Die Kildare-gedichte; die ältesten mittelenglischen denkmäler in anglo-irischer überlieferung von Dr. W. Heuser ...

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Title
Die Kildare-gedichte; die ältesten mittelenglischen denkmäler in anglo-irischer überlieferung von Dr. W. Heuser ...
Author
Heuser, Wilhelm
Publication
Bonn,: P. Hanstein,
1904.
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"Die Kildare-gedichte; die ältesten mittelenglischen denkmäler in anglo-irischer überlieferung von Dr. W. Heuser ..." In the digital collection Corpus of Middle English Prose and Verse. https://name.umdl.umich.edu/AJT2514.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 26, 2024.

Pages

Quindecim Signa ante Judicium. (Fragment.)

Gedruckt von T. Wright, Chester plays II, p. 219; Furnivall, EEP. p. 7; Mätzner, Ae. Sprachpr. p. 120.

Im Ms. bis V. 44 in vierzeiligen Strophen, von da ab in Langzeilen, die den Eindruck von Reimpaaren (mit eingeflochtenem Reim) erwecken. Im Ms. sind hinter fol. 21 offenbar Blätter ausgefallen, so daß das Gedicht, welches bis fol. 21 b unten reicht, zwar als Fragment erhalten, aber ursprünglich wahrscheinlich vollständig gewesen ist. — Über die Ver|breitung des beliebten Stoffes und die inneren Beziehungen der ver|schiedenen Versionen zu einander vgl. Mätzner, a. a. O. Einleitung; C. Michaelis, Herrigs Archiv 46, p. 33; E. Sommer, Haupt's Zeitschrift III, p. 523; R. Peiper, Arch. f. Litt. IX, p. 117; G. Noelle, Beiträge VI (1879), p. 413, von denen die letzte Abhandlung die ausführlichste und grundlegende ist und auch einen Abdruck der wichtigsten Texte bietet.

Die Vorstellung von dem jüngsten Tage in Verbindung mit dem Untergange der Welt und mancherlei vorausgehenden Zeichen spielt in der christlichen Litteratur des Mittelalters eine sehr bedeutende Rolle und beruht in letzter Linie auf Stellen des Alten und Neuen Testaments, sowie besonders auf dem apokryphen 4. Buch Esra. Mehrfach findet sie sich schon bei den ältesten Kirchenvätern eingeflochten, wenn auch nur mit wenigen Zeichen. Ihre eigentliche Ausbildung scheint sie aber durch ein griechisches Akrostichon erhalten zu haben, das von Augustin in lat. Hexameter übertragen wurde und so die

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weiteste Verbreitung erlangte. Immer zahlreicher, immer be|stimmter ausgeprägt werden von jetzt ab die Bearbeitungen. In dem Akrostichon waren die Zeichen noch nicht nach Tagen geschieden, und auch in der Folgezeit schwankt die Zahl wie die Art derselben noch sehr. Wir finden drei, vier oder — wie in einem ae. Predigtfragment und dem me. Gedicht "Debate between the Body and the Soul" — sieben Zeichen. Die Fünfzehnzahl, welche sich zuerst in einer Beda zugeschriebenen Schrift des Adso findet, herrscht bald allgemein. Unter ihren Vertretern zeigen drei Typen, nämlich Beda (Adso), Comestor und Thomas von Aquino mit ihren Gruppen sowohl in der Reihenfolge wie in der Art der 15 Zeichen unter sich die engste Verwandtschaft. Eine vierte Gruppe, welche haupt|sächlich durch das dem 12. Jahrhundert angehörende westfrz. Gedicht von den Quinze Signes (cf. Gröber's Grundriß für Rom. Phil. II, 691) vertreten wird, fügt nicht weniger als acht neue Zeichen hinzu, zieht andere Zeichen zusammen oder läßt sie weg und hat eine vielfach abweichende Reihenfolge von den zuerst erwähnten Gruppen. Jene berufen sich gleich im Anfang auf den Heil. Hieronymus — und nur auf diesen — als ihren Gewährsmann, das afrz. Gedicht beruft sich mitten im Text auf Augustin und erst an einer zweiten Stelle wird Hieronymus, aber in Gemeinschaft mit anderen genannt

(cf. Saint Gregoire avec saint Jheroime, Saint Ambrose avec saint Augustin Tesmoignent etc.).

Übrigens ist weder über die Beteiligung des Hieronymus noch über die des Ambrosius und Gregor etwas bekannt. Jedenfalls liegt aber ein tiefgehender und offenbar schon von den Quellen herrührender Gegensatz zwischen dem afrz. Gedicht und den übrigen Gruppen vor.

