Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.

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Title
Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253.
Author
Boeddeker, Karl, ed. 1846-
Publication
Berlin,: Weidmann,
1878.
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Subject terms
English language -- Grammar
English poetry
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"Altenglische dichtungen des ms. Harl, 2253." In the digital collection Corpus of Middle English Prose and Verse. https://name.umdl.umich.edu/AFY7793.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 19, 2024.

Pages

IV. Klage über das Verfahren der geistlichen Gerichtshöfe.

In dem Zeitraume von 1221-1226 hatten sich die Franziska|ner und Dominikaner in England niedergelassen. Die Inhaber der geistlichen Stellen und die Mönche der reichen Klöster erfüllte ihr Kommen mit grossem Aerger, während sie ihrerseits diese als Schlemmer mit Verachtung straften. Sie wollten das unter dem Formenwesen des damaligen Gottesdienstes erstarrte kirchliche Inter|esse neu beleben und ihre Wirksamkeit nach Kräften auf alle socia|len

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Schäden des Volkes ausdehnen. Auf den Strassen und Markt|plätzen reichten sie dem Volke die geistliche Speise dar. Ihr Vor|trag war volksthümlich und anregend, nicht selten mit kräftigen Witzen gesalzen. Um mitten unter dem Volke zu sein und um so eingreifender nach allen Richtungen hin wirken zu können, liessen sie sich in den clendesten Stadtvierteln nieder. Nicht nur die He|bung der sittlichen Zustände lag ihnen am Herzen, auch den Be|drückungen und Ungerechtigkeiten, unter denen der gemeine Mann zu seufzen hatte, wirkten sie kräftig entgegen. — Wenn sie keine Bedenken trugen, auch gegen die übrige Geistlichkeit als Wider|sacher aufzutreten, so erklärt sich das aus dem Obigen hinreichend. Eine auf zuverlässige Quellen gestützte Schilderung dieser Zustände findet sich bei J. R. Green, A short history of the English people. — Wenn wir beobachten, dass seit der Mitte des 13. Jahrhunderts der fahrende Kleriker nicht mehr, wie früher, ausschliesslich der Erotik und den religiösen Empfindungen seine Lieder widmet, dass er von jetzt ab auch in den Dienst der nationalen Interessen tritt, wie das Volk sie auffasste, dass er den nationalen Errungenschaften den patriotischen Gefühlen, den socialen Leiden in volksthümlich derbem Tone poetischen Ausdruck giebt, so dürfte diese Erschei|nung mit der neuen Lebensregung, welche auf religiösem, politi|schem und socialem Gebiete durch die Thätigkeit der Bettelmönche hervorgerufen worden war, in innigster Beziehung stehen.

Die Strophe des nachfolgenden Liedes, in welchem wieder ein fahrender Kleriker seiner Entrüstung über einen Schaden der Zeit Luft macht, ist kunstvoll aufgebaut. Der zwölfzeilige Aufgesang ist vierfach regelmässig gegliedert und durch die Reimverknüpfung der kurzen Schlusszeilen der einzelnen Glieder zu einem fest ge|schlossenen Ganzen gestaltet. Der Abgesang, der in Folge der Reim|verbindung der umschliessenden Verse 1, 2 und 6 ebenfalls zu einem Ganzen abgerundet erscheint, ist durch den Stabreim mit seinem Aufgesange verknüpft. Die Langzeile führt uns wieder den bekann|ten epischen Vers vor, die Kurzzeile entspricht der Hälfte desselben, der Schlussvers enthält nur zwei Hebungen. — Der Versbau ist im ganzen regelmässig, die Alliteration sorgfältig. Einzelne Unregel|mässigkeiten sind in den episch-lyrischen Liedern der Kleriker nie vermieden. — Die Schilderung ist lebhaft und anschaulich, die

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Sprache lässt den des Wortes und des Verses kundigen geschulten Dichter erkennen, der den Ton des Volkes geschickt zu treffen weiss. Die Stimmung des Liedes entspricht der, welche die beiden voran|gehenden Lieder durchwehte.

Neben den Formen des südländischen Dialektes, welche die Regel bilden, zeigen sich auch mittelländische Formen (z. B. sayen) und nordhumbrische (biledes u. s. w.); ferner ist die Abwesenheit von Verbalformen mit dem Präfixe y (i) auffällig. Vielleicht haben wir die Heimath dieses Liedes an der Grenze des nordhumbrischen und ostmittelländischen Dialektes zu suchen. Die Handschrift würde uns die Uebertragung des Originals in den südlichen Dialekt vorführen.

Wright, Pol. Songs, pag. 155.

[folio 70b] Ne mai no lewed lued libben in londe, Line 1 be he neuer in hyrt so hauer of honde, So lerede vs biledes. ȝef ich on molde mote wiþ a mai, y shal falle hem byfore & lurnen huere lay, Line 5 ant rewen alle huere redes. ah bote y be þe furme day on folde hem byfore, [on folde, ms. "on felde"; vgl. G. L. I, 42. Einen mehr befriedi|genden Sinn würde geben "on fote".] ne shaly nout so skere scapen of huere store; so grimly he on me gredes, þat y ne mot me lede þer wiþ mi lawe; Line 10 on alle maner oþes [þat] heo me wulleþ awe, [þat wird zu elidiren sein.] heore boc ase on bredes. heo wendeþ bokes on brad, [12, 13. on bredes; on brad, ms. vn bredes; vn brad.] ant makeþ men a moneþ a mad; [a mad, a ist Präfix.] of scaþe y wol me skere, Line 15 ant fleo from my fere; ne rohte hem whet yt were, [whet yt were, "wie sich die Sache verhielt."] boten heo hit had. [had = hat (hateþ)? "Wenn sie es nur befiehlt" (dass man sie mit mir ehelich verbinden solle)? vgl. v. 71.]

