Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

Winkelmessungen durch die Hipparchische Dioptra. 203
Zweitens ergiebt sich, dafs der Deckstreifen breiter als 8 Daktylos
gewesen ist. Denn wenn ein Streifen von dieser Breite auf 72 Daktylen
Entfernung eingestellt war, so verdeckte er einen Bogen von ungefähr
0~ 29' 50"; HIPPARCHOS hätte also, um Winkel über 0~ 30' zu messen,
statt einer Dioptra von vier Ellen nur eine solche von drei Ellen gebraucht.
7 5
Also hatte der Deckstreifen eine Breite zwischen - und - Daktylos.
8
Nehmen wir das Mittel = - Daktylos, so verdeckte ein Streifen von dieser
Breite, wenn er auf 86 Daktylen eingestellt war, einen Bogen von ungefähr 0 30', und wenn auf 76 Daktylen, einen Bogen von nahezu 0~ 34'.
Mithin vollzogen sich die für HIPPARCHOS in Betracht kommenden Messungen
innerhalb der vierten, auf der Skala eingetragenen Elle in einer Entfernung
zwischen drei Ellen vier Daktylen und drei Ellen 14 Daktylen. Das war
offenbar eine zweckmäfsige Einrichtung des Instrumentes, und es kommt
3 1
dabei auch noch in Betracht, dafs die Streifenbreite von - Daktylos gleich 3
der Elle war, mithin dieses kleine Mafs durch fortschreitende Halbierung
der Elle möglichst genau dargestellt werden konnte.
Eine sichere Zurückführung des von HIPPARcuos angewendeten Ellenmafses auf neueres Mafs ist leider nicht möglich, da über die verschiedenen
griechischen Längenmafse zwar viele Vermutungen aufgestellt, aber einwandfreie Ergebnisse bisher nicht gewonnen sind. Wir begnügen uns daher mit
der Umgrenzung, dais die HIPPARcHische Elle zwischen den Mafsen der
königlichen ägyptischen und der römischen Elle, d. i. zwischen 0,525 und
0,4436 m, gestanden hat. Das Richtscheit mafs daher zwischen 2,10 und
1,77 m. Ein Daktylos der Skala ist zwischen 21,9 und 18,5 mm und die
Breite des Deckstreifens zwischen 16,4 und 13,9 mm anzusetzen.
Nach PTOLEMAIOS23) sind von HIPPARCHOS auf seiner Dioptra "sehr
viele" verschiedene Stellungen des Deckstreifens beobachtet und daraus verschiedene Werte für die scheinbaren Sonnen- und Monddurchmesser berechnet worden. Doch ist uns von den Ergebnissen dieser Beobachtungen
nur eines zahlenmäfsig überliefert. Er hat gefunden, dafs der Durchmesser
des Mondes nahezu 650 mal in dem Kreise enthalten ist, den dieses Gestirn scheinbar beschreibt24). Damit war offenbar ein Mittel aus ver23) Synt. V 14, S. 417, 20-23. Eine erklärende Übersetzung der Stelle wird
später folgen.
24) PTOLEM. synt. IV 9 (8) z. Anf.: gvyXZQ'oLEvol uzra rbv "l@CZ7eov TZ TZV
Gs6irjvv caXzoG6tciztg LEV acZ 7vvTzovtczix EyylGTav caTaftLElv Ov vb' iov zVx.lov.
Diese Angabe wiederholt PAPP. synag. VI, S. 556, 14 HULTSCH.