Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.

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Title
Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.
Author
Boeddeker, Karl, ed. 1846-
Publication
Berlin,: Weidmann,
1878.
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Subject terms
English language -- Grammar
English poetry
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"Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253." In the digital collection Corpus of Middle English Prose and Verse. https://name.umdl.umich.edu/AFY7793.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 5, 2024.

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POLITISCHE LIEDER.

I. Spottgesang auf Richard von Cornwallis.

Heinrich III., 1216-1272, hatte während der ganzen Dauer seiner Regierung einen schweren Stand den Baronen gegenüber, welche nicht nur ihre eigenen Privilegien, sondern auch die Sache des unter den drückendsten Steuerlasten seufzenden Volkes mit dem Ernst der Waffen vertraten. An der Spitze der antidynastischen Partei stand Simon von Monfort, Graf von Leicester, der Schwager des Königs — & þe kinges soster þe contesse | Sir Simondes wif was. Rob. of Gloucester. — Er war der Sohn des Grafen von Monfort-Amaury, des Siegers bei Muret im Albigenserkriege, 1213. Auf der Seite des Königs standen, wenigstens zur Zeit der Schlacht bei Lewes, die Königin, die Brüder des Königs, unter welchen auch Richard von Cornwallis, der im Jahre 1258 mit Hülfe ungeheurer Bestechungen zum Könige von Deutschland gewählt worden war, der Prinz Eduard, nachmals Eduard I., und endlich ein Theil der Barone.

Auf Betreiben der Königin und der Brüder des Königs waren viele Franzosen an den englischen Hof gezogen und in einträgliche und einflussreiche Aemter eingesetzt worden; auch die Garnisonen in einigen festen Plätzen, wie in dem stark befestigten Schloss Windsor, bestanden aus Franzosen.

& þoru þe quene. was so muche frenss folc ibrouȝt. þat of englisse men. me tolde as riȝt nouȝt.

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& þe king hom let hor wille. þat ech was as king. & nome poueremenne god. & paiede no þing. To eni of þis breþeren. ȝuf þer pleined eni wiȝt. Hii sede ȝuf we doþ ou wrong. wo ssal ou do riȝt. As wo seiþ: we beþ kinges. ur wille we mowe do. & manie englisse alas. hulde mid hom al so. — R. of G.

Dieser Umstand wird von R. of G. für die Quelle alles Unheils gehalten, welches zur Zeit Heinrichs III. England traf. Auf Grund einer Beschwerde der Barone wegen dieser Missstände kam im Jahre 1258 der Vertrag (purueance) von Oxford zu Stande. Die Aus|weisung der Franzosen für alle Zeiten, das Versprechen "to graunti gode lawes", die Bestätigung der "olde chartre" (magna charta) waren die Hauptpunkte dieses Vertrages, welcher unter dem herge|brachten kirchlichen Ceremoniell von allen Anwesenden auf's feier|lichste beschworen wurde. Unter diesen befand sich auch Richard von Cornwallis, und das ist der Grund, weshalb er in unsrem Gedichte als Verräther (trichard) gebrandmarkt wird. Das Haupt der Barone war schon zu dieser Zeit Simon von Monfort. — Der Prinz Eduard, welcher nach Abschluss der Oxforder Stipulationen mit seinem Begleiter "Sir Warin of Bassingbourne" in Frankreich umherreiste, ritterlichen Uebungen obliegend, stand nach R. of G. anfangs fest auf dem Standpunkte, den der von ihm unterzeichnete Vertrag ihm vorschrieb. Man darf vielleicht aus der Wahl seines Begleiters, der zur damaligen Zeit noch der Partei der Barone an|gehörte, schliessen, dass er den Bestrebungen dieser Partei nicht abgeneigt war. Den fortgesetzten Bemühungen der Königin, seiner Mutter, gelang es endlich, ihn für die Nichtigkeitserklärung des Oxforder Vertrages umzustimmen. Unser Lied, welches allen Geifer auf Richard von Cornwallis wirft, schreibt dessen Einfluss den Um|schwung in der Gesinnung der Prinzen zu (v. 50 u. 51). — Auch in anderer Beziehung ist es gegen Richard nicht ganz gerecht. So hatte dieser nicht die Summe von 30,000 £. gefordert, sie war ihm vielmehr von den Baronen angeboten worden, damit er den Frieden zwischen ihnen und dem Könige auf einer billigen Grundlage vermittle. — So rüsteten denn nun zu gleicher Zeit der König, Prinz Eduard und Richard von Cornwallis gegen die Barone. Die persönliche Tüchtigkeit des Prinzen veranlasste mehrere Barone, unter diesen

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auch Sir Warin of Bassingbourne, in das königliche Lager über|zutreten, als bereits die Feindseligkeiten begonnen hatten.

Nach dem Wechselgeschick eines wüthenden Bürgerkrieges kam es endlich am 14. Mai 1264 zur Schlacht bei Lewes, in welcher die Partei des Königs eine gänzliche Niederlage erlitt. Der Prinz Eduard verrichtete Wunder der Tapferkeit und fand selbst bei seinen Gegnern, zu denen auch R. of G. gehört, Anerkennung. Der König von Deutschland floh in eine Windmühle, wurde daselbst bis zum Abend belagert — hierauf hat v. 22 Bezug — und musste sich dann ergeben. Prinz Eduard entwich mit seiner Begleitschaft in die Stadt Lewes und wurde dort gefangen genommen. Beide wurden zunächst in Schloss Walingford, welches Richard von Cornwallis gehörte (vergl. v. 10.), in Gewahrsam gehalten; nach einem ver|eitelten Versuche zu ihrer Befreiung, welchen die Königin veranlasst hatte, brachte man nach R. of G. beide, und mit ihnen Heinrich, den Sohn Richards, der grössern Sicherheit wegen im Schlosse Keningeswurþ (in Warwick) unter. — Was die in v. 9 ange|deutete Sittenlosigkeit des deutschen Königs betrifft, so wissen andere Zeitberichte von der Unsittlichkeit zu reden, welche das ganze königliche Lager beherrscht habe. —

Die letzte Strophe veranlasst zu dem Schlusse, dass man, wenigstens im Volke, an eine Landesverweisung Eduards gedacht hat.

Percy weist auf einen Umstand hin, aus dem sich das Datum der Abfassung annähernd bestimmen lässt. Der Graf von Warin und Sir Hugh Bigot waren nach der Schlacht bei Lewes nach Frankreich entflohen, v. 27 u. 28. Nach v. 40 befinden sich die|selben noch im Auslande. Sie kehrten aber im Jahre 1265 schon nach England zurück; vor ihrer Rückkehr muss das Gedicht bereits entstanden sein. — Eine fernere Angabe der Gedichts, die für die Bestimmung der Zeit seiner Entstehung einen Anhalt bietet, hat auch Percy übersehen: Der Graf von Warin und Sir Hugh Bigot sollen nach v. 41 den zwölfmonatlichen Schoss zahlen; sie sollen büssen für das, was sie seit zwölf Monaten gefrevelt haben, natürlich gegen die Sache der Patrioten. Ihr Uebertritt in das Lager des Königs fand spätestens im Winter von 1263 auf 1264 statt, das Gedicht entstand also spätestens im Winter 1264 auf 1265. —

Der Verfasser dieses Liedes war kein Gelehrter, sondern ein

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Spielmann aus dem Volke; Sprache, Vers, Strophenbau und Behand|lung des Stoffes weisen darauf hin: Der Dichter sucht in Wort und Bild den Ton des gemeinen Mannes zu treffen. — Der Vers ist eine unkünstlerische Version des epischen Verses, den wir reiner und kunstgerechter in den folgenden Liedern antressen. Der Dichter, der für die Menge des Volkes dichtete, war zufrieden, wenn sein Vers sich leidlich der vielleicht bekannten Sangweise anschmiegte, in der er es vortrug und in der das Volk es ihm nachsingen sollte. — Die Strophe ist vierzeilig einreimig, wie in mehreren der nachfolgenden Lieder, und schliesst auf einen Refrain. Der Charakter des letzteren ist rein lyrisch. — Während der Kleriker mit würdiger Ruhe und sittlichem Ernste seinen Stoff behandelt, giebt der Spielmann durch derben Witz und lachenden Hohn seinem Gesange ein drastisches, volksthümliches Gepräge.

Der Dialekt des Liedes ist der des Südens. Vgl. die Bemer|kung über den Dialekt des folgenden Liedes (P. L. II.).

Bisherige Redaktionen dieses Liedes: Percy, Reliques of Ancient English Poetry, vol. II. pag. 1 (Tauchnitz Edition); Ritson, Ancient Songs, vol. I., pag. 12; Th. Wright, Political Songs of England, pag. 69; Mätzner, Altengl. Sprachproben, Theil I., pag. 152.

[folio 58b] Sitteþ alle stille & herkneþ to me: Line 1 þe kyng of alemaigne, bi mi leaute, [kyng, ms. kyn. — mi, ms. me.] þritti þousent pound askede he fforte make þe pees in þe countre, ant so he dude more. Line 5 Richard, þah þou be euer trichard, tricchen shalt þou neuer more.
Richard of alemaigne, whil þat he wes kyng, He spende al is tresour opon swyuyng; Haueþ he nout of walingford o ferlyng: [o ferlyng, Ritson: "ofer|lyng", erklärt als: "superior, paramount, opposed to underling". In Bezug auf orthographische Abweichungen von Ritson, Percy, Wright oder Mätzner sei hier für alle Fälle darauf hingewiesen, dass die Lesart der Handschrift möglichst genau hat wiedergegeben werden sollen.] Line 10

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Line 10 let him habbe, ase he brew, bale to dryng, maugre wyndesore. Richard, þah þou be euer trichard, tricchen shalt þou neuer more.
þe kyng of alemaigne wende do ful wel, Line 15 he saisede þe mulne for a castel; ["he" ist hier, wie auch in 17 und 18, als Plural aufzufassen und auf die Truppen des "kyng of alemaigne" zu beziehen; der Ausdruck "hare sharpe swerdes" zwingt zu dieser Annahme.] wiþ hare sharpe swerdes he grounde þe stel, he wende þat þe sayles were mangonel to helpe windesore. Richard, &c. Line 20
þe kyng of alemaigne gederede ys host, makede him a castel of a mulne post, wende wiþ is prude ant is muchele bost, brohte from alemayne mony sori gost to store wyndesore. Line 25 Richard, &c.
By god, þat is abouen ous, he dude muche synne, þat lette passen ouer see þe erl of warynne: he haþ robbed engelond, þe mores, ant þ fenne, þe gold, ant þe seluer, and yboren henne, Line 30 for Loue of wyndesore. Richard, &c.
Sire simond de mountfort haþ suore bi ys chyn, heuede he nou here þe erl of waryn, shulde he neuer more come to is yn, Line 35 ne wiþ sheld, ne wiþ spere, ne wiþ oþer gyn, to help of wyndesore. Richard, &c.
Sire simond de montfort haþ suore bi ys top, [top, W. liest "cop", R. "top", setzt hierfür aber des Reimes wegen "fot" ein. Wir nehmen an, dass dem Dichter an dieser Stelle die Assonanz genügt habe, zumal wohl niemals jemand bei seinem Fusse geschworen hat.] Heuede he nou here Sire hue de bigot, Line 40

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Line 40 al he shulde quite here tuelfmoneþ scot, shulde he neuer more wiþ his fot pot to helpe wyndesore. Richard, &c.
Be þe luef, be þe loht, sire edward, Line 45 þou shalt ride sporeles o þy lyard al þe ryhte way to douere ward: shalt þou neuer more breke foreward, Ant þat reweþ sore. Edward, þou dudest asc a shreward, [asc, W. R. und M. lesen "ase", obige Lesart ist unzweifelhaft die der Handschrift.] Line 50 forsake þyn emes lore. [forsake, ms. forsoke. Die von M. hier eingeführte Imperativ|form erhält durch das "asc" der Vorzeile eine noch höhere Berechtigung.] [50, 51. Die letzte Strophe hat doppelten Refrain.] Richard, &c.