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ffurst þer sit an old cherl in a blake hure, of alle þat þer sitteþ semeþ best syre, Line 20 ant leyþ ys leg o lonke. an hemed in an herygoud wiþ honginde sleuen, [an hemed (besser "an hamed"), ms. an heme.] & mo þen fourti him by fore, my bales to breuen, In sunnes ȝef y sonke. [sonke, ms. songe.] heo pynkes wiþ heore penne on heore parchemyn, [pynkes, ms. þynkes.] Line 25 ant sayen, y am breued and ybroht yn. of al my weole wlonke! [Da die Worte "of al my weole wlonke" sich weder mit dem vorangehenden, noch mit dem nach|folgenden Satze verbinden lassen, so werden sie als etwas Selbständiges, als klagender Ausruf aufzufassen sein, in welchem "of" Adverbium sein würde: "Hin (ist) all mein herrlicher Besitz.] alle heo bueþ redy myn rouþes to rede; þer ymot for menske munte sum mede, ant þonkfulliche hem þonke. Line 30 shal y þonke hem þer er y go? [þer er y go", "ehe ich dorthin gehe"; "Soll ich ihnen schon vor der Verhandlung durch ein Geschenk meinen Dank aussprechen?"] ȝe, þe maister ant ys men bo. ȝef y am wreint in heore write, þenne am y bacbite, for moni mon heo makeþ wyte Line 35 of wymmene wo.
ȝet þer sitteþ somenours syexe oþer seuene, mys motinde men alle by here euene, ant recheþ forþ heore rolle. hyrdmen hem hatieþ, ant vch mones hyne, Line 40 for eueruch a parosshe heo pelteþ in pyne, [pelteþ, ms. pelkeþ.] ant clattreþ wiþ heore colle. [clattreþ, ms. clastreþ.] [In "colle" wird man den dat. sg. von "cal" zu sehen haben, welches Wort hier graphisch in Einklang gebracht worden ist mit seinen Reimwörtern "rolle" und "nolle". Vgl. "That none of ye clatter ne calle", Mätzner, Wb. 420.] Nou wol vch fol clerc þat is fayly, Wende to þe bysshop ant bugge bayly;

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nys no wyt in is nolle! Line 45 come to countene court, couren in a cope, ant suggen he haþ priuilegie proud of þe pope, swart ant al to swolle. ["swart" und "to swolle" (stolz, aufgebläht?) sind beide als Attribute zum Subjekte "he" zu betrachten, vgl. v. 70.] aren heo to swolle for swore? ["Sind sie meineidig, indem sie so aufgebläht sind?" d. h. haben sie die Machtvoll|kommenheit, welche sie sich beilegen, vielleicht vom Papste gar nicht er|halten?] ȝe, þe hatred of helle beo heore! Line 50 forþer heo beodeþ of boke to sugge ase y folht toke; [to sugge ase y folht toke, d. h. das Glaubensbekenntniss aufzusagen, welches ja bei der Taufe recitirt wird. Der Dichter will hier|mit bezeichnen, dass sie ihr ungerechtes, auf Erpressung abzielendes Ver|fahren in die gravitätische Form einer ernsten, religiösen Handlung ein|kleiden.] heo shulen in helle on an hoke honge þere fore.
þer stont vp a ȝeolumon, ȝeȝeþ wiþ aȝerde, [ȝeȝeþ wiþ aȝerde, "schreit mit einer Gerte in der Hand"; unter der Gerte hat man sich das Zeichen der Amtsgewalt vorzustellen.] Line 55 ant hat out an heh, þat al þe hyrt herde, ant cleopeþ "Magge" ant "malle"; ant heo comeþ bymodered ase a morhen, ant scrynkeþ for shome, & shomeþ for men, vncomely vnder calle. Line 60 heo biginneþ to shryke, & scremeþ anon, ant saiþ: "by my gabbyng, ne shal hit so gon, ant þat beo on ou alle, [ant þat beo on ou alle, "und das sei auf euch alle herabgespro|chen", das merkt euch alle.] þat þou shalt me wedde & welde to wyf." [welde. Da dieses Verbum nicht nur "regieren, beherrschen", sondern auch "besitzen" bedeutet, so ist die An|nahme eines Irrthums (welde für wele) nicht absolut geboten.] ah me were leuere wiþ lawe leose my lyf, Line 65 þen so to fote hem falle. shal y to fote falle for mi fo? ȝe, monie byswykeþ heo swo.

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of þralles y am þer þrat, þat sitteþ swart & for swat; Line 70 þer y mot hente me an hat [an, ms. en. — hat, vgl. v. 18.] er ich hom go.
Such chaffare y chepe at þe chapitre, þat makeþ moni þryue mon vn ponkfol to be, [vn þenkfol, ms. vn þen|fol.] wiþ þonkes ful þunne: Line 75 ant seþþe y go coure at constory, ant falle to fote vch afayly, henne is þis worldes wynne, [henne, ms. heore.] seþþen y pleide at bisshopes plee. ah me were leuere be sonken y þe see, Line 80 In sor wiþ outen synne! at chirche ant þourh cheping ase dogge y am dryue, þat me were leuere of lyue þen so forte lyue, to care of al my kynne. atte constorie heo kenneþ vs care, Line 85 ant wissheþ vs euele & worse to fare. [wissheþ, ms. whissheþ.] a pruest proud ase a po seþþe weddeþ vs bo; wyde heo worcheþ vs wo for wymmene ware. Line 90
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