Homöopathisch-klinische Studien / von Franz Wurmb und Hugo Caspar.

76 Lungenentzünvung.

gelagert wird, Eine andere Produktbildung kann aber auch ver BlutFraſe wegen, welche unſer Mittel bedingt, nicht ſtatt finden, denn der
Phosphor macht, wie Liedbe> *) und Arnold **) bewieſen haben,
~das Blut flüſſig, dunkel und mißfarbig z er vermindert, ja er hebt
die Gerinnbarkeit desſfelben ganz aufz er wirkt in einem hohen Grade
auflöſend auf die Blutkörperchen; er vermindert deren Umfang und
Konſiſtenz z dieſe werden kleiner, dehnbarer, verändern ihre Geſtalt
und nehmen die verſchiedenſten Formen anz es iſt jede Spur der -zur
Hülle dienenden Membran verſchwunden; die Rindenſubſtanz wird ~
durch den Austritt des Farbeſtoffes durchſichtig u. ſ. w.~ mit einem
Worte: der Phosphor erzeugt eine der hyperinotiſchen geradezu entgegengeſeßte Blutalteration, und
er kann daher unmöglich bei der faſerſtoffigen Lungenentzündung das homsopathiſ<e Mittel ſein, Dafür iſt er re<t oft das -Simile bei taberkfulöſen, typhöſen, oder dur
eine verwandte Blutkraſe bedingten Pneumonien; ferner bei den ſo
gerne tuberkuleszirenden Pneumonien herabgekommener oder alter
Perſonen; bei hypoſtatiſchen, bei ſchlappen, nicht ſelten ohne alle
ſubjektive Symptome verlaufenden Pneumonien 1. ſ. w.3 bei faſerſtoffigen Lungenentzündungen läßt ſich die Wahl des Phosphors
höchſtens entſchuldigen, da ſte nicht immer gleich von jenen zu unterſcheiden ſind, welche durch eine andere Blutkraſe ins Daſein gerufen
werden.

Während wir vem Phosphor alle Wirkſamkeit. bei der faſerſtoffigen Pneumonie abſprechen, geben ihn andere Homdösopathiker niht
nur gegen dieſe, ſondern gegen alle Arten von Pneumonie für -
ein Poly<reſtmittel aus, ja einige unſerer Glaubensgenoſſen
ſchen ihn geradezu für das Univerſalſpezifikum an.

Wie der Phosphor einmal bei typhöſen und ein anderes
Mal -bei croupöſen Lungenentzündungen paſſen, wie er dort die
Vlaſtizität des Blutes vermehren und hier vermindern, furz, wie
ein und dasſelbe Mittel bei weſentlich verſchiedenen
Erkranfungen das Homoion, d.i. das wirkliche, ſein könne,
dieß begreifen wir nicht; dieß zu erklären müſſen wir daher jenen

*) Hygea. Bd, 20. S, 29.
**) Hygea, Neue Folge. Hft, 14 und 2,