II. Klage des Landmanns.

Ueber die Höhe der Abgaben an die Krone musste mit den|jenigen Ständen, welche nicht im "Great Conncil" vertreten waren, durch königliche Emissäre jährlich einzeln unterhandelt werden. Mit den freien Landständen eines Shires (knights of the shire, yeomen, freeholders) fand diese Verhandlung unter der denkwürdigen alten Eiche statt, unter der schon das "witenâ gemôt" der Angelsachsen getagt hatte; dorthin berief der Sheriff die freien Grundbesitzer. Da die bewilligten Gelder häufig die Ausgaben der Krone nicht deckten, so sah sich diese genöthigt, immer wieder zu den "free aids" ihre Zuflucht zu nehmen. Das Eintreiben dieser "freien Aus|hülfen"

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war für die Beamten der Schatzkammer eine mühsame Arbeit.

Eine besondere Bitterkeit riefen die "free aids" in den Jahren hervor, welche dem Feldzuge Eduards I. in Flandern, 1297, voran|gingen. Der König bedurfte für die Vorbereitungen zu demselben bedeutender Geldmittel. Von der Geistlichkeit verlangte die Krone die Hälste des jährlichen Einkommens, und da sie sich widersetzte, wurde der ganze Stand für geächtet erklärt. Mit derselben Härte verfuhr man auch gegen die Landstände. Die Höhe der königlichen Forderung wurde mitgetheilt, und jeder, der eine Weigerung ver|nehmen liess, wurde des Schutzes der Gesetze beraubt. Auch Kon|tributionen an Korn und Vieh wurden in grossem Massstabe ein|getrieben. Die königlichen Gerichtshöfe wurden geschlossen, und so konnte gegen die Ungerechtigkeiten und Erpressungen der Beamten auch der Rechtsweg nicht betreten werden. — In diese Zeit werden wir die Entstehung des nachfolgenden Liedes zu versetzen haben.

Die Sprache, in der sich dieses Lied bewegt, unterscheidet sich vortheilhaft von der des vorigen Liedes durch würdigere Ruhe und Gemessenheit. Hat der Verfasser somit die Schranken des Wohl|anstandes nirgends überschritten, so hat er gleichwohl der ernsten sittlichen Entrüstung über die herrschenden Zustände, der tiefen Bitterkeit, die seine Seele erfüllt, kräftig redende Worte geliehen. Er war augenscheinlich des guten Tones wie des treffenden Wortes gleich mächtig. —

Der epische Vers hat in dem folgenden Liede durch die Bei|behaltung der Alliteration ein ursprünglicheres und zugleich kunst|gemässeres Gepräge, als in dem vorangehenden. Dass der Vers sich hier und da auf die vier alliterirenden Hebungen beschränkt, kann nicht Wunder nehmen; er enthielt die Anregung hierzu in sich selbst (vgl. Einl. zu P. L. VIII). — Auch dieser viermal ge|hobene Vers lässt übrigens die Unregelmässigkeiten erkennen, die wir sonst an ihm wahrnehmen.

Die Dichtung zeigt einen künstlerischen Aufbau. Die längere, achtversige Strophe bildet jedesmal den Aufgesang für die folgende kürzere Strophe, die als der Abgesang für die erstere zu betrachten ist. Auch an einem Bindegliede fehlt es nicht: der Schlussvers des Aufgesanges ist mit dem ersten Verse des Abgesanges durch den

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Stabreim verknüpft. Während die längere Strophe die Schilderung weiterführt, greift der Abgesang auf die Gedanken derselben resumirend zurück. Der ganze Groll eines zorn- und gramerfüllten Herzens bricht hier mit Macht hervor, weshalb auch der Ton in der Regel im Abgesange ein lebhafterer ist.

Dass der Verfasser des Liedes nicht selbst ein Landmann ist, erhellt aus den einleitenden Versen der Dichtung. Ohne Zweifel gehört er zu der Klasse der fahrenden Scholaren. Lied eines Spiel|manns kann diese Dichtung schon deshalb nicht sein, weil ihre Form eine zu künstlerische, zu wenig einfache ist. Ausserdem sind die Spielmannslieder immer mehr oder weniger lyrisch angehaucht.

Der Dialekt ist südländisch. In "ar" (= their) finden wir eine Form des lautlich dem Dialekte der übrigen Landschaften im Süden der Themse nahe verwandten kentischen Idioms. Diese Form zeigt sich nur in zwei Liedern, dem nachstehenden und dem voran|gehenden (hare). Vielleicht dürfen wir annehmen, dass die Heimath dieser Lieder die Landschaft Kent berührte. Sussex, der Schauplatz des Hauptereignisses des vorigen Liedes, grenzt an Kent.

In den Pol. Songs von Th. Wright sindet sich das Lied auf pag. 149.

[folio 64a] Ich herde men vpo mold make muche mon, Line 1 hou he beþ itened of here tilyynge: "gode ȝeres & corn boþe beþ agon, ne kepeþ here no sawe ne no song synge. [kepeþ, "we" ist zu ergänzen. Das pronominale Subjekt wird häufig ausgelassen.] Nou we mote worche, nis þer non oþer won, Line 5 mai ich no lengore lyue wiþ mi lesinge. ȝet þer is a bitterore bit to þe bon, [bit, ms. bid.] for euer þe furþe peni mot to þe kynge.
þus we carpeþ for þe kyng, & carieþ ful colde, [carieþ ful colde, vgl. v. 61.] & weneþ forte keuere, & euer buþ acast. Line 10 whose haþ eny god, hopeþ he nout to holde, bote euer þe leuest we leoseþ alast.

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Luþer is to leosen þer ase lutel ys, & haueþ monie hynen þat hopieþ þer to. [haueþ, nämlich "we".] þe hayward heteþ vs harm to habben of his, Line 15 þe bailif bockneþ vs bale, & weneþ wel do, þe wodeward waiteþ vs, who þat lokeþ vnder rys: [who þat, "quiscunque", gewöhn|lich "whose"; ms. wo þat.] ne mai vs ryse no rest, rycheis, ne ro. þus me pileþ þe pore, þat is of lute pris: nede in swot & in swynk swynde mot swo." [mot, "we" ist zu ergänzen.] Line 20
Nede he mot swynde, þah he hade swore, [Vor naþ ist "he" zu ergänzen. an, ms. en. Da die Handschrift sonst nur die Formen "a" und "an" für den unbestimmten Artikel kennt (allerdings "eny, eni" neben "any, ani"), so ist das "a" auch hier eingeführt worden.] þat naþ nout an hod his hed forte hude. þus wil walkeþ in lond, & lawe is forlore, & al haþ piked of þe pore þe prikyares prude. [haþ, ms. is. Die Lesart der Handschrift ist unverständlich.]
þus me pileþ þe pore & pykeþ ful clene; Line 25 þe ryche men raymeþ wiþ outen eny ryht, [men, ms. me. Die verkürzte Form "me" hat an allen anderen Stellen die pronominale Bedeutung des deutschen "man", weshalb wir hier die volle Form wieder hergestellt haben.] Ar londes & ar leodes liggeþ fol lene, þorh biddyng of baylyfs such harm hem haþ hiht. [biddyng, ms. bddyng.] Men of religioun, me halt hem ful hene, [Men, ms. Mem, wofür W. setzt "Meni".] baroun & bonde, þe clerc & þe knyht. Line 30 þus wil walkeþ in lond, & wondred ys wene, falsshipe fatteþ & marreþ wyþ myht.
Stont stille y þe stude & halt hem ful sturne, [hem, ms. him.] þat makeþ beggares go wiþ bordon & bagges. þus we beþ honted from hale to hurne; Line 35 þat er werede robes, nou wereþ ragges.
ȝet comeþ budeles wiþ ful muche bost: "greyþe me seluer to þe grene wax;

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þou art writen y my writ, þat þou wel wost." mo þen ten siþen told y my tax: Line 40 þenne mot ich habbe hennen arost, feyr on fysh day launprey & lax. [ms. fyhsh.] forþ to þe chepyn, geyneþ no chost, [no, ms. ne.] þah ysulle mi bil & my borstax. [ysulle. Unsere Handschrift verbindet nicht nur die Präfixe (y, a etc.) in der Regel mit dem Wort|körper, sondern auch häufig das Personalpronomen "y, ich".]
Ich mot legge my wed wel ȝef y wolle, Line 45 oþer sulle mi corn on gras þat is grene, ȝet ishal be foul cherl, þah he han þe fulle, þat ich alle ȝer spare, þenne ymot spene.
Nede ymot spene þat y spared ȝore, aȝeyn þis cachereles comeþ þus ymot care; Line 50 comeþ þe maister budel, brust ase a bore, seiþ he wole mi bugging bringe ful bare. Mede ymot munten, a mark oþer more, þah ich at þe set dey sulle mi mare. þus þe grene wax vs greueþ vndergore, Line 55 þat me vs honteþ ase hound deþ þe hare.
He vs honteþ ase hound hare doht on hulle; [doht, ms. doh.] seþþe y tok to þe lond such tene me wes taht. [tok, ms. tek. Da diese Präteritalform an allen anderen Stellen ein "o" zeigt, so dürfte das "e" hier als eine Flüchtigkeit anzu|sehen sein.] nabbeþ ner budeles biden ar fulle, [biden ar fulle. Die Lesart der Handschrift "boded ar fulle" (W. liest "boded ar sulle". versteht dies aber nicht) giebt keinen vernünftigen Sinn. Die Emendation würde bedeuten: "die Büttel haben niemals ihr volles Mass abgewartet", sie haben nie gewartet, bis ihr Mass voll war, die Gerechtigkeit hat sie nie erreicht. "biden" in der Bedeutung "etwas abwarten, etwas erleben" ist nicht ungewöhnlich.] for he may scape, & we aren euer caht. Line 60
þus y kippe & cacche cares ful colde, seþþe y counte & cot hade to kepe. to seche seluer to þe kyng y mi seed solde,

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forþi mi lond leye liþ, & leorneþ to slepe. seþþe he mi feire feh fatte y my folde, Line 65 when y þenk o mi weole, wel neh y wepe; þus bredeþ monie beggares bolde, & vre ruȝe ys roted & ruls er we repe.
Ruls ys oure ruȝe, & roted in þe stre, for wickede wederes by brok & by brynke. Line 70 þus wakeneþ in þe world wondred & wee. ase god is swynden anon, as so forte swynke.

III. Luxus der Weiber.

In der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hatte sich die Sitte ausserordentlich luxuriöser Kleidung in England eingebürgert. Nicht nur die höheren Stände zeichneten sich durch Verschwendung in dieser Richtung aus, auch bei den Bürgern und selbst in den nie|deren Ständen des Volkes hatte die Unsitte der Zeit Eingang gefun|den. Die Geistlichkeit schleuderte die heftigsten Invectiven gegen diese phantastischen Ausschweifungen. Vgl. Hallam, State of so|ciety in Europe during the middle-ages.

Vers und Strophe erinnern an das erste Lied, nur dass beide bedeutend kunstgemässere Anlage und sorgfältigere Ausführung zei|gen. — Der Stabreim muss nicht nothwendig in beiden Vershälften derselbe sein, er kann bisweilen ganz fehlen (wie im vorangehenden Liede).

Eine tiefe sittliche Entrüstung ist die Grundstimmung dieses Liedes. Selbst einzelne anstössig derbe Ausdrücke und Bilder kön|nen uns nicht abhalten, dem Liede einen Kleriker zum Verfasser zu geben: Ein Spielmann aus dem Volke kann die Eingangsstrophe nicht gedichtet haben; er würde einen durchgehend humoristischen Ton angeschlagen haben. — Auch die Gewandtheit der Sprache, die Klangfülle und die grössere Regelmässigkeit in der Ausführung

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des Verses und der Strophe weisen auf den geschulten Mann, den Kleriker, hin. —

Der Dialekt ist südländisch.

In den Pol. Songs von Th. Wright ist das Lied auf pag. 153 zu finden.