Auf das frz. Gedicht führte zuerst Mätzner und ihm folgend Noelle die me. Version unseres Ms. zurück; Brandl macht Grdr. II, p. 627 demgegenüber die unbegreifliche Bemerkung, daß dieselbe sicher bloß auf lat. Vorlage, auf Petrus Comestor, beruhe. Hat denn Brandl die so leicht zugängige Fassung Comestors überhaupt vor Augen gehabt, als er dies nieder|schrieb? Das me. Gedicht, wenn es auch mit seiner Vorlage frei genug umspringt, hat ganz unverkennbar die charakteristischen

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Zeichen und die selbständige Anordnung des afrz. Gedichtes, und von diesem ist Comestor, wie oben nachgewiesen, grund|verschieden. Es ist auch ziemlich zweifellos, daß die Vorlage unseres engl. Gedichtes nicht eine lat., sondern eine französische war. Wie wollte man sonst wörtliche Übereinstimmungen mit dem frz. Gedichte (gedruckt bei Pallustre: Adam, mystère du XII. siècle), wie die folgenden, beurteilen:

Þat al þing nou sal suffri tene Line V. 32 Que tote rien soeffre dolor Þe first tokning sal be þusse ... Line V. 33 And þat oþer sal be wors Li premiers jors iert tot reals Mes li secund serra plus mals. Þe eiȝt dai so is dotus ... Line V. 113 Ful of tene and angus Li octimes serra dotos Sor toz ices molt anguisos Þe .IX. tokin sal be þus ... Line V. 129 Ouer al þat oþer sal deuers(!) Li novismes sera divers E de toz signes mult dispers Þer nis no seint in heuen abow Line V. 145 In al god is ferred Qu'il n'est nul saint qui tant seit chier El ciel empres son criatur Louerd, ȝif vs ur herbergi Line V. 167 Rent nos nostre herbergerie

Andererseits verfährt der englische Dichter in seiner Reim|predigt sehr frei mit seiner Vorlage: er ändert oft willkürlich, er setzt hier und da auch Zeichen hinzu, die ihm vielleicht aus anderen Quellen geläufig sein mochten, zumal aber kürzt oder unterdrückt er, wohl mit Rücksicht auf sein Publikum, die lang ausgeführten Stellen. So fehlt in dem me. Fragment der Blutregen des ersten Zeichens, im vierten wird die Sonne rot, in der Vorlage der Mond, im neunten sprechen die Himmel (þe skeis), in der Vorlage die Flüsse. Nicht in der Vorlage, aber aus anderen Fassungen wohl bekannt ist im zweiten

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Zeichen, daß die Menschen wie unsinnig hin und her laufen und die Toten auf den Gräbern sitzen, im siebenten das Bluten der Bäume, im achten, daß das Meer aufrecht wie eine Mauer steht (Comestor etc.: sicut murus). Ganz willkürlicher Zusatz ist wohl, daß im 12. Zeichen die vier Elemente Jesu anrufen. Es wäre ja denkbar, daß dem me. Dichter eine von der erwähnten abweichende afrz. Fassung vorgelegen hätte, wesent|liche Unterschiede aber scheinen zwischen den zahlreichen Hss. des afrz. Gedichtes nicht zu herrschen, und lieber als eine verloren gegangene Quelle möchte ich selbständige Änderungen annehmen, die der predigende Bettelmönch sich seinem Publikum gegenüber schon erlauben durfte und für die er ja auch andere Gewährsmänner hätte beibringen können. So fügt auch der ebenfalls dem afrz. Gedichte folgende Cursor Mundi im Anfang eine Stelle ein, die seiner Quelle fremd, aber für Adso und Comestor charakteristisch ist; cf. 22441: Als Ierome sais ... he fand in þe bok o Iuus (Adso, Comestor: invenit Hieronymus in annalibus Hebraeorum).

Zum Schluß möge eine Aufzählung der vielfachen me. Fassungen folgen, nach Gruppen geordnet, da die seinerzeit von Noelle gegebene sehr dankenswerte Liste nicht immer zugängig und veraltet (1879) ist, zumal da sich die Zahl der Versionen um einige neu anfgetauchte vermehrt hat.

