und Wahrheit der Sprache.

Die Strophe ist eine Verbindung der Form, welche die neuere Metrik als "Gay's stanza" bezeichnet, und der "rime couee". Wahr|scheinlich ist dies Lied in dem Tone eines weltlichen Liedchens ge|dichtet, von dem es die einleitenden Verse vielleicht ziemlich wörtlich beibehielt. Vgl. Einleitung zu W. L. XIV.

Siehe die Einleitung zu No. XI.

ten Brink hat die beiden ersten Strophen auch dieses Liedes in seiner Geschichte der Englischen Litteratur nachgebildet (I, pag. 388).

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 61.

[folio 76a] When y se blosmes springe, Line 1 ant here foules song, a suete louelongynge myn herte þourh out stong: al for a loue newe, Line 5 þat is so suete & trewe, þat gladieþ al mi song; ich wot al myd iwisse, my ioie & eke my blisse on him is al ylong. Line 10
When y mi selue stonde, & wiþ myn eȝen seo þurled fot ant honde wiþ grete nayles þreo —

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blody wes ys heued, [blody wes ys heued. Der Dichter springt plötzlich aus der Konstruktion; ohne sich um das Satzgefüge zu kümmern, entwirft er uns das Bild, welches ihm vorschwebt, in selbständiger Form. Er giebt dadurch der Tiefe und Lebhaftigkeit seines Empfindens Ausdruck.] Line 15 on him nes nout bileued þat wes of peynes freo, — wel wel ohte myn herte for his loue to smerte, ant sike, ant sory beo. Line 20
Iesu, milde & softe, ȝef me streynþe ant myht, Longen sore ant ofte to louye þe aryht; pyne to þolie ant dreȝe Line 25 for þi sone, marye: [þi, ms. þe.] þou art so fre ant bryht; mayden ant moder mylde, for loue of þine childe ernde vs heuene lyht. Line 30
alas, þat y ne couþe [In der Handschrift findet sich dies Gedicht in durchgehenden Zeilen geschrieben; das Ende jedes Verses ist durch einen schräg aufsteigenden Strich bezeichnet. Hinter "couþe" (v. 31) und "lemmon" (v. 33), die nicht durch den Reim gebunden sind, findet sich dieser Strich nicht. Das Me|trum und die Analogie des Strophenbaues verlangen aber, dass wir auch an diesen Stellen das Ende eines Verses annehmen.] turne to him my þoht, ant cheosen him to lemmon; so duere he vs haþ yboht! wiþ woundes deope ant stronge, Line 35 wiþ peynes sore ant longe! of loue ne conne we noht; his blod þat feol to grounde of hise suete wounde, [hise suete wounde ist pl.] of peyne vs haþ yboht. Line 40

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Line 40 Iesu, milde ant suete, y synge þe mi song; ofte y þe grete, [þe, ms. se; vgl. Hendyng, Bmk. zu v. 72.] ant preye þe among; let me sunnes lete, Line 45 ant in þis lyue bete þat ich haue do wrong; at oure lyues ende, when we shule wende, [we, ms. whe.] iesu, vs vnderfong! [vnderfong, ms. vndefong.] Line 50
amen.

VIII. Iesu, suete is þe loue of þe.

Die Stimmung und die poetischen Mittel dieses Liedes stellen dasselbe in nahe Verwandtschaft zu No. IV. Auch in spezielleren Eigenthümlichkeiten stimmen beide Lieder überein, so tritt z. B. hier wie dort die Anrede (hier "Iesu" dort "Suete Iesu") in den Eingang jeder Strophe. Beide Lieder stehen in einem prägnanten Gegensatze zu der vom Volksliede durchhauchten geistlichen Dichtung. In un|serem Liede finden wir das unbestimmte mystische Empfinden und Sehnen der älteren religiösen Lyrik wieder, an dessen Stelle wir in anderen Liedern das klare Bild, das individuelle Empfinden treten sehen. — Die Strophenform unterstützt auch hier die Annahme, dass dieses Lied uns die Uebertragung eines lateinischen Originals vorführt. — Die Sprache lässt fremdartige Elemente nicht erkennen.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 68.

Dulcis iesu memoria.
[folio 77b] Iesu, suete is þe loue of þe, Line 1 no þing so suete may be; al þat may wiþ eȝen se, haueþ no suetnesse aȝeynes þe.

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Iesu, noþing may be suettere, Line 5 ne noht in eorþe blysfulere, noht may be feled lykerusere, þen þou, so suete alumere. [alumere: Das Wort ist ausser unsrer Stelle nicht nachgewiesen. Hwll. (D. pag. 51) vermuthet, es bedeute "bright one"; sollte es nicht bedeuten "Lichtspender" (ags. "leóma", lux, splendor).]
iesu, þi loue wes ous so fre, þat we from heuene brohten þe; Line 10 for loue þou deore bohtest me, for loue þou honge on rode tre. [honge, ms. hong. Das Suffix e fällt freilich phonetisch hier fort, aber graphisch be|hält die Handschrift das Zeichen der 2. sg. prt. ind. starker Verben an andren Stellen, auch wenn es lautlich verstummt, sorgfältig bei, vgl. z. B. v. 21. Nur noch einmal (M. P. 75, "fond") findet sich das entsprechende e unterdrückt.]
iesu, for loue þou þoledest wrong, woundes sore, & pine strong; þine peynes rykene, hit were long, Line 15 ne may hem tellen spel ne song.
iesu, for loue þou dreȝedest wo, blody stremes ronne þe fro, þat þi bodi wes blak ant blo; for oure sunnes hit wes so. Line 20
iesu, for loue þou stehe on rode, for loue þou seȝe þin heorte blode; Loue þou madest oure soule fode; þi loue vs brohte to alle gode.
iesu, mi lemman, þou art so fre Line 25 þat þou deȝedest for loue of me; Whet shal y þare fore ȝelde þe? þar nys noht bote hit loue be.
iesu, my god, iesu, my kyng, þou ne askest me non oþer þing, [askest, ms. askesd.] Line 30 bote trewe loue & eke seruyng, ant loue teres wiþ suete mournyng.

