Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

In der Bevölkerungsstatistik sind bekanntlich verschiedene Methoden angewendet worden um Sterblichkeitstafeln herzustellen. Von theoretischem Gesichtspunkte aus ist es offenbar am einfachsten eine Anzahl von Personen während ihres ganzen Lebens zu beobachten und dabei zu notieren, wie viele von ihnen 1, 2, 3, u. s. w. Jahre erfüllen; hierdurch erhält man nämlich ohne jeden Calcul unmittelbar die gewünschte Tafel. Indessen kann dieses Verfahren, das bei Leibrentnern anwendbar, wenn auch nicht immer empfehlenswert ist, nur ausnahmweise für eine ganze Bevölkerung benutzt werden, teils wegen der Ein- und Auswanderung, teils weil die Sterbelisten oft nur das Alter, aber nicht zugleich das Geburtsjahr der Verstorbenen enthalten, so dafs man nicht im Stande ist, das Absterben der besonderen Jahresgenerationen zu verfolgen. Darum ward man veranlafst, sich nach anderen Methoden umzusehen, und in der That sind deren viele ersonnen worden; ein zu empfehlendes Verfahren ist z. B. zuerst mit Hilfe der Volkszählungs- und Sterbelisten Sterblichkeitswahrscheinlichkeiten für die verschiedenen Altersstufen zu bestimmen, und dann, nachdem man eine beliebige Anfangszahl, z. B. 100,000 gewählt hat, durch wiederholte Multiplikation die successiven Zahlen der Überlebenden zu berechnen.1) Im achtzehnten Jahrhundert gab es aber in den meisten Ländern keine Volkszählungen, und man bediente sich darum einer anderen Methode, die gewöhnlich die HALLEY'sche genannt wird. Nach dieser Methode brauchte 1) Andere Methoden sind z. B. die IERMANN'sche und die sogenannte Anhaltische, welche beide nur von Sterbelisten und Geburtenzahlen Gebrauch machen (siehe KNAPP, Über die Ermzittlung der Sterblichkeit aus den Aufzeichnungen der Bevölkerungsstatistik, Leipzig 1868, S. 84-97). Diese Methoden, von denen letztere besonders auf die Geburtenverteilung Rücksicht nimmt, würden zwar empfehlenswert sein, wenn die Sterblichkeit während einer längeren Zeit unveränderlich wäre; da aber dies im Allgemeinen nicht zutrifft, kann man ihnen keinen gröfseren Wert beimessen; jedenfalls sind sie unanwendbar, wenn man die Sterblichkeit in einem bestimmten Zeitraume näher untersuchen will. Der Ansicht KNAPP'S (a. a. O. S. 97), die Anhaltische Methode sei nicht nur die strengste, sondern auch die einzige strenge unter den bisher bekannten indirekten Methoden, kann ich übrigens nicht beistimmen, 6

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 1, 2025.
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