[folio 61b] Lord þat lenest vs lyf, ant lokest vch an lede: Line 1 fforte cocke wiþ knyf nast þou none nede; boþe wepmon & wyf sore mowe drede, Lest þou be sturne wiþ strif for bone þat þou bede In wunne, Line 5 þat monkunne shulde shilde hem from sunne.
Nou haþ prude þe pris in euervche plawe, by mony wymmon vnwis ysugge mi sawe. for ȝef a ledy lyue is leid after lawe, [ledy ist Genitivform: "denn wenn eine "ledy" sich standesgemäss (after lawe) kleidet, so . . . . .] Line 10 Vch a strumpet þat þer is such drahtes wol drawe. [wol, ms. wl.] In prude Vch a screwe wol hire shrude, þah he nabbe nout a smok hire foule ers to hude.
ffurmest in boure were boses ybroht; Line 15 Leuedis to honoure ichot he were wroht. vch gigelot wol loure, bote he hem habbe soht; such shrewe fol soure ant duere hit haþ aboht. In helle wiþ deueles he shulle duelle, Line 20 for þe clogges þat cleueþ by here chelle.
Nou ne lackeþ hem no lyn boses in to beren, [ne, ms. me; "Nun fehlt es ihnen nicht an Leinwand, um "boses" darin zu tragen." Das Verbum "beren" in dieser Bedeutung kann nicht auffallen, es bedeutete im Altengl. im weitesten Sinne "an sich tragen, an sich haben".] He sitteþ ase a slat swyn þat hongeþ is eren. [Der Sinn ist: die Sitten der Vornehmen müssen sie nachmachen, und dabei ist nicht einmal ihre äussere Kleidung vom Kothe gereinigt. — Die Ver|gleichung eines sitzenden Frauenzimmers mit einem "slat swyn", kann sich nur auf die Stellung des letzteren beziehen, in welcher es sich auf die Vorderfüsse stützt. Aus diesem Vergleiche ist zu schliessen, dass ein "bose" einem modernen "cul de Paris" ähnlich gewesen sein muss, nur dass es (nach v. 22) aus einem Polster in Leinwandüberzug bestand. — Mit den hängenden Ohren des Schweines sind die schweren Ohrgehänge verglichen, auf welche auch v. 21 anspielt. Doch müssen nach v. 29 auch Schmuck|gehänge in Mode gewesen sein, welche an der Kopfbedeckung befestigt waren und neben dem Auge herabhingen.]

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such a ioustynde gyn vch wrecche wol weren, al hit comeþ in declyn þis gigelotes geren. [al hit fasst den Inhalt von "þis gigelotes geren" kollektiv zusammen.] Line 25 Vpo lofte þe deuel may sitte softe, & holden his halymotes ofte. [halymotes, siehe Glossar, von W. durch "sabbaths" übersetzt.]
ȝef þer lyþ a loket by er ouþer eȝe, þat mot wiþ forse be fet for lac of oþer leȝe. [wiþ forse be fet, MS. wiþ worse be wet. Die Lesart der Handschrift ist nicht verständ|lich; die Konjektur würde bedeuten: das muss durchaus angeschafft werden.] Line 30 þe bout & þe barbet wyþ frountel shule feȝe; [feȝe: Als Objekt ist "hem" zu ergänzen.] Habbe he a fauce filet, he halt hire hed heȝe, to shewe þat heo be kud & knewe for strompet in rybaudes rewe. Line 35

IV. Klage über das Verfahren der geistlichen Gerichtshöfe.

In dem Zeitraume von 1221-1226 hatten sich die Franziska|ner und Dominikaner in England niedergelassen. Die Inhaber der geistlichen Stellen und die Mönche der reichen Klöster erfüllte ihr Kommen mit grossem Aerger, während sie ihrerseits diese als Schlemmer mit Verachtung straften. Sie wollten das unter dem Formenwesen des damaligen Gottesdienstes erstarrte kirchliche Inter|esse neu beleben und ihre Wirksamkeit nach Kräften auf alle socia|len

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Schäden des Volkes ausdehnen. Auf den Strassen und Markt|plätzen reichten sie dem Volke die geistliche Speise dar. Ihr Vor|trag war volksthümlich und anregend, nicht selten mit kräftigen Witzen gesalzen. Um mitten unter dem Volke zu sein und um so eingreifender nach allen Richtungen hin wirken zu können, liessen sie sich in den clendesten Stadtvierteln nieder. Nicht nur die He|bung der sittlichen Zustände lag ihnen am Herzen, auch den Be|drückungen und Ungerechtigkeiten, unter denen der gemeine Mann zu seufzen hatte, wirkten sie kräftig entgegen. — Wenn sie keine Bedenken trugen, auch gegen die übrige Geistlichkeit als Wider|sacher aufzutreten, so erklärt sich das aus dem Obigen hinreichend. Eine auf zuverlässige Quellen gestützte Schilderung dieser Zustände findet sich bei J. R. Green, A short history of the English people. — Wenn wir beobachten, dass seit der Mitte des 13. Jahrhunderts der fahrende Kleriker nicht mehr, wie früher, ausschliesslich der Erotik und den religiösen Empfindungen seine Lieder widmet, dass er von jetzt ab auch in den Dienst der nationalen Interessen tritt, wie das Volk sie auffasste, dass er den nationalen Errungenschaften den patriotischen Gefühlen, den socialen Leiden in volksthümlich derbem Tone poetischen Ausdruck giebt, so dürfte diese Erschei|nung mit der neuen Lebensregung, welche auf religiösem, politi|schem und socialem Gebiete durch die Thätigkeit der Bettelmönche hervorgerufen worden war, in innigster Beziehung stehen.

Die Strophe des nachfolgenden Liedes, in welchem wieder ein fahrender Kleriker seiner Entrüstung über einen Schaden der Zeit Luft macht, ist kunstvoll aufgebaut. Der zwölfzeilige Aufgesang ist vierfach regelmässig gegliedert und durch die Reimverknüpfung der kurzen Schlusszeilen der einzelnen Glieder zu einem fest ge|schlossenen Ganzen gestaltet. Der Abgesang, der in Folge der Reim|verbindung der umschliessenden Verse 1, 2 und 6 ebenfalls zu einem Ganzen abgerundet erscheint, ist durch den Stabreim mit seinem Aufgesange verknüpft. Die Langzeile führt uns wieder den bekann|ten epischen Vers vor, die Kurzzeile entspricht der Hälfte desselben, der Schlussvers enthält nur zwei Hebungen. — Der Versbau ist im ganzen regelmässig, die Alliteration sorgfältig. Einzelne Unregel|mässigkeiten sind in den episch-lyrischen Liedern der Kleriker nie vermieden. — Die Schilderung ist lebhaft und anschaulich, die

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Sprache lässt den des Wortes und des Verses kundigen geschulten Dichter erkennen, der den Ton des Volkes geschickt zu treffen weiss. Die Stimmung des Liedes entspricht der, welche die beiden voran|gehenden Lieder durchwehte.

Neben den Formen des südländischen Dialektes, welche die Regel bilden, zeigen sich auch mittelländische Formen (z. B. sayen) und nordhumbrische (biledes u. s. w.); ferner ist die Abwesenheit von Verbalformen mit dem Präfixe y (i) auffällig. Vielleicht haben wir die Heimath dieses Liedes an der Grenze des nordhumbrischen und ostmittelländischen Dialektes zu suchen. Die Handschrift würde uns die Uebertragung des Originals in den südlichen Dialekt vorführen.

Wright, Pol. Songs, pag. 155.

[folio 70b] Ne mai no lewed lued libben in londe, Line 1 be he neuer in hyrt so hauer of honde, So lerede vs biledes. ȝef ich on molde mote wiþ a mai, y shal falle hem byfore & lurnen huere lay, Line 5 ant rewen alle huere redes. ah bote y be þe furme day on folde hem byfore, [on folde, ms. "on felde"; vgl. G. L. I, 42. Einen mehr befriedi|genden Sinn würde geben "on fote".] ne shaly nout so skere scapen of huere store; so grimly he on me gredes, þat y ne mot me lede þer wiþ mi lawe; Line 10 on alle maner oþes [þat] heo me wulleþ awe, [þat wird zu elidiren sein.] heore boc ase on bredes. heo wendeþ bokes on brad, [12, 13. on bredes; on brad, ms. vn bredes; vn brad.] ant makeþ men a moneþ a mad; [a mad, a ist Präfix.] of scaþe y wol me skere, Line 15 ant fleo from my fere; ne rohte hem whet yt were, [whet yt were, "wie sich die Sache verhielt."] boten heo hit had. [had = hat (hateþ)? "Wenn sie es nur befiehlt" (dass man sie mit mir ehelich verbinden solle)? vgl. v. 71.]

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ffurst þer sit an old cherl in a blake hure, of alle þat þer sitteþ semeþ best syre, Line 20 ant leyþ ys leg o lonke. an hemed in an herygoud wiþ honginde sleuen, [an hemed (besser "an hamed"), ms. an heme.] & mo þen fourti him by fore, my bales to breuen, In sunnes ȝef y sonke. [sonke, ms. songe.] heo pynkes wiþ heore penne on heore parchemyn, [pynkes, ms. þynkes.] Line 25 ant sayen, y am breued and ybroht yn. of al my weole wlonke! [Da die Worte "of al my weole wlonke" sich weder mit dem vorangehenden, noch mit dem nach|folgenden Satze verbinden lassen, so werden sie als etwas Selbständiges, als klagender Ausruf aufzufassen sein, in welchem "of" Adverbium sein würde: "Hin (ist) all mein herrlicher Besitz.] alle heo bueþ redy myn rouþes to rede; þer ymot for menske munte sum mede, ant þonkfulliche hem þonke. Line 30 shal y þonke hem þer er y go? [þer er y go", "ehe ich dorthin gehe"; "Soll ich ihnen schon vor der Verhandlung durch ein Geschenk meinen Dank aussprechen?"] ȝe, þe maister ant ys men bo. ȝef y am wreint in heore write, þenne am y bacbite, for moni mon heo makeþ wyte Line 35 of wymmene wo.
ȝet þer sitteþ somenours syexe oþer seuene, mys motinde men alle by here euene, ant recheþ forþ heore rolle. hyrdmen hem hatieþ, ant vch mones hyne, Line 40 for eueruch a parosshe heo pelteþ in pyne, [pelteþ, ms. pelkeþ.] ant clattreþ wiþ heore colle. [clattreþ, ms. clastreþ.] [In "colle" wird man den dat. sg. von "cal" zu sehen haben, welches Wort hier graphisch in Einklang gebracht worden ist mit seinen Reimwörtern "rolle" und "nolle". Vgl. "That none of ye clatter ne calle", Mätzner, Wb. 420.] Nou wol vch fol clerc þat is fayly, Wende to þe bysshop ant bugge bayly;

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nys no wyt in is nolle! Line 45 come to countene court, couren in a cope, ant suggen he haþ priuilegie proud of þe pope, swart ant al to swolle. ["swart" und "to swolle" (stolz, aufgebläht?) sind beide als Attribute zum Subjekte "he" zu betrachten, vgl. v. 70.] aren heo to swolle for swore? ["Sind sie meineidig, indem sie so aufgebläht sind?" d. h. haben sie die Machtvoll|kommenheit, welche sie sich beilegen, vielleicht vom Papste gar nicht er|halten?] ȝe, þe hatred of helle beo heore! Line 50 forþer heo beodeþ of boke to sugge ase y folht toke; [to sugge ase y folht toke, d. h. das Glaubensbekenntniss aufzusagen, welches ja bei der Taufe recitirt wird. Der Dichter will hier|mit bezeichnen, dass sie ihr ungerechtes, auf Erpressung abzielendes Ver|fahren in die gravitätische Form einer ernsten, religiösen Handlung ein|kleiden.] heo shulen in helle on an hoke honge þere fore.
þer stont vp a ȝeolumon, ȝeȝeþ wiþ aȝerde, [ȝeȝeþ wiþ aȝerde, "schreit mit einer Gerte in der Hand"; unter der Gerte hat man sich das Zeichen der Amtsgewalt vorzustellen.] Line 55 ant hat out an heh, þat al þe hyrt herde, ant cleopeþ "Magge" ant "malle"; ant heo comeþ bymodered ase a morhen, ant scrynkeþ for shome, & shomeþ for men, vncomely vnder calle. Line 60 heo biginneþ to shryke, & scremeþ anon, ant saiþ: "by my gabbyng, ne shal hit so gon, ant þat beo on ou alle, [ant þat beo on ou alle, "und das sei auf euch alle herabgespro|chen", das merkt euch alle.] þat þou shalt me wedde & welde to wyf." [welde. Da dieses Verbum nicht nur "regieren, beherrschen", sondern auch "besitzen" bedeutet, so ist die An|nahme eines Irrthums (welde für wele) nicht absolut geboten.] ah me were leuere wiþ lawe leose my lyf, Line 65 þen so to fote hem falle. shal y to fote falle for mi fo? ȝe, monie byswykeþ heo swo.