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iesu, my lyf, iesu, my lyht, ich loue þe, ant þat is ryht; do me loue þe wiþ al mi myht, Line 35 ant for þe mournen day & nyht.
iesu, do me so seruen þe, þat euer mi þoht vpon þe be, wiþ þine suete eȝen loke towart me, ant myldeliche myne, y preie, al þat þou se. Line 40
iesu, þi loue be al my þoht, of oþer þing ne recche y noht; y ȝyrne to haue þi wille ywroht, for þou me hauest wel deore yboht.
Iesu, þah ich sunful be, Line 45 wel longe þou hauest yspared me; þe more oh ich to louie þe, þat þou me hauest ben so fre.
. . . . . . . . . . [49, 50. Wright verbindet diese Zeilen mit der vorangehenden Strophe, so dass dieselbe aus 6 Versen besteht. Es verbietet dies aber nicht nur der Strophenbau, sondern auch der Inhalt dieser Verse, welcher zu der Annahme nöthigt, dass in Folge der Flüchtig|keit des Schreibers der Handschrift zwei Zeilen des Originals ausgelassen sind. Nicht unwahrscheinlich ist es, dass das Wort "fre" (v. 48) die Ver|anlassung hierzu gewesen ist, indem auch der zweite Vers der folgenden Strophe den Ausgang "fre" gehabt haben mag.] Line 50 þy bac of þornes, þy nayles þre, þe sharpe spere þat þourh stong þe.
Iesu, of loue soth tocknynge, [Das Wort "Iesu" ist hier und an wenigen anderen Stellen ausgeschrieben, sonst in der Regel "Ihu" oder "ihu" mit einem horizontalen Strich durch den obern Theil des h.] þin armes spredeþ to mankynde, [mankynde, Assonanz statt vollen Reimes.] þin heued doun boweþ to suete cussinge, Line 55 þin side al openeþ to louelongynge. [þin side ist pl.]

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iesu, when ich þenke on þe, ant loke vpon þe rode tre, þi suete body to toren y se, hit makeþ heorte to smerte me. Line 60
iesu, þe quene þat by þe stod, of loue teres heo weop a flod; þin woundes & þin holy blod made hire huerte of dreori mod.
iesu, suete loue þe dude gredyn, Line 65 Loue þe made blod to sueten, for loue þou were sore ybeten, loue þe dude þi lyf to leten.
iesu, fyf woundes ich fynde in þe; þy loue sprenges tacheþ me, Line 70 of blod & water þe stremes be, vs to wosshe from oure fon þre. [wosshe, ms. whosshe. — fon þre, vgl. G. L. I, 23. — so, i. e. louied.]
Iesu, my saule drah þe to, min heorte opene, & wyde vndo, þis hure of loue to drynke so, Line 75 þat fleysshliche lust be al for do.
iesu crist, do me loue þe so, þat wher y be, & what so y do, lyf ne deþ, weole ne wo, Ne do myn huerte þe turne fro. Line 80
marie, suete mayde fre, for iesu crist byseche y þe, þi suete sone do louie me, ant make me worþi þat y so be.
iesu, do me þat for þi name Line 85 me likeþ to dreȝe pyne & shame,

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þat is þy soule note ant frame, ant make myn herte milde & tame
Iesu, al þat is fayr to se, al þat to fleyhs mai likyng be, [Die Schreibart "fleyhs" für "fleysh" kommt mehrfach vor, ich ändere sie daher (ebenso wie "ht" für "th") nicht.] Line 90 al worldes blisse to leten, me graunte, for þe loue of þe. [91, 92. Die Hand|schrift hat an den Stellen, wo diese Verse Kommata zeigen, die von der Hauptlinie nach rechts schräg aufsteigenden Striche, durch welche sie in allen anderen Fällen das Versende bezeichnet.]
Iesu, in þe be al my þoht, of oþer blisse ne recchy noht, when ich of þe mai felen oht, Line 95 þenne is my soule wel ywroht.
iesu, ȝef þou for letest me, what may me like of þat yse? [what may me like: Die Lesart der Handschrift: "what may mi likyng" ist unverständlich.] mai no god blisse wiþ me be, o þat þou come aȝeyn to me. Line 100
Iesu, ȝef þou bist ȝeorne bysoht: when þou comest, ant elles noht, no fleishlich lust, ne wicked þoht in to myn heorte ne be ybroht.
Iesu, mi soule is spoused to þe, Line 105 ofte ych habbe misdon aȝeynes þe; iesu, þi merci is wel fre, iesu, merci! y crie to þe.
iesu, wiþ herte þi loue y craue, hit bihoueþ nede þat ich hit haue; Line 110 þe deu of grace vpon me laue, ant from alle harmes þou me saue.
iesu, from me be al þat þyng, þat me may be to mislikyng;

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al þat is nede þou me bryng; Line 115 to haue þi loue is my ȝyrnyng.
iesu, mi lif, of milde mod, mi soule haþ gret neode of þi god; tak hire treufole ant þolemod, ant ful hire of þi loue blod. Line 120
Iesu, my soule, bidde y þe, eueremore wel vs be; [Es ist wahrscheinlich, dass wir hinter v. 122 wie hinter v. 124 die Auslassung je zweier Zeilen anzunehmen haben, da 1) alle übrigen Strophen nur einen Reim haben, und 2) die Anrede "Iesu" mit wenigen Aus|nahmen (v. 107, 108 u. 167) nur im Eingange der Strophe sich zeigt.] Iesu, al myhtful heuene kyng, þi loue is a wel derne þing.
Iesu, wel mai myn herte se, Line 125 þat milde & meoke he mot be; alle vnþewes & lustes fle, [fle ist cj., "mögen fliehen".] þat felen wole þe blisse of þe.
Iesu, þah ich be vnworþi to loue þe, louerd al mihti, Line 130 þi loue me makeþ to ben hardy, ant don me al in þin merci.
Iesu, þi mildenesse froreþ me, [froreþ, vgl. "froryng", M. P. 162.] for no mon mai so sunful be, ȝef he let sunne, ant to þe fle, Line 135 þat ne fynd socour at þe.
for sunful folk, suete iesus, þou lihtest from þe heȝe hous; pore & loȝe þou were for ous, þin heorte loue þou sendest ous. Line 140
Iesu, forþi byseche y þe, þi suete loue þou graunte me,

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þat ich þare to worþi be; make me worþi, þat art so fre.
Iesu, þou art so god a mon, Line 145 þi loue yȝyrne al so y con; þare fore ne lette me nomon, þah ich for loue be blac ant won.
Iesu, al suete, iesu, al god, þi loue drynkeþ myn heorte blod, Line 150 þi loue me makeþ so swyþe wod, þat y ne drede for no flod.
Iesu, þi loue is suete & strong, mi lif is al on þe ylong! tech me, iesu, þi loue song, Line 155 wiþ suete teres euer among.
Iesu, do me to seruen þe, wher in londe so y be; when ich þe fynde, wel is me, ȝef þou ne woldest awey fle. Line 160
Iesu, ȝef þou be from me go, mi soule is fol of serewe ant wo; whet may isugge bote "wolawo!" when mi lif is me atgo?
Iesu, þin ore! þou rewe of me; Line 165 for whenne shal ich come to þe? Iesu, þi lore biddeþ me, wiþ al myn herte louie þe.
Iesu, mi lif, iesu, my kyng, my soule haueþ to þe ȝyrnyng; Line 170 when þi wille is, to þe hire bryng, þou art suetest of alle þyng.
Iesu, þat deore bohtest me, [bohtest, ms. bostest, wahrscheinlich für "boþtest"; vgl. H. 72.] make me worþi come to þe,

