Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

426 Paul Stäckel: theorie geführten Beweis, dafs die Winkel eines Dreiecks nicht > 2R sein können, die Winkel eines sphärischen Dreiecks aber > 212 sein müssen, dankbar annehmen und zu einer vollständigen Begründung der Parallelentheorie für die Ebene benutzen sollen. Die Frage kann nur die sein, ob man etwa die Ebene als den Zielpunkt ansehen dürfe, dem sich eine Kugelfläche, wenn ihr Halbmesser wächst, nähert, so dafs die Abweichung kleiner werden kann, als jede gegebene Abweichung, und ob man, dafs eine solche unendliche Annäherung stattfindet, ohne Hülfe des lte'l Grundsatzes des EUCLIDES oder eines aequivalenten Satzes beweisen könnne39). Dafs eine solche unendliche Annäherung wirklich statt findet, wird wol niemand im Ernst bezweifeln; schon die gemeine Betrachtung, wonach man ein Stück der Erdoberfläche, das man mit einemmale übersehen kann, für eben zu halten geneigt ist, leitet darauf. Aber ich leugne, dafs sich ein strenger, kunstmäfsiger Beweis ohne schon begründete Parallelentheorie geben lasse. Denn solcher Beweis lmüfste etwa auf folgende Punkte hinauslaufen. Es sei aus dem Puncte C der unbegrenzten Linie AB Fig. 40 ein nach D unbegrenztes Perpendikel CD errichtet. Man schneide nun von CD ein beliebiges Stück CE' ab, beschreibe aus E durch C einen Kreis, und lasse nun die ganze Zeichnung sich um /JF> /;~,die feststehende Linie CD drehen, so ist klar, dafs die Kreisperipherie eine Kugelfläche, die Linie AB aber eine die KugelC ____ fläche berührende Ebene beschreiben werde. Schneidet man von CD ein gröfseres Stück ab, so erhält man eine Kugelfläche, welche der berührenden Ebene näher -~~B G\~ ~kommt. Wollten wir nun beweisen, dafs Fig. 40. die Kugelfläche sich der Ebene so sehr nähern kann, dafs die Abweichung kleiner wird, als jede gegebene Abweichung, so müfsten wir auch beweisen können, dafs der Kreis sich auf dieselbe Art der geraden Linie AB nähern könne, oder, mit andern Worten, dafs die Entfernung eines Punctes der Peripherie von der geraden Linie AB, in jeder gegebenen Höhe über CD, kleiner werden könne als jede gegebene Gröfse. Aber so lange die Parallelentheorie nicht begründet ist, bleibt es zweifelhaft, ob nicht eine Curve FCG statt finde, welche auf derselben Seite der Linie AB liegt, als der Kreis, und welche AB in C berührt, und welcher sich der Kreis, wenn sein Halb39) Mit genau denselben Gedanken hatte sich schon LAGRANGE beschäftigt und ebenfalls dessen Undurchführbarkeit erkannt; siehe P. Th. S. 211-212.

/ 897
Pages

Actions

file_download Download Options Download this page PDF - Pages 422-441 Image - Page 422 Plain Text - Page 422

About this Item

Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
Canvas
Page 422
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

Technical Details

Link to this Item
https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001
Link to this scan
https://quod.lib.umich.edu/u/umhistmath/acd4263.0003.001/665

Rights and Permissions

The University of Michigan Library provides access to these materials for educational and research purposes. These materials are in the public domain in the United States. If you have questions about the collection, please contact Historical Mathematics Digital Collection Help at [email protected]. If you have concerns about the inclusion of an item in this collection, please contact Library Information Technology at [email protected].

DPLA Rights Statement: No Copyright - United States

Manifest
https://quod.lib.umich.edu/cgi/t/text/api/manifest/umhistmath:acd4263.0003.001

Cite this Item

Full citation
"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 1, 2025.
Do you have questions about this content? Need to report a problem? Please contact us.