Dass die Version des MS. Egerton die ältere ist, kann nicht bezweifelt werden. Es ist aber unwahrscheinlich, dass dieselbe uns das unmittelbare Original für den Text des MS. Harl. zeigt, da die mittelländischen Formen des letzteren unerklärt blieben. Vielleicht ist anzunehmen, dass das Lied von einem mittelländischen Dichter in freier Weise in den mittelländischen Dialekt übertragen wurde, um dasselbe auch dem Mittellande zugänglich zu machen. Der Uebertrager strebte grössere Reinheit des Verses und Volksthüm|lichkeit des Ausdrucks an. Diese Umarbeitung müsste dann später wieder in ein südländisches Gewand gekleidet worden sein. — Der Strophenform sind wir bereits in W. L. XI begegnet.
Th. Wright, Spec. of L. P. pag. 93.
[folio 81a] Blessed be þou, leuedy, ful of heouene blisse,
Line 1
suete flur of parays, moder of mildenesse,
preyȝe iesu, þy sone, þat he me rede & wysse
so my wey forte gon, þat he me neuer misse.
of þe, suete leuedy, my song y wile byginne,
Line 5
þy deore suete sones loue þou lere me to wynne;
ofte y syke & serewe among, may y neuer blynne,
leuedi, for þi milde mod, þou shilde me from synne.
myne þohtes, leuedy, makeþ me ful wan,
to þe y crie & calle, þou here me for þi man; [MS. Egerton; thu i-her me for than! — for þi man würde be|deuten: deines Geliebten (d. h. deines geliebten Sohnes) wegen.]
Line 10
help me, heuene quene, for þyn euer ycham,
wisse me to þi deore sone, þe weies y ne can.
Leuedy, seinte marie, for þi milde mod
soffre neuer þat y be so wilde ne so wod
þat ich her forleose þe, þat art so god,
Line 15
þat iesu me to bohte wiþ is suete blod. [þat ist Korrelat zu "so", v. 15.]
bryhte & shene sterre cler, lyht þou me & lere,
In þis false fykel world my selue so to bere,