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alle mi sunnes forȝef þou me, Line 175 þat ich wiþ blisse þe mowe se.
Iesu, so feir, iesu, so briht, þat i biseche wiþ al my myht, bring mi soule in to þe lyht, þer is day wiþ oute nyht. Line 180
Iesu, þin help at myn endyng, ["erflehe ich" ist zu ergänzen. Ebenso in v. 165 u. 185.] ant ine þat dredful out wendyng! send mi soule god weryyng, þat y ne drede non eouel þing.
Iesu, þi grace, þat is so fre! Line 185 in siker hope do þou me at scapen peyne ant come to þe, to þe blisse þat ay shal be.
Iesu, iesu, ful wel ben he þat yne þi blisse mowen be, Line 190 ant fulliche habbe þe loue of þe; suete iesu, þou graunte hit me!
Iesu, þi loue haueþ non endyng, þer nis no serewe ne no wepyng, bote ioie & blisse ant lykyng; Line 195 Suete iesu, þare to vs bryng!
Amen.

IX. Stond wel, moder, vnder rode.

Die Anlehnung dieses Liedchens an "Stabat mater" (von Jaco|ponus, † 1306) ist unverkennbar. Durch die Einführung des Dialogs sind die Bilder objektiv anschaulicher geworden. Die naive Sprache ist innig rührend. — Der Dialekt ist rein südländisch. —

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 80.

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[folio 79a] "Stond wel, moder, vnder rode, Line 1 byholt þy sone wiþ glade mode; blyþe, moder, myht þou be!" " 'Sone, hou shulde y blyþe stonde? y se þin fet, y se þin honde Line 5 nayled to þe harde tre.' "
"moder, do wey þy wepinge: y þole deþ for mon kynde, [mon kynde, vgl. die Bmk. zu VIII, 52.] for my gult þole y non." " 'Sone, y fele þe dedestounde, Line 10 þe suert is at myn herte grounde, þat me byhet Symeon.' "
"moder, merci, let me deye, for adam out of helle beye, [for gehört zu dem inf. "beye", vgl. IV, 22.] ant his kun, þat is for lore." Line 15 " 'sone, what shal me to rede? my peyne pyneþ me to dede, Lat me deȝe þe by fore!' "
"moder, þou rewe al of þi bern, þou wosshe awai þe blody tern, Line 20 hit doþ me worse þen my ded." " 'sone, hou may y teres werne? y se þe blody stremes erne from þin herte to my fet.' "
"moder, nou y may þe seye, Line 25 betere is þat ich one deye, þen al monkunde to helle go." " 'Sone, y se þi bodi by swongen, [by swongen, ms. by swngen; vgl. X, 44.] fet & honde þourh out stongen, [honde, Wright liest "honden", indem er die in diesem Falle aller|dings aussergewöhnlich lange Schleife des "d" als Zeichen eines zu ergän|zenden "n" ansieht. Jede der beiden Formen lässt sich durch andre Stel|len der Handschrift belegen; s. das Glossar.] no wonder þah me be wo!' " Line 30

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Line 30
"moder, now y shal þe telle, ȝef y ne deȝe, þou gost to helle, y þole ded for þine sake." " 'sone, þou art so meke & mynde, ne wyt me naht, hit is my kynde, Line 35 þat y for þe þis sorewe make.' "
"moder, nou þou miht wel leren, Whet sorewe haueþ þat children beren, Whet sorewe hit is wiþ childe gon." " 'Sorewe ywis, y con þe telle; Line 40 bote hit be þe pyne of helle, more serewe wot y non.' "
"moder, rew of moder kare, [Der Gedanke ist: Du kennst doch die Schmerzen, welche das Weib bei der Geburt eines Kindes zu erleiden hat. Nun, ich erdulde jetzt diese Pein, denn durch meinen Tod werden die Menschen, meine Kinder, zum ewigen Leben geboren. So erhöhe denn meine Schmerzen nicht durch dein Wehklagen.] for nou þou wost of moder fare, þou þou be clene mayden mon." [þou þou, das erste "þou" ist conj. (= "þah"), daher "ou" Diphthong.] Line 45 " 'Sone, help at alle nede alle þo þat to me grede, maiden, wif, ant fol wymmon.' "
"moder, may y no lengore duelle, þe time is come, y shal to helle, Line 50 þe þridde day y ryse vpon." " 'Sone, ywil wiþ þe founden, y deye ywis for þine wounden, so soreweful ded nes neuer non.' "
when he ros, þo fel hire sorewe, Line 55 hire blisse sprong þe þridde morewe; blyþe, moder, were þou þo!

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Leuedy, for þat ilke blisse bysech þi sone of sunnes lisse, þou be oure sheld aȝeyn oure fo! Line 60
blessed be þou, ful of blysse, Let vs neuer heuene misse, þourh þi suete sones myht! [þourh, ms. sourh; vgl. H., 72. — þi, ms. þich] louerd, for þat ilke blod, þat þou sheddest on þe rod, Line 65 þou bryng vs in to heuene lyht.
Amen.

X. Iesu, for þi muchele miht.

Hinsichtlich der Reimordnung entspricht dieses Lied den Liedern No. VII und XI, doch treffen wir hier in beiden Hälften der Strophe den Wechsel zwischen vierfüssigen und dreifüssigen Versen; auch findet keine Reimbindung dieser beiden Hälften statt.

Das Lied bewegt sich in mystischer Abstraktion und lässt die naive Anschaulichkeit anderer Dichtungen entbehren.

Aus dem Originale desselben, welches im westmittelländischen Dialekte abgefasst war, sind einzelne Formen dieses Dialektes in die Uebertragung eingeflossen.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 83.

