Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

418 Paul Stäckel: selben Rang wie GAUSS, LOBATSCHEFSKIJ und J. BOLYAI zuerkennen zu wollen, denn bei TAURINUS vermifst man vor allem diejenige Freiheit der Auffassung der "neuen Geometrie", zu der aufser den eben genannten Forschern auch sein Onkel SCHWEIKART gelangt war. Anders lautete das Urteil der Zeitgenossen. ~In der Periode von 1780-1830 waren alle Beweisversuche [für das elfte Axiom] gescheitert, und man war schliefslich dahin gelangt, die Beschäftigung mit der 'berüchtigten' fünften Forderung als Vorrecht unklarer Köpfe anzusehen und mit den Bemühungen um die Quadratur des Kreises auf eine Stufe zu stellen. Dieses Vorurteil war so stark, dafs, um mit HOiÜEL zu reden, selbst ein Mann von so imposanter Autorität wie GAUSS mit seinen Untersuchungen nicht hervortrat, weil er das Geschrei der Boeoter scheute'."31) Die Anerkennung, auf die TAURINUS bei den Mathematikern von Fach gehofft hatte, blieb aus. Augenscheinlich hatte TAURINUS die klare Erkenntnis, welch' wesentlichen Fortschritt in der Parallellentheorie seine Elementa bedeuteten. Um so gröfser war seine Enttäuschung, und in Unmut und Bitterkeit hat er den Rest der auf seine eigenen Kosten gedruckten Auflage der Elementa den Flammen überliefert32). Von seiner Stimmung in der folgenden Zeit giebt ein Brief Zeugnis, den er am 29. Dezember 1829 an GAUSS richtete: Euer Hochwohlgeboren werden es einem lebhaften wissenschaftlichen Eifer, sowie dem unbegränzten Vertrauen, mit welchem mich Ihre unsterblichen Verdienste stets erfüllt haben, zu gute halten, wenn ich mich aufs neue mit einer dringenden Bitte an Sie wende: denn Sie erinnern Sich ohne Zweifel, dafs ich schon einmal vor längerer Zeit Ihr Urtheil zu erfahren wünschte über einen Gegenstand, der mich damals lebhaft beschäftigte, nemlich die Theorie der Parallellinien. Sie hatten damals die Güte mich mit einer baldigen Antwort zu erfreuen und mir sehr interessante und belehrende Mittheilungen zu machen, deren Werth ich sehr wohl erkenne: dabei behielten Sie Sich aber vor, von denselben "keinen öffentlichen oder zur Öffentlichkeit führenkönnenden" Gebrauch zu machen. Da ich nun seitdem doch zwei Versuche über diesen 31) P. Th. S. 239. 32) So kommt es, dafs "die Elementa zu den seltensten Schriften gehören, welche die Bücherkunde aufzuweisen hat", P. Th. S. 251. Die dort gemachten Angaben bedürfen jedoch insofern der Berichtigung, als auch die Königliche Bibliothek in Berlin die Elementa besitzt und als sie in RoGo's Handbuch der mathematischen Literatur, Erste Abtheilung. Tübingen 1830, S. 361 erwähnt werden.

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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