Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

138 Franz Schmidt: und ziemlich aus Noten Violin spielen; er wusste sogar zu addieren nicht; ich fing zuerst mit Euklid an, nachdem wurde er mit Euler bekannt; jetzt weiss er von Vega (welcher mein Manual ist im Collegio) nicht nur die ersten zwei Bände überall, sondern ist auch im dritten und vierten Band bewandert, liebt Differential- und Integral-Rechnungen, und rechnet darin mit ausserordentlicher Fertigkeit und Leichtigkeit, so wie er in ViolinConcerten den Bogen in schweren Läufen leicht führen kann... jetzt endigt er bald meine Physik- und Chemie-Vorlesungen; einmal hat er auch hiervon mit meinen erwachsenen Schülern ein öffentliches, sehr löbliches Examen gegeben in lateinischer Sprache, theils wo ihn andere ad aperturam fragten, theils bei Gelegenheit liess ich ihm einige Beweise in der Mechanik mit Integral-Rechnung führen, wie veränderliche Bewegung, der Cycloide u. dgl. Nichts war mehr zu wünschen, edle Einfachheit, Klarheit, Schnelligkeit und Leichtigkeit waren auch für Fremde hinreissend, er hat einen schnell und vielfassenden Kopf, und manchmal Blitze von Genie, die mehrere (Geistes-) Riesen auf einmal mit einem Blicke findend durchsehen; er liebt reine, tiefe Theorien und Astronomie; ist schön und ziemlich fest gebaut, und sieht sonst still aus; ausgenommen, dass er sehr gern und feuervoll mit andern Kindern spielt; sein Charakter wird, insofern man urtheilen kann, fest und edel; ich habe ihn zum Opfer der Mathematik bestimmt, er hat sich auch dazu gewidmet und verlangt nach zwei Jahren zu Dir, wenn Du auch verlangst einen echten Apostel der Wahrheit in einem fernen Lande zu bilden; ich wollte ihn 3 Jahre lang bei Dir halten, und wenn es möglich wäre (wir wollen treu und offenherzig alle Umstände erwägen) in Deinem Hause, denn allein kann man einen 15 jährigen Jüngling nicht lassen, und einen Hofmeister mitzuschicken ibersteigt meine, durch viele Processe geschwächten Kräfte; - indessen einem Studenten, der von hier hinaufginge, könnte ich ihn doch anvertrauen, und würde ihm ein Honorarium geben, wenn ich nur dann einen bekäme, dem ich soviel trauen könnte, - Deiner Frau Gemahlin Unkosten würde ich, versteht sichs, schon entschädigen.... Wir würden alles anordnen, wenn ich mit ihm zu Dir hinaufginge.... Einige haben gerathen ihn zul Pasquich (Ofner Astronom).. zu geben; andere haben zum Bugge gerathen in Wien; ich und er verlangen in jeder Rücksicht zu Dir!"... Auf diesen Brief Bolyais kam von Gauss keine Antwort. Nachdem der Wunsch des Vaters, seinen Sohn nach Göttingen zu bringen, nicht in Erfüllung gegangen war, kam Johann 1817 nach Wien in die k. k. GenieAkademie, ein Entschluss, der mit grossen Opfern verbunden war. - In der Genie-Akademie war Johann der beste Schüler seiner Klasse. - Sein Lehrer für Mathematik war Johann Wolter von Eckwehr, k. k. Hauptmann im Genie-Corps. Bei der Inspizirung der Schule durch den Chef des Genie

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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