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of þralles y am þer þrat, þat sitteþ swart & for swat; Line 70 þer y mot hente me an hat [an, ms. en. — hat, vgl. v. 18.] er ich hom go.
Such chaffare y chepe at þe chapitre, þat makeþ moni þryue mon vn ponkfol to be, [vn þenkfol, ms. vn þen|fol.] wiþ þonkes ful þunne: Line 75 ant seþþe y go coure at constory, ant falle to fote vch afayly, henne is þis worldes wynne, [henne, ms. heore.] seþþen y pleide at bisshopes plee. ah me were leuere be sonken y þe see, Line 80 In sor wiþ outen synne! at chirche ant þourh cheping ase dogge y am dryue, þat me were leuere of lyue þen so forte lyue, to care of al my kynne. atte constorie heo kenneþ vs care, Line 85 ant wissheþ vs euele & worse to fare. [wissheþ, ms. whissheþ.] a pruest proud ase a po seþþe weddeþ vs bo; wyde heo worcheþ vs wo for wymmene ware. Line 90

V. Aufstand der Flandrer unter Peter Coning.

Das Interesse des kräftigen, selbstbewussten Bürgerthums der Zeit Eduards I. an den in nachfolgendem Gedichte berührten Vor|gängen in Flandern begreift sich leicht. Zwei Umstände aber machten die Sympathie mit den tapferen Bürgern von Brügge in England ganz besonders volksthümlich: die Engländer waren anfänglich Waffen|genossen

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der Flandrer im Kampfe mit Philipp IV. (dem Schönen) von Frankreich gewesen; sie standen ferner mit denselben in leb|haftem Handelsverkehr, der von Seiten Englands als bedeutender, gewinnreicher Exporthandel betrieben wurde, besonders mit Wolle.

Graf Veit von Flandern hatte sich Eduard I. zur Bekämpfung der Eroberungspolitik Philipps IV. angeschlossen, die vereinigten Heere hatten bei Comines (1297) eine Niederlage erfahren. Da Eduard durch die Unruhen in Schottland dringend zur Rückkehr nach England gemahnt wurde, so war man einen zweijährigen Waffenstillstand eingegangen, der sich für die Engländer bald in einen definitiven Frieden verwandelte. Mit Flandern dagegen wurde nach Ablauf der zwei Jahre unter der Führung von Karl von Valois, dem Bruder Philipps IV., der Kampf wieder aufgenommen, Graf Veit gerieth mit seinen beiden ältesten Söhnen in Gefangenschaft (vgl. v. 131 des nachfolgenden Liedes), und Philipp nahm die Grafschaft als anheimgefallenes Land in Besitz. Da er bei dieser Gelegenheit den Städten ihre alten Rechte und Freiheiten bestätigte, so leisteten sie keinen Widerstand. Als aber Jaques de Saint-Paul (auch Pol), der Statthalter von Flandern, eine Verschmelzung dieser Provinz mit Frankreich anbahnen wollte, als er zu diesem Zwecke die Nieder|lassung französischer Familien in Flandern mit Eifer betrieb und widerrechtliche Abgaben auferlegte (v. 9), die sogenannten mal-toutes (siehe Chronique de Saint-Denis Chap. XLII, veröffentlicht von Michaud und Poujoulat in den Mémoires pour servir à l'histoire de France daselbst I, pag. 179), da regte sich der Unwille des Volkes. Die Aristokratie und die Magistrate ergriffen für die Franzosen Partei, die Zünfte der Handwerker traten für die alten Rechte, und nun zugleich für das angestammte Herrscherhaus in die Schranken. An der Spitze der Volkspartei in Brügge stand Peter Coning, der Vorsteher der Wollweberzunft (v. 19). In einer im Rathhause ab|gehaltenen Volksversammlung (v. 18) thaten sich vor anderen die Zünfte der Weber und Tuchmacher durch ihr energisches Auftreten hervor (v. 17). Aller Hass wandte sich zunächst gegen die ab|trünnigen Schöffen (v. 13-16): sie fielen als erste Opfer der Volks|wuth (v. 23) [Unser Lied spricht von baylies (bailifs), welches Wort im Alteng|lischen ganz allgemein einen Verwaltungsbeamten bezeichnet. Gemeint sind nach anderen Quellen die Schöffen.] . Die französischen Beamten der Stadt, und mit

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ihnen alle eingewanderten Franzosen, rotteten sich zusammen; sie mussten weichen und bezahlten ihren Widerstand mit dem Leben (v. 25-32). Nun entsandte König Philipp Truppen [Nach unserem Liede 1600 Mann Reiterei, wozu wir eine entsprechende Menge Fussvolk hinzufügen müssen: "Philippe y enoya main-forte"; Chro|nique de Saint-Denis.] gegen Brügge, welche er unter den Oberbefehl des Statthalters stellte. Man liess sie in die Stadt ein und gelobte Unterwerfung. Als sich aber gegen Abend das Gerücht verbreitete, Jacques de Saint-Paul wolle am nächsten Morgen die Rädelsführer hängen lassen, griff man wieder zu den Waffen und machte alle Franzosen in einem furchtbaren Blutbade — als flämische Vesper bekannt — nieder (v. 33-44; Chronique de Saint-Denis Chap. XLII). Der Statthalter selbst ent|kam, "occultement et secrètement" nach der Chr. de St.-D. (v. 45-48). — Wuthentbrannt schickte Philipp ein gewaltiges Heer unter dem Oberbefehl des Grafen von Artois gegen die aufständischen Flandrer aus. Bei Courtray kam es zur Schlacht. In Folge der Aufstellung der flandrischen Fusstruppen hinter einem sumpfigen Terrain, in welches die vorderen Reihen der französischen Reiterei durch das nachdringende Fussvolk hineingestossen wurden (v. 83-84, 97-100), sowie durch die gleichzeitigen Flankenangriffe des Veit von Dampierre und des Wilhelm von Jülich erlitten die Franzosen eine vollständige Niederlage. Gegen sechstausend Reiter erlagen den Lanzen|stössen der Handwerker, darunter die Grafen von Artois und St. Paul.

Es liegt in der Natur politischer Lieder, dass sie kurz nach dem Ereignisse entstehen, welches sie besingen, womöglich unter dem ersten Eindrucke, den dasselbe hervorbringt. So wird nachfolgendes Lied kurze Zeit nach der Schlacht bei Courtray, vielleicht noch im Juli des Jahres 1302 verfasst worden sein. Gewiss ist, dass es vor der Schlacht bei Mons-en-Puelle, d. h. vor dem 13. August 1304 entstand, denn nach v. 127 haben die Franzosen noch keinen weiteren Angriff unternommen; auch würde nach dieser Niederlage der Flandrer ein begeisterter Lobgesang auf ihre Tapferkeit nicht mehr zeitgemäss gewesen sein.

Die eingeklammerte Strophe (v. 113-120) gehört dem Gedichte

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in seiner ursprünglichen Form nicht an. Es sprechen hierfür mehrere Gründe:

1)
Nachdem im Eingange des Gedichtes (v. 9-12) die Ab|schaffung ererbter Einrichtungen und die Einführung unpopulärer Gesetze als Gründe des Aufstandes angegeben sind, erscheint am Schlusse desselben die Gefangensetzung des Grafen Veit als Ver|anlassung des Kampfes. Letztere Angabe ist thatsächlich unrichtig; auch kann sie nicht von dem Verfasser der zweiten Strophe des Gedichtes herrühren. — Ein späterer Abschreiber wollte der histori|schen Vollständigkeit gerecht werden, indem er die Gefangennahme des Grafen in das Gedicht hineinverflocht.
2)
In der letzten Strophe wird der Prinz von Wales, Eduard von Carnarvon, nachmals Eduard II., als derjenige bezeichnet, der an Frankreich Rache nehmen werde. Auf den beliebten König selbst war also zu der Zeit, als dies geschrieben wurde, nicht mehr zu rechnen. Dieser aber erfreute sich im Jahre 1302 noch seiner vollen Rüstigkeit; erst vom Jahre 1305 ab war er fast ununterbrochen von Krankheiten heimgesucht und liess in Anbetracht der sich einstellen|den Körperschwäche ein baldiges Ableben mit Sicherheit erwarten. Demnach ist die letzte Strophe jünger als das übrige Gedicht. — Die Erwähnung des Prinzen von Wales lässt uns schliessen, dass die unechte Strophe vor dem 7. Juli 1307, dem Todestage Eduards I., entstand.

Der Ton dieses Liedes charakterisirt dasselbe als ein echtes Spielmannslied. Die künstlichere Form des Stabreims verschmäht der Dichter (vgl. P. L. I), er zieht den ungeschminkten Ton der Volkssprache vor. Während der Kleriker seinem inneren Grimme ruhig ernste Worte leiht, ist auf dem Gesichte des Spielmannes die kernige Freude zu lesen, die der biedere, naive Mann aus dem Volke empfindet, wenn er hört, dass die Ungerechtigkeit ihrer Strafe ver|fallen ist, oder dass ein guter Freund seinem Widersacher einen festen, aber wohl verdienten Stoss versetzt hat. Bald mit derbem Scherz, bald mit lachendem Hohn, bald mit geballter Faust tritt der Dichter und Sänger vor seine Zuhörerschaft hin. Welcher Spott liegt nicht in der ruhmredigen Breite, in der er die Worte der französischen Barone referirt! Wie höhnisch klingt es nicht, wenn er ihnen das höfische Prädikat "gentil & free" beilegt! Nicht ohne Absicht wird

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er die Reden der franz. Grossen in der dem gemeinen Volke ver|hassten franz. Sprache wiedergegeben haben.

Die Strophe zerfällt in zwei Halbstrophen, jede aus drei Lang|zeilen mit schliessender Kurzzeile bestehend. Erstere zeigt den be|kannten sechsfüssigen Vers, hier regelmässiger als in P. L. I.; die Kurzzeile entspricht der Hälfte der Langzeile, bis zur Cäsur. — Durch den Reim der Kurzzeilen ist die Strophe als eine Einheit in sich abgeschlossen; bisweilen begnügt sich der Dichter mit blosser Asso|nanz. — In der Regel haben auch die Langzeilen der beiden Vers|hälften gleichen Reim, doch verzichtet der Dichter auf diese weitere Bindung der Strophe, wenn ihm der Reim zu viel Mühe macht.

Das Lied wird aus dem Süden Englands stammen, da es Ele|mente fremder Dialekte nicht enthält. Auch zeichnet es sich vor anderen Liedern durch eine verhältnissmässig einheitliche Ortho|graphie aus.

Th. Wright, Pol. Songs, pag. 187; Ritson, Ancient Songs, I, 51.

[folio 73b] Lustneþ, lordinges, boþe ȝonge ant olde, Line 1 of pe freynsshe men þat were so proude ant bolde, hou þe flemmysshe men bohten hem ant solde vpon a wednesday. betere hem were at home in huere londe, Line 5 þen forte seche flemmyshe by þe see stronde, whare þourh moni frenshe wyf wryngeþ hire honde, [whare þourh, ms. whare rourh.] ant singeþ "weylaway"!
þe kyng of fraunce made statuz newe [statuz. Die Handschrift kennt für z und ȝ nur ein Zeichen (ȝ).] in þe lond of flaundres, among false ant trewe. Line 10 þat þe commun of bruges ful sore con arewe, ant seiden amonges hem: "gedere we vs to gedere hardilyche at ene, take we þe bailifs bi tuenty ant by tene, clappe we of þe heuedes an onen o þe grene, [an onen, Wright liest "an ouen" und übersetzt dies durch "above on".] Line 15 ant caste we y þe fen."

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þe webbes ant þe fullaris assembleden hem alle, ant makeden huere consail in huere commune halle; token Peter Conyng huere kyng to calle, ant beo huere cheuenteyn. Line 20 hue nomen huere rouncyns out of þe stalle, ant closeden þe toun wiþ inne þe walle. sixti baylies ant ten hue maden adoun falle, ant moni anoþer sweyn.
þo wolde þe baylies þat were come from fraunce Line 25 dryue þe flemisshe þat made þe destaunce; hue turnden hem aȝeynes wiþ suerd & wiþ launce, stronge men ant lyht. Y telle ou for soþe: for al huere bobaunce, ne for þe auowerie of þe kyng of fraunce, Line 30 tuenti score ant fyue haden þer meschaunce, by day ant eke by nyht.
Sire Jakes de seint Poul yherde hou hit was, [hou, ms. hout.] sixtene hundred of horsmen asemblede o þe gras; he wende toward bruges pas pur pas [pas pur pas. Es soll durch diesen Aus|druck der regelrechte Marschtritt des militärisch geschulten französischen Heeres angedeutet werden; die Handwerker von Brügge konnten sich einer solchen Schulung nicht rühmen.] Line 35 wiþ swiþe gret mounde. þe flemmysshe yherden telle þe cas, agynneþ to clynken huere basyns of bras, ant al hem to dryuen ase ston doþ þe glas, ant fellen hem to grounde. Line 40
Sixtene hundred of horsmen hede þer here fyn, hue leyȝen y þe stretes ystyked ase swyn. þer hue loren huere stedes ant mony rouncyn þourh huere oune prude. Sire Jakes ascapede by a coynte gyn Line 45 out at one posterne þer me solde wyn, out of þe fyhte, hom to ys yn, In wel muchele drede.

