Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

466 H. Staigmüller: b den Wert a +- + für die wirkliche Wurzel aus (a2 + b) gehalten.90) Doch nicht nur aus dieser und noch einer ganzen Reihe anderer Stellen geht unzweideutig hervor, dafs SCHEUBEL den Näherungscharakter des von ihm gelehrten Verfahrens kannte, sondern bei der Darlegung jenes Verfahrens selbst im fünften Traktate schreibt SCHEUBEL ganz unzweideutig: "idc demnonstrat propositae quantitatis radicem utcunque atque proximam," 91) und hier endlich nennt SCIIEUBEL auch die Quelle, welche er im ersten Traktate so oft citiert:,,Algorithmus demonstratus incerti autoris." 92) Es handelt sich also hierbei augenscheinlich um dasjenige Werk, welches JOHANNES SCHÖNER im Jahre 1534 unter eben diesem Titel nach einem Manuskripte REGIOMONTANS bei PETIEJUS in Nürnberg herausgab93), und als dessen Verfasser mit höchster Wahrscheinlichkeit JORDANUS NEMORARIUS nachgewiesen ist.94) Bei aller Verschiedenheit der STIFEL'schen und SCHEUBEL'schen Darstellung des Wurzelausziehens bieten beide doch manche auffallende Berührungspunkte dar, so dafs sich die Frage nicht umgehen läfst: wie ist dieses teilweise Übereinstimmen zu erklären? Die Antwort auf diese Frage mufs unbedingt dahin lauten: dadurch, dafs beide aus den gleichen Quellen schöpften. Schon die so nahe bei einander liegenden Datierungen beider Werke lassen eine tiefgehende Abhängigkeit des jüngeren vom älterern kaum annehmen, erschien doch das STIFEL'sche Werk im Jahre 1544 in Nürnberg, während das ScHEUBEL'sche Werk schon im Mai 1545 seine Leiziger Druckerei verliefs, und zwar als Erstlingswerk eines damals noch völlig unbekannten Tübinger Magisters, dessen Manuskript sicher nicht noch feucht schon einen Drucker fand. Noch mehr aber spricht eine eingehende Vergleichung beider Werke gegen die Annahme einer Abhängigkeit des einen vom andern. So weifs z. B. das STIFEL'sche Werk bei der Lehre vom Wurzelausziehen95) nichts von jener ScHEuBEL'schen Formel für die nte Wurzel aus (an + b), und doch setzt diese Formel eine eingehende Kenntnis der Binomialkoeffizienten voraus, welche SCHEUBEL deshalb nicht wohl erst dem STIFEL'schen Werke entnehmen konnte. Ebenso tritt überall bei 90) Vergl. TREUTLEIN, das Rechnen etc. p. 67. 91) "Dies zeigt die Wurzel der vorgelegten Gröfse, soweit dies immer möglich ist, und zwar eine sehr nahe". (Vergl. fol. d, 5r.) 92) Vergl. fol. d, 6v. 93) Leider konnte ich dieses Werk zur Vergleichung weder auf der Stuttgarter noch auf der Tübinger Bibliothek erhalten. 94) Vergl. CANTOR, Gesch. der Math. II. p. 58 und 563. 95) Dagegen legt STIFEL an einem andern Orte ein Verfahren zu Grunde, das von dem Gedanken ausgeht j/a2 + b ~ a + b- Vergl. Arith. integ. fol. 209v. 2 c

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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