Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

124 Max Simon: es auch, dass ihm, der ohne gründliche mathematische Bildung 1673 nach London kam, "Suggestionen", wie Z. sagt, von N.'s Erfindung zuflossen, und ich mache in dieser Hinsicht auf ein Fragment eines Briefes an Oldenburg vom 30. März 1675 aufmerksam. Es ist sehr möglich, dass L. den sogen. Tangentenbrief N.'s bei Tschirnhausen gelesen, sicher war er vor seiner ersten Publikation von 1684 im Besitz der Briefe N's. von 1676. C. hat nun zwar ausgeführt, dass L. aus alle dem nicht viel hätte lernen können, dagegen ist aber das Beispiel der Bernoulli's anzuführen. Die erste Publikation L's. in den,Acta eruditorum"' von 1684 und die erste, in der der Algorithmus der Differentialrechnung gedruckt ist, trägt den Titel: Nova methodus pro maximis et minimis, itemque tangentibus, quae nec fractas nec irrationales quantitates moratur et singulare pro illis calculi genus; sie war absichtlich so dunkel als irgend möglich, und doch gelang es den Bernoulli's und zwar zunächst Jacob in 2 Jahren sich nicht nur der Differentialrechnung, sondern auch der nur ganz versteckt als inverses Tangentenproblem an der Beaune'schen Aufgabe angedeuteten Integralrechnung völlig zu bemächtigen. Sollte man L. weniger zutrauen? Aber alles dies schmälert L's. Verdienst nicht, dessen Differentialrechnung, was Brauchbarkeit und Zugänglichkeit betrifft, thurmhoch über N's. Fluxionsrechnung stand. Die Bezeichnungs- und Ausdrucksweise von L. hat sich unverändert bis heute gehalten und alle Versuche, wie sie z. B. von Cauchy und Jacobi gemacht sind, daran zu rütteln, sind erfolglos geblieben. Fast alle Kunstausdrücke wie Differential-, Infinitesimalrechnung, Differentialgleichung, Analysis, Funktion, transcendent, die Indexbezeichnung etc. stammen von L. Nur das Wort ~Integral" stammt von Jacob B., doch macht schon in einem Brief an L. vom 12. Febr. 1695 Johann auf die Erfindung Anspruch, der übrigens dei C. nicht gerade mit Liebe behandelt ist. Dass Johann z. B. Recht hatte, als er die Berechnung der Werthe ~/o für sein Eigenthum erklärte, hat Eneström nachgewiesen. Vor allem aber hat L., der ja Menschenbeglücker von Profession war, die Bedeutung seiner Erfindung für die gewöhnliche Menschheit sofort voll erkannt, während N. die seine zunächst nur für den eigenen Hausgebrauch benutzt. N. konnte jeden Algorithmus entbehren, wie das Genie überhaupt, wie denn z. B. Huygens sich sein Lebenlang ablehnend gegen den neuen Calcul verhielt und doch alles leistete, was die Differentirer forderten und noch einiges mehr. Erst als die Journale, die gerade zu jener Zeit aufkamen, die Acta eruditorum, die Nouvelles de la republique des Lettres, die Akademieberichte sich mit Schriften der Leibnizianer füllten, wurde N. oder vielmehr seine Landsleute, die sich überflügelt sahen, gereizt, und so machte sich 1699 Fatio de Duiliot zum Sprachrohr ihres Aergers. Es begann damit der

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 1, 2025.
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