[folio 79b] Iesu, for þi muchele miht Line 1 þou ȝef vs of þi grace, þat we mowe dai & nyht þenken o þi face. in myn herte hit doþ me god, Line 5 when y penke on iesu blod, þat ran doun bi ys syde,

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from is herte doun to is fot; for ous he spradde is herte blod, his wondes were so wyde. Line 10
when y þenke on iesu ded, min herte ouer werpes; mi soule is won so is þe led for mi fole werkes. ful wo is þat ilke mon, Line 15 þat iesu ded ne þenkes on, what he soffrede so sore! [what steht absolut, "an das, was er unter solchen Schmerzen erlitt."] for my synnes y wil wete, ant alle y wyle hem for lete nou & euermore. Line 20
mon þat is in ioie & blis, & liþ in shame & synne: he is more þen vnwis, þat þer of nul nout blynne. al þis world hit geþ away, Line 25 me þynkeþ hit neȝyþ domesday, nou man gos to grounde; iesu crist þat þolede ded, he may oure soules to heuene led wiþ inne a lutel stounde. Line 30
þah þou haue al þi wille, þenk on godes wondes; for þat we ne shulde spille, he þolede harde stoundes. al for mon he þolede ded, Line 35 ȝyf he wyle leue on is red, ant leue his folie; we shule haue ioie & blis, more þen we conne seien ywys, in iesu compagnie. Line 40

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Line 40
Iesu þat wes milde & fre, wes wiþ spere ystonge; he was nailed to þe tre, wiþ scourges yswonge: [yswonge, ms. yswongen.] al for mon he þolede shame, Line 45 wiþ outen gult, wiþ outen blame, boþe day & oþer. mon, ful muchel he louede þe, when he wolde make þe fre, ant bicome þi broþer. Line 50

XI. I syke when y singe.

Auch dieses Lied ist wieder von dem frischen Tone und dem innigen Empfinden der weltlichen Lyrik durchhaucht, in deren Sprache und Bildern es sich bewegt. — Die Strophe ist genau überein|stimmend mit der von No. VII. Ausserdem zeigt sich im Hinblick auf das Thema wie in Erwägung der einzelnen Gedanken und Schil|derungen eine solche Uebereinstimmung zwischen beiden Liedern, dass wir nothwendig denselben Dichter für beide annehmen müssen.

Unser Text ist die Umschreibung einer west-mittelländischen Vorlage.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 85.

[folio 80a] I syke when y singe Line 1 for sorewe þat y se, when y wiþ wypinge biholde vpon þe tre, ant se iesu, þe suete, Line 5 is herte blod for lete for þe loue of me; ys woundes waxen wete, þei wepen stille & mete: marie, reweþ þe. Line 10

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Line 10
heȝe vpon a doune, þer al folk hit se may, a mile from þe toune, [þe toune, ms. vch toune.] aboute þe midday, þe rode is vp arered; Line 15 his frendes aren afered, ant clyngeþ so þe clay; þe rode stond in stone, marie stont hire one, ant seiþ "weylaway"! Line 20
when y þe biholde wiþ eyȝen bryhte bo, ant þi bodi colde, — þi ble waxeþ blo, þou hengest al of blode Line 25 so heȝe vpon þe rode bituene þeues tuo: [24—27. Der Dichter verliert sich in der Betrachtung des ihm vorschwebenden Bildes derart, dass er die Satz|konstruktion vergisst und seine Gedanken in selbständiger Form ausspricht; vgl. VII, 15.] who may syke more? marie wepeþ sore, ant siht al þis wo. [siht = siþ; vgl. sist, H. 40.] Line 30
þe naylles beþ to stronge, þe smyþes are to sleye, þou bledest al to longe, þe tre is al to heyȝe; þe stones beoþ al wete, Line 35 alas, iesu, þe suete! for nou frend hast þou non, bote seint Iohan mournynde, [Johan mournynde: Die Handschrift zeigt "John mournynde", und über dem n des Wortes "John" ein Zeichen, welches als "a" oder als "to" gelesen werden kann. hier aber jedenfalls ein a bedeuten soll (die Darstellung des "a" ist der von "to" in der Handschrift in der Regel sehr ähnlich). Die Lesart Wright's "Johan to mournynde" ist auf alle Fälle unrichtig. In der Höllenfahrt, v. 215, ist "Johan" genau ebenso dargestellt.] ant marie wepynde for pyne þat þe ys on. Line 40

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Line 40
ofte when y sike & makie my mon, wel ille þah me like, wonder is hit non; when y se honge heȝe, Line 45 ant bittre pynes dreȝe, Iesu, my lemmon; his wondes sore smerte, þe spere al to is herte ant þourh is sydes gon. [48, 50. smerte und gon sind Infinitive, abhängig von "y se", v. 45.] Line 50
ofte when y syke, wiþ care y am þourhsoht; when y wake, y wyke, of serewe is al mi þoht. alas! men beþ wode, Line 55 þat suereþ by þe rode, & selleþ him for noht, þat bohte vs out of synne! he bring vs to wynne, þat haþ vs duere boht. Line 60

XII. Nou skrinkeþ rose & lylie flour.

Der Dichter führt uns das Bild einer herbstlichen Landschaft vor. Wir sehen ihn selbst, wie er in derselben umherwandelt; wir beobachten, wie sie ihm ihre eigene Stimmung mittheilt und die melancholisch gefärbten Gedanken ihm einhaucht. — Eine entspre|chende Motivirung der Stimmung, welche die Dichtung durchweht, ist auch in einigen anderen Liedern zu finden. Ueber das Verhält|niss

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dieses Liedes zu No. V vgl. die Einleitung zu letzterem. — Mehrere mittelländische Formen weisen auch diesem Liede ein mittelländisches Original zu.

Eine ähnliche Strophenform finden wir in No. X, nur sind dort die beiden Theile der Strophe in umgekehrter Reihenfolge an ein|ander gereiht. — Ohne Zweifel hat der Dichter nicht ohne Absicht die letzte Strophe um einen Vers verkürzt: Wie der Abgesang die Strophe lyrisch abschliesst, so sollte in diesem Falle die letzte Strophe der lyrische Abschluss für die ganze Dichtung sein.

Die Anmuth der Bilder und die Glätte der Sprache machen dieses Lied zu einem der schönsten der Sammlung. Professor ten Brink hat in seiner Geschichte der Englischen Litteratur die beiden ersten Strophen desselben trefflich nachgebildet.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 87.

[folio 80a] Nou skrinkeþ rose & lylie flour, [skrinkeþ, ms. skrnkeþ, wofür Wright und Warton: skrukeþ. Der Vokal des Inlautes ist öfter ausgelassen, vgl. z. B. IX, 28. Vielleicht hat auch der Buchstabe "n" erhöht gesetzt werden sollen, wodurch die Hand|schrift andeutet, dass vorher ein Vokal zu ergänzen ist.] þat whilen ber þat suete sauour, in somer, þat suete tyde; ne is no quene so stark ne stour, ne no leuedy so bryht in bour, Line 5 þat ded ne shal by glyde. whose wol fleyshlust forgon, & heuene blis abyde, on iesu be is þoht anon, þat þerled was ys side. [ys, Kon|traktion aus "yn is".] Line 10
from petres bourh in o morewenyng [omy, Kontraktion aus "on my".] as y me wende omy pleyȝyng, on mi folie y þohte; menen y gon my mournyng to hire þat ber þe heuene kyng, Line 15 of merci hire bysohte:

