Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

442 H. Staigmüller: werden, wie überall damals, friedlich nebeneinander mit gleich hohem Lobe bedacht. Doch darf uns dies nicht auffallen, ging ja SCHEUBEL - wie eben aus der Vorrede nicht unschwer zu entnehmen ist - von der damals ganz allgemein verbreiteten Ansicht aus, dafs nur die Lehrsätze "des EUKLID" auf EUKLID selbst zurückzuführen seien, dafs aber die beigegebenen Beweise ein geistiges Eigentum dieses oder jenes Herausgebers "des EUKLID" darstellen, eine Ansicht, von welcher Spuren sogar schon im Altertume vorzuliegen scheinen. Als die besten "demnonstratores" der "Geometrie des Megarenser44) EUKLID" nennt SCHEUBEL unter den griechisch schreibenden THEON und HYPSIKLES, unter den lateinisch schreibenden CAMPANUS und ZAMBERTI. Verdienen dieselben durch ihre Leistungen auch das ihnen gespendete hohe Lob, so machen sie sich doch -nach SCHEUBEL - dadurch eines Fehlers schuldig, dafs sie bei ihren Beweisen zur Bezeichnung von Punkten etc. Buchstaben verwenden. Dadurch sollen sie sich nicht nur in einen Gegensatz zu Euklid stellen, der ja seine Lehrsätze ohne jenes Hilfsmittel aussprach, sondern auch die Aufgabe von Lehrer und Schüler erschweren, indem sie ein Element hereinziehen, das nicht blofs überflüssig ist, sondern auch verwirrend wirkt. ~Kürzer und klarer" sei es, eine Sache durch die ihr direkt zukommenden Bezeichnungen dem Hörer vorzuführen, als durch Buchstaben, die sich derselbe erst lange zusammensuchen mufs, und die in keinem inneren Zusammenhange mit der Sache stehen. Dementsprechend verzichtet SCHEUBEL konsequent auf jede Buchstabenbezeichnung in Figur und Text, und sieht darin denjenigen Vorzug, der in erster Linie für den Wert seiner Euklidausgabe bestimmend ist, und sie vor allen andern auszeichnet. SCHEUIEL betont ausdrücklich, dafs er nicht nur als Lehrer mit dieser seiner Methode die allerbesten Erfahrungen gemacht habe, sondern auch seine Schüler hätten ihn versichert, dafs sie auf diesem Wege ungleich leichter und angenehmer ihr Ziel erreicht hätten, als auf dem gewöhnlichen. Als Beispiel, wie SCHEUBEL seine Methode durchführt, mögen aus dem Beweise des pythagoreischen Lehrsatzes diejenigen Stellen hier wiedergegeben sein, durch welche die bekannten Hifslinien festgelegt werden:,Demittatur ab angulo trianguli recto, tanquam d puncto dato, super suam subtensam,... linea perpendicultaris, atque 7haec ad latus usque oppositum per quadratzut continuetur, et erit qutadratum lateris, angulum rectum subtendentis, in duo parallelogramrma diuisum, quorum..... Demittantur ab angulo trianguli recto, ad remotiores ab eo duos qzuadrati iam diuisi angulos, duo rectae 44) Ganz allgemein wurde damals der Geometer EUKLID mit dem mehr als 100 Jahre älteren Philosophen und Schüler des SOKRAT.S, dem Megarenser EUKLID verwechselt, eine Verwechslung, welche sich schon im klassischen Altertume nachweisen läfst.

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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