Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

Es ist eine interessante und für manch anderen Zweig der Kulturgeschichte belehrende Thatsache, dafs die Methoden der einfachsten elementaren Rechnungen, die wir heute als einen Gegenstand des ersten Unterrichts zu betrachten gewohnt sind, das Bemühen von Jahrtausenden und unzähliger Geschlechter in Anspruch genommen haben. Wir begegnen auf diesem langen Wege hervorragenden Namen des geistigen Lebens, aber, was vielleicht noch mehr sagen will, die praktische Bedeutung der Sache, die der Wissenschaft wie dem gemeinen Leben stündlich sich aufdrängende Notwendigkeit, mit Zahlenaufgaben auf eine einfache sichere Art fertig zu werden, hat die stete Anteilnahme aller Kreise des Volkslebens zu dieser Aufgabe herangerufen. Frühzeitig stellen sich sehr anerkennenswerte Fortschritte auf diesem Gebiete ein, aber es mangelt auch nicht an Rückschritten, und seltsamerweise haben wir einen solchen gerade bei dem Volke zu bemerken, dem die Menschheit ihre wichtigsten Kulturfortschritte verdankt. Die Griechen haben das Rechnen auf dem Rechenbrette höchst wahrscheinlich von den Ägyptern überkommen. HERODOT (2, 36), indem er von den Elementarkenntnissen der Ägypter berichtet und selbe mit denen der Griechen vergleicht, macht die Bemerkung, dafs beide Völker die Schrift und das Rechnen mit den Rechensteinen (XoytsovraL 'rcpo(it) in entgegengesetzter Richtung führen: die Griechen von der Linken zur Rechten, die Ägypter aber umgekehrt. Es ist allerdings die einzige Spur, die wir trotz der zahlreichen Schriftmonumente des bilder- und schreibseligen Kulturvolkes am Nil von diesem Gegenstande, der doch so manchen Anlafs zu bildlicher Darstellung giebt, dort bisher entdecken konnten. Er war mit seinem Apparate, dem mit einem Linienschema versehenen Brette (griechisch ojcß, latein. abacus) und den zugehörigen Steinen, 9ip pot, calculi auch [calculi] abaculi (PLINIUS h. n. 36,199), eine ziemlich schwerfällige, unhandliche Einrichtung, die namentlich auch den grofsen Nachteil hatte, im Bedarfsfalle nicht immer zur Hand zu sein. Aber die Methode ihrer Numeration war ein vollständig -und genau entwickeltes dekadisches Stellensystem, in welchem jede Stelle durch eine Kolumne, den Raum zwischen zwei Linien, dargestellt war und durch Einlage der entsprechenden Anzahl Abh. zur Gesch. d. Mathein. IX. 22

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 1, 2025.
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