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Ledy, preye þi sone for ous, þat vs duere bohte, ant shild vs from þe loþe hous [vs fehlt in der Handschrift.] þat to þe fend is wrohte. Line 20
myn herte of dedes wes for dred [of synne ist Attribut zu "dedes", welches seinerseits als Objektsergänzung zu "fed" aufzufassen ist.] of synne þat y haue my fleish fed, ant folewed al my tyme; þat y not whider i shal be led, when y lygge on deþes bed, Line 25 In ioie ore in to pyne. on a ledy myn hope is, moder and virgyne; we shulen in to heuene blis [we, ms. whe.] þurh hire medicine. Line 30
betere is hire medycyn, þen eny mede or eny wyn; hire erbes smulleþ suete; from catenas in to dyuelyn nis þer no leche so fyn, Line 35 oure serewes to bete. mon þat feleþ eni sor, & his folie wol lete, wiþ oute gold oþer eny tresor he mai be sound ant sete. Line 40
of penaunce is hir plastre al, ant euer seruen hire y shal [hir, ms. his.] nou & al my lyue; nou is fre þat er wes þral, al þourh þat leuedy gent & smal; Line 45 heried be hyr ioies fyue! [ioies fyue, vgl. No. XIV.]

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wher so eny sek ys, þider hye blyue; þurh hire beoþ ybroht to blis bo maiden ant wyue. Line 50
for he þat dude is body on tre, of oure sunnes haue piete, þat weldes heouene boures! wymmon wiþ þi iolyfte, [iolyfte, ms. ioliste.] þou þench on godes shoures; Line 55 þah þou be whyt & bryht on ble, [bryht, ms. bryth.] falewen shule þy floures. Iesu, haue merci of vs, þat al þis world honoures.
Amen.

XIII. Blessed be þou, leuedy.

Dieses Lied ist noch in einer zweiten handschriftlichen Ueber|lieferung erhalten, im MS. Egerton 613, nach welcher Hwll. das|selbe in den Rel. Ant. mitgetheilt hat. Aus letzteren ist es dann auch in die Altenglischen Sprachproben übergegangen. — Die Ortho|graphie der Version des MS. Eg. hat ein alterthümlicheres Gepräge als unser Text, so ist z. B. der u-Laut immer durch u, nie durch ou dargestellt. Die Sprache ist dort rein südländisch mit einigen localen resp. graphischen Eigenthümlichkeiten (hovene, nicht), hier südländisch untermischt mit einigen mittelländischen Formen. — Die jüngere Ver|sion hat alles weniger Volksthümliche in Sprachform und Ausdruck abgestreift und volksthümlichere Wendungen an Stelle desselben ge|setzt; zum Theil erscheint daher unsere Version verflacht, wenn man sie mit dem älteren Texte vergleicht. — Die Strophenfolge in beiden ist nicht genau dieselbe. Einzelne Strophen sind überhaupt gar nicht mit einander verwandt. (Siehe den Anhang.)

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Dass die Version des MS. Egerton die ältere ist, kann nicht bezweifelt werden. Es ist aber unwahrscheinlich, dass dieselbe uns das unmittelbare Original für den Text des MS. Harl. zeigt, da die mittelländischen Formen des letzteren unerklärt blieben. Vielleicht ist anzunehmen, dass das Lied von einem mittelländischen Dichter in freier Weise in den mittelländischen Dialekt übertragen wurde, um dasselbe auch dem Mittellande zugänglich zu machen. Der Uebertrager strebte grössere Reinheit des Verses und Volksthüm|lichkeit des Ausdrucks an. Diese Umarbeitung müsste dann später wieder in ein südländisches Gewand gekleidet worden sein. — Der Strophenform sind wir bereits in W. L. XI begegnet.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 93.

[folio 81a] Blessed be þou, leuedy, ful of heouene blisse, Line 1 suete flur of parays, moder of mildenesse, preyȝe iesu, þy sone, þat he me rede & wysse so my wey forte gon, þat he me neuer misse.
of þe, suete leuedy, my song y wile byginne, Line 5 þy deore suete sones loue þou lere me to wynne; ofte y syke & serewe among, may y neuer blynne, leuedi, for þi milde mod, þou shilde me from synne.
myne þohtes, leuedy, makeþ me ful wan, to þe y crie & calle, þou here me for þi man; [MS. Egerton; thu i-her me for than! — for þi man würde be|deuten: deines Geliebten (d. h. deines geliebten Sohnes) wegen.] Line 10 help me, heuene quene, for þyn euer ycham, wisse me to þi deore sone, þe weies y ne can.
Leuedy, seinte marie, for þi milde mod soffre neuer þat y be so wilde ne so wod þat ich her forleose þe, þat art so god, Line 15 þat iesu me to bohte wiþ is suete blod. [þat ist Korrelat zu "so", v. 15.]
bryhte & shene sterre cler, lyht þou me & lere, In þis false fykel world my selue so to bere,

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þat y ner at myn endyng haue þe feond to fere; Iesu, mid þi suete blod þou bohtest me so dere! Line 20
Leuedi, seinte marie, so fair & so briht, al myn hope is on þe bi day & by nyht; [hope, ms. help; MS. Egerton: Al min hope is uppon the.] Leuedi fre, þou shilde me so wel as þou myht, þat y neuer forleose heueriche lyht.
Leuedy, seinte marie, so fayr & so hende, Line 25 preye iesu crist, þi sone, þat he me grace sende, so to queme him & þe, er ich henne wende, þat he me bringe to þe blis þat is wiþ outen ende.
ofte y crie "merci"! of mylse þou art welle; alle buen false þat bueþ mad boþe of fleysh & felle; Line 30 Leuedi, suete, þou vs shild from þe pine of helle, bring vs to þe ioie þat no tonge may of telle. [þat no tonge may of telle, ms. þat no tonge hit may of telle.]
Iesu crist, godes sone, fader & holy gost, help vs at oure nede, as þou hit al wel wost; bring vs to þin riche þer is ioie most, Line 35 Let vs neuer hit misse for non worldes bost!

XIV. Ase y me rod þis ender day.

Ein einsamer Spazierritt versetzt den Dichter in eine kontem|plative Stimmung, und in dieser singt er das Lob der Jungfrau. Auf entsprechende Weise wurde in No. V und in No. XII ein Marien|hymnus eingeleitet. Da auch wörtliche Anklänge nicht fehlen (z. B. þis ender day), so liegt der Gedanke nahe, dass wir von dem Dichter dieses Liedes bereits zwei Dichtungen, die eben erwähnten, kennen. — Die fünf Freuden der Maria waren übrigens für die geist|lichen Dichter des Mittelalters ein beliebtes Thema, vgl. z. B. V Gaudia, Rel. Ant. I, 48.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 94.