I. Dem afrz. Gedichte des 12. Jahrhunderts folgen:
1.
XV signa ante iudicium, Ms. Harl. 913, Fragment (cf. oben).
2.
Les XV singnes de domesday, Ms. Digby 86, ed. Stengel, Fragment.
3.
Ms. Cambr. Univ. Ff. II, 38, ed. Varnhagen, Anglia III, 534 (noch nicht bei Noelle).
4.
Ms. Cott. Cal. A II, ed. Varnhagen, Anglia III, 543 (noch nicht bei Noelle), schließt sich ziemlich eng an die Version des Digby-Ms. an.
5.
Cursor Mundi, V. 22427-22710. (Hier fügt Noelle falsch ein als Nr. 6: Anticrist and the Signs before the Doom, Ms. Cott. Vesp. A III, ed. Morris, Ebert's Jahrbuch V, 191; identisch mit Nr. 5).
6.
XV signa ante diem Judicij, Ms. Cambr., Trin. Coll. B 11. 24, ed. Furnivall, EETS. 24, p. 118. (Von Noelle übersehen).

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II. Beda (Adso) folgt:
7.
Pricke of Conscience, V. 4738-4817.
III. Comestor folgen:
8a.
Metrical Homilies, ed. Small, p. 25. Der eigentliche Bericht beginnt: Sain Ierom telles that fiften ... und enthält 44 Verse.
b.
Die ausführlichere Version des Ms. Harl. 4196, noch un|gedruckt, mit manchen Änderungen, enthält 58 Verse.
9.
Saint Ieremie (= Jerome) telleþ etc. Ms. Laud 622, ed. Furnivall, EETS. 69, p. 92.
10.
Nowe XV signes, while I have space etc., gedr. Wright, Chester plays II, p. 147, enthalten in dem Stück Ezechiel.
11.
The fiffteene toknys aforn the doom, Ms. Harl. 2255, gedr. von Wright, Chester plays II, p. 222.
IV. Nur sieben Zeichen enthält:
12.
Debate of the Body and the Soul, Ms. Harl. 2253, ed. Böddeker; Ms. Digby 86, ed. Stengel.

XV signa ante iudicium.
Þe grace of Iesu fulle of miȝte [folio 20] Line 1 Þroȝ prier of ure swete leuedi Mote amang vs nuþe aliȝte And euer vs ȝem and saui.
Man and woman, þou aȝtist tak gome, Line 5 Þis world is ending how hit ssal be, Þe wondres þat sal com befor þe dome, Þat ȝung and old hit sal ise.
Þe .XV. tokingis ichul ȝou telle, Line 9 As us techiþ Ysaie; Þe holi gost him taȝt ful welle, And he hit prechid for profecie.
Hit is iwrit in holi boke, [folio 20b] Line 13 As clerkis hit mow se and rede,

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Þat no þing no man mai loke Þat is so grisful forto drede.
Þer nis aliue so sinful man, Line 17 If he þer of wold tak kepe, And he wold þench apan, Þat nold wel sore in herte wepe.
Godmen, takiþ nou gome Line 21 Of tokninges þat commiþ bifor, Þe children wiþ in þe moder wome Wel sore sul dute and drede þer for.
Wiþ in þe moder wom hi sul grede Line 25 Vp Iesu Criste euer to crie: Louerde Crist, þou red vs rede, And of vs þou hab mercie.
We wold, louerd, þat we ner Line 29 In world icom forto bene And vnbeȝet of ure fader wer, Þat al þing nou sal suffri tene.
Þe first tokning sal be þusse, Line 33 Al for soþ we sul hit see, And þat oþer sal be wors, For soþ ȝe mou wel liue me.
Þe sterris þat þou sest so briȝte, Line 37 In heuen aboue þat sit so fast, For man is sin sal ȝiue no liȝt, Ac sal adun to erþe be cast.
As fair and briȝte as þou seest ham, Line 41 Hi worþ becom as blak as cole And be of hiwe durke and wan, For man is sin þat hi sul þole.
Þer nis aliue so stidfast man [folio 21] Line 45 Þat þer of ne sal agrise, Him to hide he ne can No whoder to fle, in none wise.

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Bot as bestis þat wer wode Line 49 Aȝe oþir to erne, her and þare; Forþi hi ne sul can no gode, See no lond hi ne sul spare.
Þan þe dede up sal arise, Line 53 Up har biriles forto sitte, Of þilk dai hi sul agrise And lok as bestis þat cun no witte.
Þe þrid dai þan amorow Line 57 Grisful hit sal be to loke Of moch weping and of sorow, As we fint in holi boke.
Þe sone þat nov schiniþ so briȝt Line 61 Þilk dai þou salt ise, Wel grene and wan sal be is liȝt, And þat for dred so hit sal be.
Abute þe time of middai Line 65 He worþ as blak as þe cole, We mov sigge wailawai, Moch is þe pine þat we sul þole.
Þe ferþ dai þat silf son Line 69 Worþ as rede, as hit wer fire, For ferd of dome, þat he sold come Bifor Iesus, þe heiȝ sire.
Þe fifte tokning þat sal befal, Line 73 Þat allirkin maner beste Wel sore hi sul quak wiþ al, Wil þat ilk dai sal lest.
Towar[d] heuen behold sul hi Line 77 Wiþ har mund and wiþ har þoȝt Of Iesu Crist merci to cri, Þoȝ þat hi ne mou spek riȝt noȝt.
Alas, louerd, wat sul we tak, Line 81 We þat abbiþ sin iwroȝt?