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þo þe kyng of fraunce yherde þis, anon assemblede he is dousse pers euervchon, Line 50 þe proude eorl of artoys, ant oþer monyon, to come to paris. þe barouns of fraunce þider conne gon, In to þe paleis þat paued is wiþ ston, to iugge þe flemmisshe to bernen ant to slon Line 55 þourh þe flour de lis.
þenne seide þe kyng Phelip: "lustneþ nou to me, Myn eorles ant my barouns, gentil ant fre; goþ, faccheþ me þe traytours ybounde to my kne, hastif liche ant blyue." Line 60 þo suor þe eorl of seint Poul: "par la goule de! [par la goule de! "par la gueule de Dieu!" Dieser gottlose Fluch soll die Gottlosigkeit der französisehen Barone charakterisiren.] we shule facche þe rybaus wher þi wille be, ant drawen hem wiþ wilde hors out of þe countre, [wiþ ist ein Zusatz von Wright, den ich aufnehme. Der Vorlage, welche der Schreiber der Handschrift kopirte, enthielt vermuthlich dies "wiþ"; die Aehnlichkeit der Wörtchen "wiþ" und "wilde" mag die Auslassung des ersteren veranlasst haben.] by þousendes fyue." [by þousendes fyue, "gegen fünf tau|send".]
Sire Rauf Deuel sayþ, þe eorl of boloyne: Line 65 "nus ne lerrum en vie chanoun ne moyne, wende we forþ anon riht wiþ oute eny assoyne, [riht, ms. riþt.] Ne no lyues man. [Ne no lyues man, "und keinen Mann werden wir am Leben lassen." Aus Zeile 66 ist das Verbum zu ergänzen.] We shule flo þe Conyng, & make roste is loyne; þe word shal springen of him in to coloyne, Line 70 so hit shal to acres & in to sesoyne, ant maken him ful wan."
Seuene eorles ant fourti barouns y tolde, [y tolde, part. prt. "(richtig) abgezählt".] fiftene hundred knyhtes, proude & swyþe bolde, Sixti þousent swyers, among ȝunge ant olde. Line 75

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Line 75 flemmisshe to take. [Das Verbum "were ysent" ist zu ergänzen.] þe flemmisshe hardeliche hem come to ȝeynes, þis proude freinsshe eorles, huere knyhtes, & huere sweynes, aquelleden ant slowen by hulles & by pleynes, al for huere kynges sake. Line 80
þis frenshe come to flaundres so liht so þe hare; er hit were mydnyht, hit fel hem to care; hue were laht by þe net, so bryd is in snare, wiþ rouncin & wiþ stede. þe flemmisshe hem dabbeþ o þe het bare, Line 85 hue nolden take for huem raunsoun ne ware, hue doddeþ of huere heuedes, fare so hit fare, Ant þare to haueþ hue nede.
þenne seyþ þe eorl of Artois: "y ȝelde me to þe, Peter Conyng, by þi nome, ȝef þou art hende ant fre, [bi þi nome, "bei deinem (erhabenen) Namen" (Coning).] Line 90 þat y ne haue no shame ne no vylte, þat y ne be noud ded." þenne swor a bocher: "by my leaute! shalt þou ner more þe kyng of fraunce se, ne in þe toun of bruges in prisone be: Line 95 þou woldest spene bred!"
þer hy were knulled y þe put falle, [Unter "put falle" wird das in der Einleitung erwähnte sumpfige Terrain zu verstehen sein, wel|ches dem Auge wahrscheinlich als fester, zuverlässiger Boden, als "trock|nes Land" erschien.] þis eorles ant barouns, & huere knyhtes alle; þer hi habbeþ dronke bittrere þen þe galle, [Die Verse 99, 100 stehen in der Handschrift an der Stelle der Verse 103, 104 unsrer Anordnung, und umgekehrt. Obige Ordnung der Verse wird den ursprünglichen Text wiedergeben, denn 1) die Gedanken der einzelnen Zeilen bilden jetzt eine naturgemässe Folge; 2) "þer" (v. 99) bezieht sich offenbar auf "put falle", gehört also nothwendig in den ersten Theil der Strophe.]

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vpon þe drue londe. Line 100 for hem mot huere kyng oþer knyhtes calle, oþer stedes taken out of huere stalle. huere ledies huem mowe abide in boure & in halle wel longe.
when þe kyng of fraunce yherde þis tydynge, Line 105 he smot doun is heued, is honden gon he wrynge, þourhout al fraunce þe word by gon to springe; wo wes huem þo! Muche wes þe sorewe ant þe wepinge þat wes in al fraunce among olde ant ȝynge; Line 110 þe meste part of þe lond bygon forte synge "alas"! ant "weylawo"! [pope, "a term of contempt", Hwll. D., bezeichnet den König von Frankreich. In den folgenden Versen ist dann das Bild weiter durchge|führt, indem die Grafen, Barone und Ritter des Königs seine Kardinäle genannt werden.]
awey, þou ȝunge pope! whet shal þe to rede? þou hast lore þin cardinals at þi meste nede; ne keuerest þou hem neuere for nones kunnes mede, Line 115 forsoþe y þe telle. do þe forþ to rome to amende þi misdede, bide gode halewen, hue lete þe betere spede; bote þou worche wysloker, þou losest lond & lede, þe coroune wel þe felle. ["Die Krone möchte dir wohl entfallen."] Line 120
Alas, þou seli fraunce! for þe may þunche shome, þat ane fewe ffullaris makeþ ou so tome; Sixti þousent on a day hue maden fot lome, [hue maden fot lome, "sie machten fusslahm", d. h. sie tödteten sie.] wiþ eorl & wiþ knyht. [Die Handschrift liest: wiþ eorl & knyht.] her of habbeþ þe flemysshe suiþe god game, Line 125 ant suereþ bi seint omer, & eke bi seint Jame, ȝef hy þer more comeþ, hit falleþ huem to shame wiþ huem forte fyht.

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[I telle ou for soþe, hou hue weren fon; bituene fraunce ant flaundres þe bataille þus bigon: [129, 130. Die Handschrift liest: "I telle ou for soþe, þe bataille þus bigon | bituene fraunce ant flaundres hou hue weren fon." Dass diese Lesart korrumpirt ist, ergiebt sich sehr leicht; die Worte "hou hue weren fon" geben in der Verbindung, in der die Handschrift sie aufführt, kei|nen befriedigenden Sinn; auch fehlt die logische Verknüpfung mit dem Vor|angehenden.] Line 130 vor vrenshe þe eorl of flaundres in prison heden ydon, [vor, "because" dient hier zur Einführung in die direkte Rede. Vgl. griech. , goth. þata.] wiþ tresoun vntrewe. [ȝef, ms. ȝe.] ȝef þe prince of walis his lyf habbe mote, Hit falleþ þe kyng of fraunce bittrore þen þe sote; bote he þe raþere þer of wolle do bote, Line 135 wel sore hit shal hym rewe.] [129—136: Ich halte diese Strophe für unecht, vgl. die Einleitung zu diesem Liede.]

VI. Gefangennahme und Hinrichtung des Simon Fraser.

Die beiden ersten Strophen des nachfolgenden Gedichtes sind als die einleitenden zu betrachten: sie machen uns mit dem Gegen|stande bekannt, der besungen werden soll. — Die Strophen 3 - 11 (v. 17 - 88) führen uns die Reihe der schottischen Aufstände in einer kurzen Uebersicht vor. An der Hand der geschichtlichen Entwick|lung wird der Fluch gezeigt, der auf diesen Empörungen lastet, und damit soll zugleich der Nachweis geliefert werden, dass das Beginnen des Fraser und seiner Genossen thöricht, meineidig und gottvergessen war. Die geschichtlichen Thatsachen, auf welche Bezug genommen wird, sind folgende: Baliol, der sich gegen die Oberhoheit Eduards I. über Schottland auflehnte, war bei Dunbar im Jahre 1296 geschlagen worden (v. 31). Im Jahre darauf erhob Wallace die Fahne der Empörung; er unterlag bei Falkirk (22. Juli 1297), gerieth im Jahre 1305 durch Verrath in die Hände der Engländer und erlitt

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die furchtbare Strafe eines Hochverräthers, noch geschärft dadurch, dass die einzelnen Stücke seines geviertheilten Körpers in den vier grössten Städten Schottlands (Newcastle, Berwick, Perth und Aberdeen) zur Warnung aufgepflanzt wurden (v. 17-20). Trotz des Eides der Treue, welchen die schottischen Prälaten und Barone kurze Zeit nach der Schlacht bei Dunbar dem englischen Könige in Berwick geleistet und später verschiedentlich wiederholt hatten (v. 33-34), crhob sich im Jahre 1303 ein neuer Aufstand unter John Comyn und Simon Fraser. Der Bischof von Glasgow erschien nebst anderen geistlichen Würdenträgern als Krieger in den Reihen der Schotten. Der Aufruhr war bald unterdrückt; die Empörer wurden mit Verbannung bestraft (in Dunfermlin, 9. Febr. 1304), im Jahre 1305 aber schon zurückgerufen, indem zugleich ihre Strafe in eine Geldbusse verwandelt wurde. Sie gelobten von neuem Treue, worauf dem Comyn sogar das Vertrauensamt eines "Guardian of Scotland" übertragen wurde. Eine neue Erhebung erfolgte, als Robert Bruce, der Enkel des ersten Kronprätendenten Bruce, durch die Ermordung des Statthalters Comyn in der Minoritenkirche zu Dumfries (10. Febr. 1306) sein Leben verwirkt hatte und nur in einem allgemeinen Auf|stande seine Rettung sah. Er liess sich zum Könige von Schottland krönen, und die Spitzen der Geistlichkeit: Wisheart, Bischof von Glasgow, Lambertus, Bischof von St. Andrew's, sowie der Abt von Scone, beeilten sich, ihn als solchen anzuerkennen und sich unter seine Fahne zu stellen (v. 49-69). Die Gemahlin des Bruce soll bei der Nachricht von der Thronbesteigung ihres Gatten geäussert haben, man habe ihn zu einem Sommerkönige gemacht, wenn er nur bis in den Winter dauere (v. 66). Diese Worte scheinen da|durch populär geworden zu sein, dass Bruce mit seinem Anhange noch im Sommer des Jahres 1306 besiegt wurde.