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[folio 81b] Ase y me rod þis ender day Line 1 by grene wode to seche play, mid herte y þohte al on a may, Suetest of alle þinge; Lyþe, & ich ou telle may Line 5 al of þat suete þinge.
þis maiden is suete ant fre of blod, briht & feyr, of milde mod; alle heo mai don vs god þurh hire bysechynge; Line 10 of hire he tok fleysh & blod, iesu crist, heuene kynge. [iesu crist, ms. ihc mit Querstrich durch h.]
wiþ al mi lif y loue þat may, he is mi solas nyht & day, my ioie, & eke my beste play, Line 15 ant eke my louelongynge; al þe betere me is þat day þat ich of hire synge.
of alle þinge y loue hire mest, my dayes blis, my nyhtes rest, Line 20 heo counseileþ & helpeþ best boþe elde & ȝynge; nou y may ȝef y wole þe fif ioyes mynge.
þe furst ioie of þat wynman, Line 25 when gabriel from heuene cam, ant seide god shulde bicome man, ant of hire be bore, & bringe vp of helle pyn monkyn þat wes forlore. Line 30

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Line 30
þat oþer ioie of þat may wes o cristesmasse day, when god wes bore, on þorwe lay, [þorwe (= þrowe, þroȝe, mit Metathese des r), ms. þore.] ant brohte vs lyhtnesse; þestri wes seie by fore day, [þe|stri? Wir sollten das Gegentheil erwarten. Siehe Ev. Lucae II, v. 9.] Line 35 þis hirdes bereþ wytnesse.
þe þridde ioie of þat leuedy, þat men clepeþ þe epyphany, when þe kynges come wery, [wery, nämlich von der weiten Reise.] to presente hyre sone Line 40 wiþ myrre, gold, & encenz, þat wes mon bicome.
þe furþe ioie we telle mawen on estermorewe, when hit gon dawen: [when, ms. wen.] hyre sone, þat wes slawen, Line 45 aros in fleysh & bon; more ioie ne mai me hauen, wyf ne mayden non.
þe fifte ioie of þat wymman, when hire body to heuene cam, Line 50 þe soule to þe body nam, ase hit wes woned to bene. crist, leue vs alle wiþ þat wymman þat ioie al forte sene. [sene ist dat. des decl. inf. (gerund.); ebenso bene, v. 52.]
preye we alle to oure leuedy, Line 55 ant to þe sontes þat woneþ hire by, þat heo of vs hauen merci, ant þat we ne misse In þis world to ben holy, ant wynne heuene blysse. Line 60
amen!

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XV. Maiden moder milde.

Die fahrenden Kleriker, von denen viele in Paris ebensowohl zu Hause waren wie in Oxford, verbanden nicht selten englische und französische oder auch englische und lateinische Verse in der|selben Dichtung (siehe ten Brink, Geschichte der Englischen Litte|ratur I, 380; Rel. Ant. I, 89). — Die dreifüssige Kurzzeile mit Kreuzreim wurde auch von französischen Dichtern gepflegt. In dieser ist z. B. die Romanze des Chapelain de Loon geschrieben; auch die Liederstrophe des Blondel de Neele und des Guiot de Provins zeigt im wesentlichen dieses Metrum.

Die Sprache lässt eine ausserordentliche Gewandtheit des Dich|ters erkennen, zumal auch der Stabreim in den englischen Versen Anwendung gefunden hat.

Wahrscheinlich ist das westliche Mittelland auch die Heimath dieses Liedes.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 97.

[folio 83a] Maiden moder milde, [Maiden moder, "jungfräuliche Mutter".] Line 1 oiez cel oreysoun; from shame þou me shilde, e de ly malfeloun. for loue of þine childe Line 5 me menez de tresoun; Ich wes wod & wilde, ore su en prisoun.
þou art feyr & fre e plein de doucour; Line 10 of þe sprong þe ble, ly souerein creatour;

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mayde, byseche y þe vostre seint socour, [vostre, ms. vre mit horizontalem Striche über allen drei Buch|staben.] meoke & mylde be with me Line 15 per la sue amour.
þo Judas iesum founde, donque ly beysa; he wes bete & bounde, qe nus tous fourma. Line 20 Wyde were is wounde, qe le gyw ly dona; he þolede harde stounde, me poi le greua.
on ston ase þou stode, Line 25 pucele, tot pensaunt, þou restest þe vnder rode, ton fitz veites pendant; þou seȝe is sides of blode, lalme de ly partaunt; Line 30 he ferede vch an fode en mound que fust viuaunt.
ys siden were sore, le sang de ly cora; þat lond wes forlore, Line 35 mes il le rechata. vch bern þat wes ybore en enfern descenda; he þolede deþ þer fore, en ciel puis mounta. Line 40
þo pilat herde þe tydynge, molt fu ioyous baroun; he lette byfore him brynge iesu nazaroun.

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he was ycrouned kynge [per, ms. p mit erhöhtem r-Zeichen, wofür Wright "pur". Vgl. v. 16.] Line 45 per nostre redempcioun; [nostre, ms. nre mit Horizontalstrich.] whose wol mo synge, [mo, ms. me.] auera grant pardoun.

XVI. God, þat al þis myhtes may.

Die sprachlichen Formen dieses Liedes tragen ein rein südlän|disches Gepräge. Die Beobachtung der Orthographie zeigt uns eine grössere Gleichmässigkeit in der Darstellung der einzelnen Laute; auch ist leicht zu erkennen, dass die schwankenden Flexionen hier mehr festgehalten sind. — Der Schreiber der Handschrift hatte ohne Zweifel ein Original im südländischen Dialekte vor sich, vielleicht aus der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Da er keine Veranlassung hatte, die Einheit und Sicherheit der Orthographie durch die Schwan|kungen seiner eigenen Feder zu ersetzen, so kopirte er seine Vor|lage im wesentlichen wortgetreu.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 99.

[folio 106a] God, þat al þis myhtes may, Line 1 in heuene & erþe þy wille ys oo, ichabbe be losed mony a day, er ant late y be þy foo; ich wes to wyte & wiste my lay; Line 5 longe habbe holde me þer fro; [Das Subjekt ist aus der Vorzeile zu ergänzen.] vol of merci þou art ay, al vngreyþe icham to þe to go.