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Niȝt and dai we aȝt sore quake, Whan we it sold þench in ure þoȝt.
Þe sixte dai ne lef ich noȝt, Line 85 Wan þes montis and þes hille — Al for soþ hit wurþ ibroȝt Þes depe dalis forto fille.
Þer nis castel no ture none Line 89 þat euer was no be salle, Imakid was of lime and ston Þat ne sal adun to-falle.
No no tre in erþ so fast Line 93 Mid al har rotis so fast ipiȝt, Þat ne sal adun to-berst Þilk silue dai, er hit be niȝt.
Þe sefþe dai hi sal grow aȝe, Line 97 Har crop adun, har rote an hei. Such wondris we sul ise, For god is wreþ þat sit an hei.
Þe tren sul blede, a wonder þing, Line 101 Þe þing þat bodi no flesse naþ non, For dred of þe heuen king Vnkundlich þing ded sal don.
Þan sal dei boþe pouer and riche, Line 105 Ne sal þan þer wiþstond no þing, Al we sul ben ilich, Boþe kniȝt and barun, erl and king.
Ne sal þer help castel no ture, [folio 21b] Line 109 Palfrei, chasur no no stede, No for al is moch honour, Þat he ne worþ wel sone dede.
Þe eiȝt dai so is dotus, Line 113 And þat ful wel þou salt se, Ful of tene and angus Al þis dai so sal be.

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Al þe see sal draw ifere, Line 117 As a walle to stond upriȝt, And al þos watris þat beþ here Sal cri merci up god almiȝt.
Þe fissis þat beþ þer in iwroȝt — Line 121 Þe see so hard sal ham todriue Þat hi wol wene in her þoȝt Þat god of heuen nis noȝt aliue.
Þan þe see sal draw aȝe Line 125 Into þe stid, þer hit was, And euch uerisse watir þan sal he Becom to is owin plas.
Þe .IX. tokin sal be þus, Line 129 Þe wonderis þat worþ þilk dai Ouer al þat oþer sal deuers, Wate hit is ich ȝow tel mai.
Þe holi man telliþ, seint Austin, Line 133 Þat þe skeis so sal spec þan, Wan al þing so sal hab fine, In steuen, as hit wer man.
Hi sul grede lude wiþ al Line 137 In uois of man up god to cri, As heuen and erþe sold to-fal: God and man, nouþ merci.
Louerd, merci of miȝt, Line 141 Nouþ is al ur time ispend, For sinful man is ein siȝt Ne let us neuer ben ischend.
Þer nis no seint in heuen abow Line 145 In al god is ferred, Þat þer of ne sal amoue And of þilk tokin be aferd.
Þus vs telliþ seint leronime Line 149 And seint Gregori al so

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Þat þan sal quake seraphin And cherubin, þat beþ angles two.
Þer nis in heuen angil iwis Line 153 Þat to oþer sal hab spech, So sore iworþ adrad iwis Of Iesus Crist is gremful wreche.
Al þe fendis þat beþ in hel, Line 157 Wiþ grete din hi wol com þan, Har mone þou salt hire ful wel, Hou hi sul cri to god and man.
O, man and womman, þou take hede, Line 161 Hou þe fentis sul men har mone, Wel aȝtist þe fair to lede, Wile þou art in þis wreche wone.
Vp Iesu Crist hi sul cri Line 165 Wiþ such a steuen of pine and wo "Louerd, ȝif vs ur herbe[r]gi, Aȝe to helle let us neuer go.
Þe .XI. dai fure windis sul rise, Line 169 And þe reinbow þan sal fal, Þat al þe fentis sal of agris And be ifesid in to helle.
For wolny nulni hi sul fle Line 173 And þat in to þe pine of helle, Maugrei ham þer hi mot be Wiþ duble pine þer in to dwel.
Þe .XII. dai þe fure elemens sul cri Line 177 Al in one heiȝ steuene: Merci Iesus, fiȝ Mari, As þou ert god and king of heuene.

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