Mit Strophe 12 (V. 89) geht das Lied zu seinem engeren Thema über. Simon Fraser oder Frysel — in dieser Form erscheint der Name in allen handschriftlichen Ueberlieferungen —, dem schottischen Adel angehörig, hatte in Gemeinschaft mit Comyn den Aufstand von 1303 ins Leben gerufen. Er hatte mehr als einmal den Eid der Treue in die Hände König Eduards geleistet; er war diesem in Folge der ihm zu Theil gewordenen Begnadigung sogar zu persönlicher Dankbarkeit verpflichtet, — aber alle diese Rücksichten waren ver|gessen,

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als unter Bruce noch einmal die Waffen für die Unabhängig|keit und Autonomie Schottlands ergriffen wurden. In der Schlacht bei Kirkenkliffe nahm man ihn gefangen, nachdem sein Pferd unter ihm erschossen worden war (Dunstable Chronicle — Harl. 24 — Cap. 182). Mit ihm geriethen in Gefangenschaft: sein Freund Her|bert of Norham, dessen Vertrauen zu der Tapferkeit Fraser's ihn zu der Aeusserung veranlasst haben soll, er wolle freiwillig sein Haupt auf den Block legen, falls dieser in die Hände der Engländer fiele (v. 129-133); Thomas de Boys, der sich bereits an dem Auf|stande von 1303 betheiligt hatte und mit Fraser zugleich verbannt und begnadigt worden war (v. 139); Sir John of Lindsay (v. 98), welcher ebenfalls nach dem Aufstande von 1303 des Königs Gnade erfahren hatte. Alle diese wurden mit mehreren anderen Rittern im Tower [Der Vers 179 gestattet keinen Zweifel daran, dass die Gefangenen in den Tower gebracht wurden und dort bis zur Strafvollstreckung blieben. Unter der Bezeichnung Newgate (v. 115) verstand man häufig nicht das einzelne Gefängniss dieses Namens, sondern ein Gefängniss überhaupt. S. darüber Hwll. Dict.] in Gewahrsam gehalten; es war ein Volksfest für die Londoner, als die Gefangenen gefesselt durch die Strassen der Stadt geführt wurden. Ihre Verurtheilung und Hinrichtung fand nach dem übereinstimmenden Zeugnisse unsres Liedes und des Dunst. Chron. am Tage vor Mariae Geburt statt, also am 7. September (v. 145). Richter waren neben anderen: Thomas of Multon, dem Fraser nach seiner Ergreifung übergeben worden war (v. 107) "one of the justices of King's Bench in 1289" (Ritson); Sir Rauf of Sandwiche, "made a Baron of the Exchequer", id. (v. 147-148). Man fand sie des Hochverrathes schuldig und verurtheilte sie zu der Strafe, die "nach der Sitte des Landes" (v. 161) diesem Frevel folgte: sie wurden zum Galgen geschleift und gehängt; man schnitt darauf den Kopf vom Rumpfe, nahm die Eingeweide aus und verbrannte sie, befestigte mit Ketten den Kadaver wieder am Galgen und pflanzte den blutigen Kopf als warnendes Schreckbild auf London Bridge auf (v. 162 u. 163, 177 u. 168, 185-188). Auch die Sitte, den Landesfeind zum Spott mit einem grünen Kranze zu schmücken, erscheint hier (v. 180) nicht zum ersten Male: schon Wallace hatte eine solche Spottkrone getragen.

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Der Leichnam des Fraser wurde sorgfältig bewacht, damit er nicht von den Schotten im Dunkel der Nacht gestohlen würde (v. 209-216). Das Dunst. Chron. berichtet ferner, man habe ihn bis gegen Weihnachten am Galgen hängen lassen, dann aber herab|genommen und verbrannt. Die Wächter hätten nämlich zur Nacht|zeit viele Teufel den Galgen hinaufkriechen und mit eisernen Haken den Körper zwicken sehen, in Folge wovon einige sofort vor Schrecken gestorben wären, andere den Verstand verloren hätten. —

Zu v. 49-52. Die vorerwähnten geistlichen Herren wurden nach dem Dunst. Chron. (Kap. 182) ins Gefängniss gesetzt, und die Verfügung über sie dem Papste (Bonifacius VIII.) anheimgegeben.

Zu v. 204. Im Jahre 1295 hatten die Schotten unter Baliol mit Philipp dem Schönen von Frankreich ein Bündniss geschlossen gegen Eduard I. Dass aber Frankreich, wie die Verse 227 u. 228 zu besagen scheinen, auch nach der Vermählung der Isabella, Tochter Philipps IV., mit dem englischen Thronfolger (a. 1303) der Sache der Schotten mit bewaffneter Hand noch irgend welchen Vorschub habe leisten wollen, ist unwahrscheinlich und nicht zu erweisen. Auch erwähnt unser Lied ausdrücklich nur eines Gerüchtes.

Zu v. 91. Die Angaben über die Zeit und den Ort der Schlacht, in welcher Fraser in die Hände der Engländer gerieth, weichen von einander ab. Nach Lingard (Hist. of Engl. II, pag. 216) fand der einzige Zusammenstoss zwischen den englischen Truppen unter dem Grafen von Pembroke und dem Heere des Bruce am 19. Juni 1306 im Walde bei Methuen statt, bei welcher Gelegen|heit sechs schottische Ritter gefangen genommen wurden. Ferguson spricht von einer Schlacht bei Methuen, in welcher Bruce am 19. Juni von Eduard selbst besiegt worden sei. Beide folgen schotti|schen Quellen, denen gegenüber man aber in allen Punkten, welche sich auf die Geschichte des Nationalhelden Bruce beziehen, grosse Vorsicht zu beobachten hat. Zuverlässiger sind die Angaben unsres Liedes, zumal sie durch die Mittheilungen des Dunst. Chron. unter|stützt werden. Diesen Quellen zufolge wurde Aimer de Valence, Graf von Pembroke, (v. 83), an der Spitze eines Heeres, dessen Kern aus der soeben in der Westminster-Abtei des Ritterschlages gewürdigten jungen Blüthe des Adels bestand — darunter auch der Prinz von Wales, Eduard von Carnarvon (v. 82) —, gegen die

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Schotten voraufgeschickt. Es mag am 19. Juni ein Scharmützel stattgefunden haben, nach welchem die Engländer sechs schottische Ritter als Trophäen vorführen konnten; eine entscheidende Schlacht wurde erst geliefert, als König Eduard mit der Hauptmacht nach|gerückt war. Die feindlichen Heere stiessen auf einander "by syede se[n]ynt Johans Towne", jetzt Perth (Dunst. Chron.), bei Kirken|kliffe (v. 91 unseres Liedes), — also ohne Zweifel in der Ebene zwischen Perth, Methuen und Crieff (Kirkenkliffe?). Nach v. 105 und 106 unsres Liedes ereignete sich die Schlacht einige Zeit vor der Bartholomäusmesse, also vor dem 24. August; das Dunst. Chron. bestimmt das Datum derselben genauer als "the fryday nexte before the assumpcion day of oure lady", d. h. als den Freitag, welcher dem 15. August voranging. Diese Autorität erwähnt ausdrücklich, dass "sire Symonde frysell" in dieser Schlacht, welche 7000 Opfer an Todten allein von Seiten der Schotten gefordert habe, in die Gewalt der Engländer gerathen sei.

Die Zeit der Entstehung des nachfolgenden Liedes lag wahr|scheinlich dem 7. September des Jahres 1306, dem Tage der Straf|vollziehung an Fraser und seinen Genossen, nicht fern. Auf jeden Fall wurde es vor dem 7. November desselben Jahres verfasst, denn nach v. 218 ist der Graf von Asseles (Athole; das Dunst. Chron. schreibt Atheles) noch nicht in den Händen seiner Feinde, an diesem Tage aber starb er bereits am Galgen den Tod eines Hochverräthers (MS. of Westm. 461; Ritson).

An einer künstlerischen Durcharbeitung und Anordnung des Stoffes, einer logischen Bindung der einzelnen Strophen unter einander, einer Abrundung des Ganzen fehlt es in diesem Liede: Der gebildete Kleriker würde diesen Anforderungen genügt haben.

Die Form der Strophe erinnert an den Gesang gegen den König von Deutschland und legt die Vermuthung nahe, dass auch dieses Lied nach einer lyrischen Melodie vorgetragen wurde. Bei dem Uebergange der letzten Langzeile in den Refrain scheint die Melodie plötzlich eine kräftige Wendung genommen zu haben, wie P. L. I an der Stelle, wo "Richard" regelmässig wiederkehrt.

In der Behandlung des historischen Stoffes unterscheidet sich dieses Lied von dem Gesange gegen den König von Deutschland durch grössere Objektivität und Ruhe, in der Schilderung durch die

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vorherrschende epische Breite. Im übrigen treffen wir auch hier wieder denselben Patriotismus, dieselbe naive, kunstlose Sprache an.— Der übereinstimmende Eingang dieses und des vorangehenden Liedes "Lustnep, Lordinges" weist beide Dichtungen einer und derselben Gattung zu. Der Spielmann liebt es, sein Publikum anzureden, vgl. v. 115, 142, 152; P. L. V, 6, 129. —

Der Dialekt ist rein südländisch. Für die 3. pl. des Personal|pronomens hatte dieser Dialekt offenbar zwei Formen neben einander: hii (hy) und hee (hue); auch bei R. of G. finden sich beide.

Wright, Pol. Songs of England, p. 212; Ritson, Ancient Songs, pag. 28.

[folio 59b] Lystneþ, Lordynges, a newe song ichulle bigynne Line 1 of þe traytours of scotlond, þat take beþ wyþ gynne. Mon þat loueþ falsnesse, & nule neuer blynne, Sore may him drede þe lyf þat he is ynne, [Sore may him drede þe lyf etc., "him" ist hier Dativ des Inter|esses; vgl. nô he him þâ säcce ondrêd, er fürchtete für sich den Kampf nicht, Beóvulf 2348.] Ich vnderstonde: Line 5 Selde wes he glad, þat neuer nes asad of nyþe ant of onde.
þat ysugge by þis scottes þat bueþ nou to drawe, þe heuedes o londone brugge whose con yknawe: Line 10 he wenden han buen kynges, ant seiden so in sawe. betere hem were han ybe barouns, ant libbe in godes lawe wiþ Loue. whose hateþ soth ant ryht, [soþ ant ryht, von Alters her die übliche Bezeichnung des wohlbegründeten Rechtes: se þe sód and riht fremed on folce, Beóvulf 1701.] lutel he douteþ godes myht, Line 15 þe heye kyng aboue. [þe heye kyng, vgl. heáh-cyning, "der mäch|tigste der Könige", Beóvulf 1040.]
To warny alle þe gentilmen þat bueþ in scotlonde, þe waleis wes to drawe, seþþe he wes an honge, al quic biheueded, ys boweles ybrend,

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þe heued to londone brugge wes send Line 20 To abyde. [To abyde: der Infinitiv hat finale Bedeutung.] after simond frysel, þat wes traytour ant fykel, ant ycud ful wyde.
Sire edward oure kyng, þat ful ys of piete, [Die "piete" ist hier natürlich ironisch gemeint.] Line 25 þe waleis quarters sende to is oune contre, on four half to honge, huere myrour to be, þer opon to þenche, þat monie myhten se Ant drede. why nolden he be war Line 30 of þe bataile of donbar, hou euele hem con spede?
Bysshopes ant barouns come to þe kynges pes, ase men þat weren fals, fykel, ant les; oþes hue him sworen in stude þer he wes, ["in stude þer he wes", eine übliche Ausdrucksweise, vgl. G. L. V, 6.] Line 35 to buen him hold ant trewe for alles cunnes res, þrye, þat hue ne shulden aȝeyn him go; so hue were temed þo, whet halt it to lye? [whet, ms. weht.] Line 40
To þe kyng edward hii fasten huere fay; fals wes here foreward, so forst is in may, þat sonne from þe southward wypeþ a way: moni proud scot þer of mene may to ȝere. [to ȝere; die ags Sprache verwandte die Präposition "tô" überhaupt bei den Substantiven, die einen Zeitraum bezeichnen, so z. B. tô lîfe, Beóvulf 2433, to aldre, ebd. 2006, 2499 etc. Neuengl. nur "to day".] Line 45 Nes neuer scotlond wiþ dunt of monnes hond allinge aboht so duere!