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To go to him þat haþ ous boht, my gode deden bueþ fol smalle; Line 10 of þe werkes þat ich ha wroht þe beste is bittrore þen þe galle. my god ich wiste, y nolde hit noht, in folie me wes luef to falle; when y my self haue þourh soht, Line 15 y knowe me for þe worst of alle. [worst, ms. wrst. Die Handschrift lässt den Vokal in diesem Worte oft ausfallen, ohne darauf hinzudeuten, dass er zu ergänzen ist.]
God, þat deȝedest on þe rod, al þis world to forþren & sylle: for ous þou sheddest þi suete blod, þat y ha don, me lykeþ ylle; Line 20 bote er aȝeyn þe stiþ ystod, er & late, loude ant stille, of myne deden fynde y non god; lord, of me þou do þy wylle.
In herte ne myhte y neuer bowe, Line 25 ne to my kunde louerd drawe; my meste vo ys my loues trowe, [Der Gedanke ist: Mein grösster Feind ist das Vertrauen in das mir ge|spendete Lob (dies machte mich stolz und hielt mich von Gott fern). — Auch in G. L. I ist "fo" benannt alles das, was in der Welt geeignet ist, dem Menschen den Himmel zu verschliessen (vgl. v. 25).] crist ne stod me neuer hawe. Ich holde me vilore þen a gyw, & y my self wolde bue knawe! [knawe, ms. knowe; "und (vordem) wollte ich selbst (d. h. derselbe, der sich jetzt für den verächtlichsten Menschen hält) bekannt, berühmt sein!"] Line 30 Lord, merci, rewe me now! reyse vp þat ys falle lawe! [lawe, ms. lowe: Einer der Reime ist in der Originaldichtung jedenfalls rein durch|geführt gewesen. Der Kopist sah sich genöthigt, in v. 30 u. 32 die Ortho|graphie zu modernisiren, da man "knawe" und "lawe" nicht mehr hörte. Dieser Umstand beweist übrigens, dass das Original bedeutend früher ent|stand, als unsre Kopie.]

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God, þat al þis world shal hede, þy gode myht þou hast in wolde; on erþe þou come for oure nede, Line 35 for ous sunful were boht & solde; when we bueþ dempned after vr dede [dede ist pl., vgl. v. 10 u. 21.] a domesday, when ryhtes bueþ tolde, when we shule suen þy wounde blede, to speke þenne we bueþ vnbolde. [we, ms. we mit einem Zeichen hinter e, welches "er" und "or" bedeuten kann. Dasselbe wird hier irrthümlich stehen.] Line 40
vnbold icham to bidde þe bote, swyþe vnreken ys my rees; þy wey ne welk y ner afote, [þy wey, ms. þy wille. Man darf wohl "wille" für eine gedankenlose Flüchtigkeit ansehen; "deinen Weg gehe ich nicht einen Fuss".] to wickede werkes y me chees; fals y wes in crop ant rote, Line 45 when y seyde þy lore wes lees; Iesu crist, þou be mi bote, so boun icham to make my pees.
al vnreken ys my ro, louerd crist, whet shal y say? Line 50 Of myne deden fynde y non fro, ne noþyng þat y þenke may. [vnworþ, ms. vnwrþ; ähnlich: wrst, v. 16. — Eine Bèsonderheit dieses Liedes ist die wörtliche Uebereinstim|mung des Eingangs- und Schlussverses.] vnworþ icham to come þe to, y serue þe nouþer nyht ne day; In þy merci y me do, Line 55 god, þat al þis myhtes may.

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XVII. Lustneþ alle a lutel þrowe.

Die Einleitung ist offenbar dem Eingange eines Spielmanns|liedes entnommen. Auch Ausdruck, Bilder, Antithesen, alles erinnert an das volksthümliche Lied des Spielmanns. Der Dichter war ein Mann aus dem Volke, kein Gelehrter; man beachte v. 3.

Was über die Orthographie des vorigen Liedes bemerkt ist, gilt auch für dieses (suen, buere, huerte, duere, vntuen, hue, huem, þuef, luef; lang "u" immer "ou"; "ê" immer "ee", wenn die Länge nicht durch auslautendes e markirt ist u. s. w.). — Die west-mittelländi|schen Formen des Originals, welches der Schreiber der Handschrift kopirte, sind bis auf eine, die des Reimes wegen beibehalten werden musste (v. 17), sorgfältig durch die entsprechenden Formen des südländischen Dialektes von ihm ersetzt.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 101.

[folio 106a] Lustneþ alle a lutel þrowe, Line 1 ȝe þat wolleþ ou selue yknowe, vnwys þah y be: Ichulle telle ou ase ycon, hou holy wryt spokeþ of mon; Line 5 herkneþ nou to me.
þe holy mon sayþ in is bok, þat mon is worm & wormes kok, ant wormes he shal vede; when is lif is hym by reued, Line 10 In is rug & in ys heued he shal foule wormes brede.
þe fleyhs shal rotie from þe bon, þe senewes vntuen eueruchon, þe body shal to fye; Line 15 ȝe þat wolleþ þat soþe ysuen, vnder grases, þer hue buen, byholdeþ whet þer lye. [whet, ms. wet.]

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mon is mad of feble fom, Ne haþ he no syker hom Line 20 To stunte alle wey stille; ys ryhte stude is elles wher; Jesu, bring vs alle þer, ȝef hit be þy wille!
þe fleysh stont aȝeyn þe gost; Line 25 when þou shalt deȝe, ner þou nost, Nouþer day ne nyht: On stede ne sitte þou ner so heȝe, ȝet alast þou shalt deȝe; greyþ þe whil þou myht. Line 30
In false wonyng is monnes lyf, when deþ draweþ is sharpe knyf; do þe sone to shryue; ffor ȝef þou const loke ariht, Nast þou noþyng bote fyht Line 35 Whil þou art a lyue.
Nou þou hast wrong, & nou ryht, Nou þou art heuy, & nou lyht, þou lepest ase a roo; Nou þou art sekest, & nou holest, Line 40 Nou þou art rychest, & nou porest, Nis þis muche woo?
þy fleysh ne swykeþ nyht ne day, hit wol han eyse whil hit may, ant þe soule sayþ: "nay, Line 45 ȝef ich þe buere to muche meþ, þou wolt me bringe to helle deþ, ant wo þat lesteþ ay."
þus hit geþ bituene hem tuo, þat on saiþ "let", þat oþer seyþ "do", Line 50 ne conne hue nout lynne;

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wel we mowe alle yse, þe soule shulde maister be, þe pris forte wynne.
Ne be þe nout þi fleysh vncouþ, [þe, ms. þou.] Line 55 Loke whet comeþ out of þy mouþ, [whet, ms. wet.] ant elles wher wyþ oute; ȝef þou nymest wel god keep, Ne fyndest þou non so fyl dungheep, ant þou loke aboute. Line 60
Nou þou hast in þat foul hous a þyng þat is ful precious, fful duere hit ys aboht; Icholde þe ful wilde & wod, ȝef þou lesest so muche god, Line 65 ant ȝeuest hit for noht.
mon, be war & eke wis, ȝef þou fallest, sone arys, ne ly þou none stounde; wiþ al þi myhte þou do þis, Line 70 þy soule sihþ; & soþ hit ys, [sihþ, ms. sit. Die Form "sit" könnte nur zu "sitten" gehören, während doch wohl an das Verhum "sighen", seufzen, seufzend bitten, zu denken ist. Vgl. Mar. 105.] blysse ichaue yfounde.
mon, þou hauest wicked fon, [Vgl. G. L. I.] þe alre worst is þat on, [þat on: der eine Feind ist gemeint, von dem schon die Rede gewesen ist, nämlich "þy fleysh". Bei der Aufzählung wird dann "þyn oune fleysh" (v. 76) als erster Feind noch einmal genannt] here nomes y shal telle; Line 75 þyn oune fleysh þy worst is fend; [þy worst is fend, ms. þy worldes fend; die Emendation wird durch die Konstruktion des folgenden Verses gerechtfertigt.] þat best shulde be þy frend, þat most doþ þe to quelle.

