Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

144 Siegmund Günther: Gerade damals, als diese Karte entstand - und zwar war um 1461 die Zeichnung vollendet, welche dann noch dreifsig Jahre auf allgemeineres Bekanntwerden warten mufste - weilte auch in Italien jener Mönch NIKOLAUS von Reichenbach (Oberpfalz), welcher als der eigentliche Wiedererwecker des Geographen PTOLEMAEUS im Abendlande geehrt werden mufs. Dieser NIKOLAUS GERMANUS, irrtümlich DE DONIS genannt, war es eben, der die erwähnte Abänderung der konischen Abbildung und die Trapezkonstruktion, wenn dieses Wort gestattet ist, allgemein durchführte66). Wenn wir nun, wie auch RuGE (a. a. 0.) betont, erkennen, dafs die technischen Einzelheiten bei CUSA genau die gleichen wie bei NIKOLAUS GERMANUS sind, so liegt wohl die Vermutung nicht ferne, beide Männer hätten auf welschem Boden Bekanntschaft geschlossen, und der Kardinal, der sich dazumal gewifs schon mit seinem Plane trug, habe bei dem Landsmanne noch einiges gelernt, was ihm bei der Verwirklichung dieser Absicht zu statten kommen konnte. Denkbar wäre selbstredend auch das umgekehrte Verhältnis, dafs der bayerische Mönch erst durch den Kardinal zu seinen kartographischen Arbeiten angefeuert worden und auf die Vereinfachung des ptolemaeischen Kartenbildes hingelenkt worden sei. Übrigens wird man auch der uns bekannten Beziehungen CusAS zu TOSCANELLI eingedenk bleiben müssen, den sein Zeitalter als den ersten Kosmographen pries (LIBRI, Histoire des sciences matihematiqzces en Itacie, 3. Band, Paris 1840, S. 71). Dafs freilich PAULUS FLORENTINUS, wiewohl er sich als geschickter Kartenzeichner bewährt hat, nicht gerade das trapezförmige Bild bevorzugt hat, ist durch H. WAGNER's Untersuchung (Die Rekonstruktion der ToscANELLI-Karte vom Jahre 1474 und die Pseudo-Facsimilia des BnEAII-Globus vom Jahre 1492, Nachr. v. d. Gött. Gel. Gesellsch., 1894, S. 208 f.) so gut wie gewifs gemacht worden. Die Motive, unter denen der Florentiner, auf den MARCO POLO indirekt und NICCOLO DE'CONTI direkt einwirkten, sich zur Anfertigung jener Karte verstand, beleuchtet des näheren APELT (Die Reformation der Sternkunde; ein Beitrag zur deutschen Kulturgeschichte, Jena 1852, S. 7 ff.), der auch über CusA'S Anteil an der Vorbereitung der von COPPERNICUS herbeigeführten Revolution der Geister gesunde Ansichten äufsert (a. a. 0., S. 21ff.). Auch wenn es sich aber so verhält, wie zuerst angenommen, wird doch RUGE'S Charakteristik67) nicht geändert: "CUsA'sA Karte ist die 66) GALLOIS, a. a. 0., S. 18. 67) RUGE, S. 5. Indem dieser Geschichtschreiber der Erdkunde einen Rückblick auf die Entwicklnng der deutschen Kartographie wirft, kommt er zu der SchluFsfolgerung (S. 8), dafs erst wieder die kritische Karte Deutschlands von (GERHARD MERCATOR (1585) als eine Weiterführung des Werkes anzusehen sei, welches NIKOLAUS VON CUES so vielversprechend inauguriert hatte.

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
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Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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