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þe bisshop of glascou, ychot he wes ylaht, þe bisshop of seint Andre, boþe he beþ ycaht; Line 50 þe abbot of Scon wiþ þe kyng nis nout saht: al here purpos, ycome hit ys to naht, þurh ryhte. hii were vnwis, when hii þohte pris Line 55 aȝeyn huere kyng to fyhte.
þourh consail of þes bisshopes ynemned byfore Sire Robert þe bruytz furst kyng wes ycore; [bruytz, ms. bruytȝ. Die Handschrift hat für die Buchstaben z und ȝ dasselbe Zeichen (ȝ).] he mai eueruche day ys fon him se by fore, ȝef hee mowen him hente, ichot he biþ forlore Line 60 sauntz fayle. [sauntz fayle, altfrz. "sens faille", "unfehlbar". Der Ausdruck muss in England auch bei denen, welche die Volkssprache redeten, allgemein üblich gewesen sein; er findet sich z. B. auch bei Chaucer in "The Man of Lawes Tale", 501: Who fedde the Egyp|cien Marie in the caue | Or in desert? no wight but crist, sanz faille.] soht forte sugge, duere he shal abugge, þat he bigon batayle.
Hii þat him crounede proude were ant bolde, Line 65 hii maden kyng of somere, so hii ner no sholde, hii setten on ys heued a croune of rede golde, Ant token him a kyneȝerde, so me kyng sholde, to deme. [to deme, Infinitiv mit finaler Bedeutung, "damit er herrsche".] þo he wes set in see, Line 70 lutel god couþe he, kyneriche to ȝeme.
Nou kyng hobbe in þe mures ȝongeþ, forte come to toune nout him ne longeþ. þe barouns of engelond, myhte hue him gripe, Line 75 he him wolde techen on englysshe to pype,

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þourh streynþe. Ne be he ner so stout, ȝet he biþ ysoht out o brede ant o leynþe. Line 80
Sire Edward of carnaruan, iesu him saue ant see! Sire Emer de valence, gentil knyht ant free, habbeþ ysuore huere oht, þat, par la grace dee! hee wolleþ ous delyuren of þat false contree, ȝef hii conne. Line 85 muche haþ scotlond forlore, whet alast, whet bifore, ant lutel pris wonne.
Nou ichulle fonge þer ich er let, ant tellen ou of frisel, ase ich ou by het; Line 90 In þe batayle of kyrkenclyf ffrysel wes ytake, ys continaunce abatede eny bost to make biside striuelyn; knyhtes ant sweynes, ffremen and þeynes, Line 95 monye wiþ hym.
So hii weren byset on eueruche halue, Somme slaye were, ant somme dreynte hem selue. Sire Johan of lyndeseye nolde nout abyde, he wod in to þe water, his feren him bysyde, Line 100 to adrenche. whi nolden hii be war? þer nis non aȝeyn star! ["Niemand kann gegen seinen Stern (sein Geschick) ankämpfen."] why nolden hy hem byþenche?
þis wes byfore seint bartholomeus masse, Line 105 þat ffrysel wes ytake, were hit more oþer lasse. To sire Thomas of Multone, gentil baroun ant fre, ant to sire Johan Jose by take þo wes he

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To honde. He wes yfetered weel, Line 110 boþe wiþ yrn ant wyþ steel, to bringen of scotlonde.
Sone þer after þe tydynge to þe kyng com; he him sende to londone wiþ mony armed grom; He com yn at newegate, y telle yt ou a plyht, Line 115 a gerland of leues on ys hed wes ydyht [wes, ms. on ys hed ydyht.] of grene; ffor he shulde ben yknowe boþe of heȝe ant of lowe for treytour, y wene. Line 120
yfetered were ys legges vnder his horse wombe, boþe wiþ yrn ant wiþ stel; mankled were ys honde; a gerland of peruenke set on ys heued. Muche wes þe poer þat him wes byreued In londe. Line 125 So god me amende! ["So god me amende", nach Hwll. D. (pag. 54) ein üblicher Schwur in Suffolk.] lutel he wende so be broht in honde.
Sire herbert of Norham, feyr knyht ant bold, for þe loue of frysel ys lyf wes ysold; Line 130 a waiour he made, so hit wes ytold, ys heued of to smyte, ȝef me him brohte in hold, [smyte, ms. smyhte.] what so bytyde. [what so, ms. wat so.] Sory wes he þenne, þo he myhte him kenne Line 135 þourh þe toun ryde.
þenne seide ys scwyer a word anon ryht: "Sire, we beþ dede, ne helpeþ hit no wyht," (Thomas de boys þe sewyer wes to nome) "Nou ychot oure waiour turneþ ous to grome, Line 140

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Line 140 so y bate." y do ou to wyte, here heued wes of smyte byfore þe tour gate.
þis wes on oure leuedy euen, for sothe ych understonde, Line 145 þe iustices seten for þe knyhtes of scotlonde; Sire Thomas of Multone, an hendy knyht ant wys, ant sire Rauf of sondwyche, þat muchel is told in pris, Ant sire Johan Abel. Mo y mihte telle by tale, Line 150 boþe of grete ant of smale, ȝe knowen suyþe wel. [ȝe knowen ist Konjunktivform, "ihr möget wissen".]
þenne saide þe iustice, þat gentil is ant fre: "Sire Simond ffrysel, þe kynges traytour hast þou be In water ant in londe, þat monie myhten se: Line 155 what sayst þou þare to? hou wolt þou quite þe? do say!" so foul he him wiste, nede waron truste forto segge "nay". [159, 160. "Er hatte nicht, worauf er sich stützen konnte, um "nein" zu sagen"; nede = ne hede he.] Line 160
þer he wes ydemed so hit wes londes lawe; for þat he wes lordswyke, furst he wes to drawe, vpon a reþeres hude forþ he wes ytuht: Sum while in ys time he wes a modi knyht In huerte. Line 165 wickednesse & sunne, hit is lutel wunne, þat makeþ þe body smerte.
ffor al is grete poer, ȝet he wes ylaht: ffalsnesse & swykedom, al hit geþ to naht! Line 170 þo he wes in scotlond, lutel wes ys þoht of þe harde iugement þat him wes bysoht

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In stounde. He wes foursiþe forswore to þe kyng þer bifore, Line 175 & þat him brohte to grounde.
wiþ feteres & wiþ gyues ichot he wes to drowe ffrom þe tour of londone, þat monie myhte knowe, [þat hat hier konsekutive Bedeutung.] In a curtel of burel, a selkeþe wyse, ant a gerland on ys heued of þe newe guyse, Line 180 þurh cheepe. monimon of engelond, forto se symond, þideward con lepe.
þo he com to galewes, furst he wes an honge, Line 185 al quic byheueded, þah him þohte longe; seþþe he wes yopened, is boweles ybrend, þe heued to londone brugge wes send to shonde. so ich euer mote þe! Line 190 sum while wende he þer lutel to stonde. [lutel ist mit "wende" zu verbinden: "er dachte wenig daran, dort (auf "londone brugge") auf|gepflanzt zu stehen.]
He rideþ þourh þe site, as y telle may, wiþ gomen & wyþ solas, þat wes here play, to londone brugge hee nome þe way; Line 195 Moni wes þe wyues chil þat þer on lokeþ aday, [Wright liest "lakeþ" und konstruirt: þat þer on seide "lakeþ a-day" ant "alas".] Ant seide, "alas! þat he wes ibore, & so villiche forlore, so feir mon ase he was!" Line 200
Nou stont þe heued aboue þe tubrugge, ffaste bi waleis, soþ forte sugge. [waleis ist gen. sg.]

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after socour of scotlond longe he mowe prye, ant after help of fraunce, whet halt hit to lye? [whet, ms. wet.] Ich wene, Line 205 betere him were in scotlond, wiþ is ax in ys hond, to pleyen oþe grene.
Ant þe body hongeþ at þe galewes faste, wiþ yrnene claspes, longe to laste; [yrnene ist schwacher dat. pl., ags. "îser|nan" und "îrenan".] Line 210 fforte wyte wel þe body, & scottyshe to gaste, [gaste, ms. garste.] foure ant tuenti þer beoþ to soþe ate laste by nyhte, ȝef eny were so hardi þe body to remuy, Line 215 also to dyhte. [also to dyhte, "mit denselben ebenso zu verfahren".]
were sire Robert þe bruytz ycome to þis londe, ant þe erl of asseles, þat harde is an honde, [oþe, Kontraktion aus "on þe".] [harde an honde, "tüchtig an der Hand", d. h. ein tüchtiger Hau|degen.] alle þe oþer pouraille, for soþe ich vnderstonde, Mihten be ful blyþe, ant þonke godes sonde [ant þonke godes sonde, ein nicht ungewöhnlicher Aus|druck, vgl. "and thankeþ goddes sonde", Chaucer (Morris, Spec.); godes sonde bezeichnet in dieser Verbindung das Geschick, das Schicksal.] Line 220 wiþ ryhte: þenne myhte vch mon boþe riden & gon in pes wiþ oute vyhte.
þe traytours of Scotlond token hem to rede, [token hem to rede, "begaben sich zur Berathung, beriethen sich"; vgl. "to grete penaunce he gan him take", R. of Brunne, Handlyng Synne 5829.] Line 225 þe barouns of engelond to brynge to dede, Charles of fraunce, so moni mon tolde, Wiþ myht & wiþ streynþe hem helpe wolde,

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his þonkes. [his þonkes, "aus freiem Antriebe"; ags. "þances, þonces", ad|verbialer Genitiv, "gratis, ultro"; auch mit dem Genitiv verbunden, ent|sprechend dem lat. "gratia, causa", so z. B. Dryhtnes þances, "Dei gratia, Dei causa".] Tprot, scot, for þi strif! Line 230 hang vp þyn hachet ant þi knyf, whil him lasteþ þe lyf wiþ þe longe shonkes. [him . . . . wiþ þe longe shonkes: Eduard I. hatte den volksthümlichen Beinamen "Long-shanks".]

VII. Wie es die Diener der Grossen treiben.

Der Dichter dieses Liedes giebt seiner Erbitterung Ausdruck über das prahlerische Gebahren der müssigen Dienerschaft, welche die Vornehmen in ihrem Gefolge zu haben pflegten. "Der Schöpfer schuf diese Schlemmer, damit sie das Ungeziefer unter den Menschen seien."

Die Strophe besteht aus acht gleichen Versen, von denen jeder zwei durch den Stabreim markirte Hebungen zeigt. Durch den Reim verbunden sind nur die Verse 2, 4, 6 u. 8. — Diese Strophenform hat sich aus der viermal wiederholten einreimigen epischen Langzeile entwickelt, vgl. P. L. I, III u. VI: Die Pause am Schlusse der Verse 1, 3, 5 u. 7 ist unvollkommener als die am Ende der Verse 2, 4 u. 6; nur 2, 4, 6 u. 8 sind durch den Reim mit einander verbunden; die gleiche Alliteration erstreckt sich oft, zumal im Eingange der Strophe, auf zwei Verse, einen ungraden und den zunächst folgenden. Es gehören demnach je zwei Verse enger zusammen; sie gingen aus einer Einheit hervor, aus einer durch die Cäsur in zwei gleiche Hälften getheilten Langzeile. Nun zeigt der alliterirende epische Vers in der Regel allerdings sechs Hebungen, unter diesen thun sich aber die durch den Stabreim ausgezeichneten Tonsilben, deren gewöhnlich vier sind, ganz besonders hervor. Nicht selten verzichtet der alliteri|rende Langvers auf alle weiteren Hebungen ausser diesen, vgl. P. L.

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III, 15, 31; wir treffen also in den vorangehenden Liedern Verse an, welche das genaue Vorbild der Verse unsres Liedes sind. So war die Möglichkeit der Kurzzeile dieses Liedes und die Anregung zu derselben in der alliterirenden epischen Langzeile selbst gegeben, vgl. Einl. zu P. L. II. — Uebrigens sind auch dreimal gehobene Verse in diesem Liede anzutreffen, v. 31, 33, 34, 53. — Beachtenswerth ist auch der Umstand, dass die Handschrift von v. 47 ab je zwei zusammengehörige Verse zu einer Zeile verbindet.

Nicht der tiefe Ernst, die auf Besserung der Zustände bedachte sittliche Entrüstung bilden den Grundton unsres Liedes, aus frivolem Spott, grimmigem Aerger und den allerderbsten Spässen baut es sich auf. Freilich scheut auch der Kleriker, wie wir in einigen der vor|stehenden Lieder gesehen haben, ein kräftiges Wort nicht, wenn er zum Volke spricht, aber in dem Tone dieses Liedes kann nur der Mann aus dem Volke selbst sprechen. Wir dürfen dasselbe ohne Bedenken einem Spielmanne zuschreiben. — Die epische Ruhe fehlt diesem Liede gänzlich, der lebhaft bewegte Ton trägt ein rein lyrisches Gepräge.

Der Dialekt ist rein südländisch.

Th. Wright, Pol. Songs of England, pag. 237.