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þou cloþest him in feir shroud, [feir, ms. few.] ant makest þy fomon fat & proud; Line 80 ȝef y durste seyn: þou dest þy selue muche wrong, þou makest him bo fat & strong, to fyhte þe aȝeyn.
do my counsail & my reed, Line 85 wiþdrah hym ofte of is breed, ant ȝef him water drynke; Ne let hym noþing ydel go, bote pyne do hym & wo, ant ofte let hym swynke. Line 90
Coueytise of mony þyng þe world þe bringeþ in fleish lykyng, [in fleish lykyng ist attributive Bestim|mung zu "þe world".] ant ȝeueþ þe more & more; ffals he is, & feyr he semeþ, alrebest when he þe quemeþ, [alrebest, ms. arlebest.] Line 95 he byndeþ þe fol sore.
þenne shal he go to noht: Nast þou noþing hyder ybroht, Ne nout shalt buere wyþ þe; þou shalt al one go þy wey, Line 100 wiþ oute stede & palefrey, wiþ oute gold & fee.
Lucifer, þat foule wyht, þat wes him selue so feyr & bryht, þurh prude fel to helle; Line 105 wiþ foule wille & foul þoht he fondeþ bringe þe to noht, ant þe forte quelle.

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þench þat he þe nes nout god, he wolde haue þyn huerte blod, Line 110 war þe for his hokes; Do nou ase ichaue þe seyd, ant alle þre shule ben aleyd wiþ huere foule crokes. [111, 114. hokes — crokes, Wright ebenfalls: hokes — crokes. Die Handschrift hat den unteren Strich des k zu einer Schleife erweitert; vgl. H. 107. Wright löst diese Schleife bald in "es", bald in "e" auf, oder er lässt sie ganz unberücksichtigt, wie z. B. in "þenk", v. 152 unsres Liedes. Siehe Gramm. pag. 90: "Das auslautende e".]
ȝef þou seist my spel ys hard, Line 115 þat þou ne miht þis foreward [miht, ms. mist (wahr|scheinlich ist "miþt" beabsichtigt gewesen, vgl. H., 72).] holde ne dreȝe: [dreȝe: "dass du diese Bedingung nicht ertragen kannst", d. h. dass sie dir zu schwer ist.] a lutel þyng y aske þe, sey me soþ, par charite, þer of, þat þou ne leȝe. [leȝe, ms. lye.] Line 120
wher beþ hue þat byforen vs were, [þat fehlt in der Handschrift.] Lordes, ledyes, þat hauekes bere, haden feld & wode? þe ryche ledies in huere bour, þat wereden gold on huere tressour, Line 125 wiþ huere bryhte rode?
hue eten & dronken & maden huem glad, huere lyf al wiþ ioie ylad, me knelede huem byfore; hue beren huem so swyþe heȝe, Line 130 ant in a twynglyng of an eȝe so hue weren forlore. [weren, ms. buen. Da "beren" prt. ist, so müssen wir nothwendig auch hier das prt. erwarten.]

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wher bueþ hue, þy wedes longe? þis muchele murþe, ioie, & songe? þis hauekes, & þis houndes? Line 135 al þat weole is wend away, ant al is turnd to "weylaway!" to monye harde stoundes.
huere parais hue maden here, ant nou hue liggeþ in helle yfere, Line 140 þat fur huem berneþ euer; stronge ypyne & stronge in wo, [ypyne, kontrahirt aus "yn pyne".] longe is ay & longe ys o, out ne comeþ hue neuer.
ȝef þe feond, þe foule þyng, Line 145 þourh wycked werk oþer eggyng adoun haþ þe ycast: vp, & be god champioun, stond, & fal no more adoun for a lutel blast. Line 150
Tac þe rode to þy staf, ant þenke on him þat for þe ȝaf his lyf, þat was so luef; he hit ȝef, þou þonke hym; [he, ms. het.] aȝeyn þy fo such staf þou nym, ant wrek þe on þat þuef.

XVIII. Lutel wot hit anymon.

Ueber das Verhältniss dieses Liedes zu W. L. XIV, das in der Handschrift unmittelbar folgt, siehe die Einleitung zu letzterem.

Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 111.

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[folio 128a] Lutel wot hit anymon, Line 1 hou loue hym haueþ ybounde, þat for vs oþe rode ron, [oþe, kontrahirt aus "on þe".] ant bohte vs wiþ is wounde. þe loue of hym vs haueþ ymaked sounde, [2—5. Das Wort "loue" ist in diesen drei Zeilen in drei verschiede|nen Bedeutungen gebraucht: es bezeichnet 1) die anziehende, fesselnde Kraft der Liebe, 2) die Liebeswirkung, speziell das Blut, welches sie fliessen liess, und 3) den Träger der Liebe.] Line 5 ant ycast þe grimly gost to grounde. Euer & oo, nyht & day, he haueþ vs in is þohte, He nul nout leose þat he so deore bohte.
he bohte vs wiþ is holy blod, what shulde he don vs more? Line 10 he is so meoke, milde, & good, he nagulte nout þer fore; [nagulte, ms. na gulte.] þat we han y don, yrede we reowen sore, ant crien euer to iesu: "crist, þyn ore!" [vgl. G. L. VIII, 165, 181, 185.] Euer & oo, niht & day &c. Line 15
he seh his fader so wonder wroht wiþ mon þat wes yfalle, wiþ herte sor he seide is oht, we shulde abuggen alle; [we, ms. whe.] his suete sone to hym gon clepe & calle, Line 20 & preiede he moste deye for vs alle. Euer & oo, &c.
he brohte vs alle from þe deþ, & dude vs frendes dede; [dede ist pl.] suete iesu of nazareth, [nazareth: Die Handschrift hat für die Buchstaben ȝ und z nur ein Zeichen (ȝ).] Line 25 þou do vs heuene mede;

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vpon þe rode why nulle we taken hede? His grene wounde so grimly conne blede. Euer & oo, &c.
His deope wounden bledeþ fast, Line 30 of hem we ohte munne! He haþ ous out of helle ycast, ybroht vs out of sunne; ffor loue of vs his wonges waxeþ þunne, His herte blod he ȝef for al mon kunne. Euer & oo, &c.
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