[folio 124b] Of rybaudz y ryme ant rede o my rolle, [rybaudz, ms. rybaudȝ; vgl. die Note zu v. 58 des vorangehenden Liedes.] of gedelynges, gromes, of colyn & of colle, [colyn und colle scheinen ganz willkürlich erdachte Eigen|namen zu sein, die den Bedürfnissen der Alliteration und des Reimes ge|nügen sollten. — Vgl. auch "Magge" und "Malle", P. L. IV, 57.] harlotes, horsknaues; — Line 5 bi pate & by polle To deuel ich hem to lyure ant take to tolle!
þe gedelynges were gedered, of gonnylde gnoste; [of gonnylde gnoste. Die Bedeutung dieser Worte ist nicht mit Sicherheit festzustellen; auch Wright lässt sie unübersetzt. Sollte gonnylde = gân|-ilde "Gähninsel" (für "Schlaraffenland"?) sein? Ein Beleg für diese Zu|sammensetzung und den ihr beigelegten Begriff ist nicht bekannt. In der Form "gnoste" hat man vielleicht das kontrahirte Präteritum ("gnoste" für "gnostede") von gnasten, gnosten "knurren, brummen" zu sehen.] Line 10

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Line 10 palefreiours, & pages, ant boyes wiþ boste; Alle weren yhaht of an horse þoste: þe deuel huem afretye, Line 15 Rau oþer aroste!
þe shuppare þat huem shupte, to shome he huem shadde, to fle & to fleye, [flee, ms. fles. Die Analogie mit fleye, tyke und tadde zwingt zu der Annahme, dass auch an erster Stelle im Original, welches der Schrei|ber der Handschrift kopirte, der Singular gestanden hat.] to tyke & to tadde. Line 20 so seyþ romaunz, [romaunz, ms. romaunȝ. vgl. v. 2.] whose ryht radde: ffleh com of floure, [floure, ms. flore.] ant lous com of ladde.
þe harlotes bueþ horlynges, Line 25 ant haunteþ þe plawe: þe gedelynges bueþ glotouns, ant drynkeþ er hit dawe. Sathanas, huere syre, seyde on is sawe: Line 30 gobelyn made is gerner of gromene mawe.
þe knaue crommeþ is crop er þe cok crawe; he momeleþ & moccheþ Line 35 ant marreþ is mawe.

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when he is al for laped, ant lad ouer lawe, a doseyn of doggen ne myhte hym drawe. [hym, ms. hyre.] Line 40
þe rybaudz aryseþ er þe day rewe; he shrapeþ on is shabbes, [he ist Singular, cf. "is" shabbes; der Dich|ter geht plötzlich von der Gesammtheit auf den Einzelnen über.] [shab|bes: Wir werden kaum irren, wenn wir darunter die von allerhand Unrath, Schmutz und Ungeziefer strotzenden Kleidungsstücke verstehen wollen. — shrapeþ on wird auf das schnelle, unordentliche Anlegen der Kleidungsstücke hinweisen sollen. Die Verse 43 und 44 drücken demnach den Gedanken aus, dass die unteren Bekleidungsstücke bei den Betreffen|den nur je in der Einzahl vertreten waren, mithin nicht gewechselt wer|den konnten, in Folge dessen eine Fülle von Schmutz und Ungeziefer zeig|ten und jeden Morgen im frischen Thau von dem gröbsten Unrath gerei|nigt werden mussten. Für die Pracht der Oberkleidung wurden, wie die folgende Strophe lehrt, keine Kosten gescheut.] ant draweþ huem to dewe. sene is on is browe, Line 45 ant on is eȝe brewe, þat he louseþ a losynger, & shoyeþ a shrewe.
Nou beþ capel claweres wiþ shome to shrude; Line 50 hue boskeþ huem wiþ botouns, ase hit were a brude; wiþ lowe lacede shon of an hayfre hude: hue pykeþ of here prouendre [Unter "prouendre" sind die gelieferten Subsistenzmittel zu verstehen. Diese Strophe führt aus, dass die Ersparnisse aus diesen Lieferungen, mit deren Hülfe angeblich alle die Prachtstücke beschafft wurden, auch dann würden gemacht werden, wenn man ihnen "cattesdryt" liefere, dass also diese Mittel auf ungerechte Weise erworben würden.] Line 55 al huere prude.

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whose rykeneþ wiþ knaues huere coustage, þe luþernesse of þe ladde, þe prude of þe page, Line 60 þah he ȝeue hem cattesdryt to huere companage, ȝet hym shulde arewen [arewen. Der Ausdruck will darauf hinweisen, dass er jetzt ein|sehen müsse, er sei bestohlen worden.] of þe arrerage.
whil god wes on erþe, Line 65 & wondrede wyde, whet wes þe resoun why he nolde ryde? for he nolde no grom to go by ys syde, Line 70 ne grucchyng of no gedelyng to chaule ne to chyde.
spedeþ ou to spewen, ase me doþ to spelle; [to spelle, "wenn man da|von spricht, davon erzählt" (?).] þe fend ou afretie Line 75 wiþ fleish & wiþ felle! [fleish, ms. fleis.] herkneþ hideward, horsmen, a tidyng ich ou telle, þat ȝe shulen hongen & herbarewen in helle! Line 80

VIII. Elegie auf den Tod Eduards I.

"Eduard I. war zu seinen Lebzeiten der Gegenstand fast grenzenloser Verehrung von Seiten seiner Unterthanen. Er war im wahrsten Sinne des Wortes ein nationaler König. "In dem Augen|blicke, als die Scheidung in Sieger und Besiegte aufgehört hatte, und

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England sich wieder als eine Nation fühlte, sah es in seinem Herrscher keinen Fremden, sondern einen Engländer." F. R. Green, History of the English People, pag. 175. — Der Eindruck, den die Nachricht vom Tode Eduards hervorrief, war um so tiefer, als man von seinem Sohne und Nachfolger Eduard II. (von Carnarvon) wenig Gutes erwartete. Geben doch die eigenen Worte des Königs der Sorge Ausdruck, man möchte seinem Sohne die Krone vorenthalten (v. 23 u. 24). — "The peple mad muche sorowe for good kyng Edwardes deth, for they wente that goode kyng Edwarde shuld haue goon to the holy lande for that was holiche his purpose." Dunstable Chronicle, fol. 125 b.

Dass Eduard gegen Ende seines Lebens noch einen zweiten Kreuzzug habe unternehmen wollen, bestätigen also auch andre Quellen. Nach unsrem Liede sollen 80 Ritter ausgesandt werden, um sein Herz in's heilige Land zu bringen; andre Quellen erzählen, dass Eduard in seinen letzten Augenblicken die Summe von 30,000 £ dazu bestimmt habe, um 140 Ritter zu diesem Zwecke auszurüsten (Warton, History of English Poetry, ed. Hazlitt, II, 104 u. 105). Dieser Wille des Königs kam nicht zur Ausführung. Die Verse 33-40 unsres Liedes sollen nach Warton darauf Bezug haben. Dies ist aber schon deshalb sehr wenig wahrscheinlich, weil das Lied offen|bar gleich nach dem Tode Eduards gedichtet wurde. Wir werden jene Verse auf das Vorhaben eines zweiten Kreuzzuges beziehen müssen.

Wir haben in diesem Liede kein Original vor uns, sondern die Uebersetzung eines französischen Liedes, welches im Anhange mit|getheilt ist. Sprache, Vers- und Strophenbau des Originals sind im ganzen akkurat nachgeahmt. Die Uebersetzung ist nicht ohne Geschick, auch ist der Vers sorgfältiger und reiner als in der Mehrzahl der vorangehenden Lieder. Jedenfalls hat der Uebertrager eine höhere Schulung besessen als die Verfasser der besprochenen Spielmanns|lieder. Der Gegenstand an sich musste den Spielmann aus dem Volke und den Kleriker in gleichem Grade anziehen. Der Vers 77, welcher in der französischen Redaction sein Vorbild nicht findet, lässt uns erkennen, dass die Uebertragung für das Volk bestimmt war. Der gelehrte Beigeschmack des Originals ist überhaupt vermieden.

Die Sprache zeigt neben südländischen auch einige west-mittel|ländische Formen, z. B. þore, lys 3. sg. prs. ind., buen 3 pl. Wir

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dürfen daher vielleicht eine west-mittelländische Grafschaft als Geburts|stätte dieses Liedes ansehen.

Th. Wright, Pol. Songs of England, pag. 246; Percy, Reliques of Ancient English Poetry II, pag. 5 (Tauchnitz Edition).

[folio 73a] Alle þat beoþ of huerte trewe, a stounde herkneþ to my song of duel, þat deþ haþ diht vs newe (pat makeþ me syke ant sorewe among!) of a knyht, þat wes so strong, Line 5 of wham god haþ don ys wille; me þuncheþ þat deþ haþ don vs wrong, þat he so sone shal ligge stille.
al englond ahte forte knowe of wham þat song is, þat y synge; Line 10 of edward kyng, þat liþ so lowe, ȝent al þis world is nome con springe; trewest mon of alle þinge, [of alle þinge ist die übliche Verstärkung des Superlativs.] ant in werre war and wys, for him we ahte oure honden wrynge, Line 15 of cristendome he ber þe pris.
byfore þat oure kyng wes ded, he spek ase mon þat wes in care: "Clerkes, knyhtes, barouns," he sayde, "y charge ou by oure sware, [oure: der Buchstabe "u" ist konsonantisch zu sprechen.] Line 20 þat ȝe to engelonde be trewe. y deȝe, y ne may lyuen namore; helpeþ mi sone, & crouneþ him newe, for he is nest to buen ycore."
Ich biqueþe myn herte aryht, Line 25 þat hit be write at mi deuys,

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ouer þe see þat hue be diht, [hue, Percy: Hue; "This is probably the name of the person who was to preside over this business". Das Pronomen "hue" ist auf "herte" zu beziehen, welches Wort im ags. (heorte) feminin war.] wiþ fourscore knyhtes, al of pris, In werre þat buen war & wys, aȝein þe heþene forte fyhte, Line 30 to wynne þe croiz þat lowe lys; my self ycholde ȝef pat y myhte."
kyng of fraunce, þou heuedest sunne, þat þou þe counsail woldest fonde, to latte þe wille of kyng edward, [Percy stellt "kyng edward" in "Edward kyng" um und setzt für "sunne" in v. 33 "sinne". Auch hierdurch gewinnt er nur eine höchst unvollkommene Asso|nanz.] Line 35 to wende to þe holy londe, þat oure kyng hede take on honde, al engolond to ȝeme & wysse, to wenden in to þe holy londe, to wynnen vs heueriche blisse. Line 40
þe messager to þe pope com, & seyde þat oure kyng wes ded; ys oune hond þe lettre he nom, [lettre, ms. lre, mit Querstrich durch l.] ywis, is herte wes ful gret. þe pope him self þe lettre redde, Line 45 ant spec a word of gret honour: "alas!" he seide, "is Edward ded? of cristendome he ber þe flour!"
þe pope to is chaumbre wende, [chaumbre, ms. chaumbre.] for del ne mihte he speke namore, Line 50 ant after cardinals he sende, þat muche couþen of cristes lore, boþe þe lasse ant eke þe more, bed hem boþe rede & synge:

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gret deol me myhte se þore, Line 55 mony mon is honde wrynge. [moni mon is honde wrynge ist abhängig von "me myhte se", so dass dieses Verbum zwei verschiedene Ergänzungen zu sich nimmt, in v. 55 ein Objektsnomen (gret deol), und in v. 56 einen acc. c. inf.]
þe pope of peyters stod at is masse wiþ ful gret solempnete, þer me con þe soule blesse: "kyng edward, honoured þou be! Line 60 god leue, þi sone come after þe, [leue, Percy liest "love".] bringe to ende þat þou hast bygonne; þe holy croiz ymad of tre, [croiz, ms. crois.] so fain þou woldest hit han ywonne!
Jerusalem, þou hast ilore Line 65 þe flour of al chiualerie; Nou kyng edward liueþ namore: alas! þat he ȝet shulde deye! [Jerusalem, ms. Jerlm, mit Querstrich durch l.] he wolde ha rered vp ful heyȝe oure baners, þat bueþ broht to grounde; Line 70 wel longe we mowe clepe & crie, er we a such kyng han yfounde!"
Nou is Edward of Carnaruan kyng of engelond al aplyht; god lete him ner be worse man Line 75 þen is fader, ne lasse of myht, to holden is poremen to ryht, ant vnderstonde good consail, al engelond forte wisse ant diht; of gode knyhtes darht him nout fail. [darht (= darþ), ms. darh.] Line 80
þah mi tonge were mad of stel, ant min herte yȝote of bras, þe godnesse myht y neuer telle, þat wiþ kyng edward was:

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kyng, as þou art cleped conquerour, Line 85 in vch bataille þou hadest pris; god bringe þi soule to þe honour þat euer wes & euer ys, þat lesteþ ay wiþ outen ende! bidde we god ant oure ledy, Line 90 to þilke blisse iesus vs sende. Amen.
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