Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

118 Max Simon: fassen, gekommen sei, als er bei Rotationskörpern erkannt, dass das Verhältniss des Erzeugten von dem des Erzeugenden völlig verschieden sei, so dass es falsch wäre, z. B. den Cylinder aus unzähligen durch die Axe gehenden Paralleloorammen veluti compactum bestehend zu denken. Die Anlehnung an Galilei ist ganz deutlich ausgedrückt in der berühmten Stelle, wo er die einzelne Schicht als Spur der continuirlich gleichmässig vom Grund zur Deckfläche fliessenden Ebene bezeichnet. Diese Spur ist der Galileische pars non quanta, das Differential des Raumes erzeugt in dem pars non quanta der Zeit. Newton und Leibniz haben Cav. richtig verstanden; aus dem }Manuscript Leibniz' vom 26. Oct. 1675 (Gerhardt, die Entdeckung der höheren Analysis), wo das f zuerst vorkommt, sehen wir, dass der Integralbegriff L.'s direkt aus den,omnia" Cav.'s hervorgegangen ist. Da Cav. sich des Widerspruchs bewusst war, den seine ~compositio continui ex indivisibilibus" finden würde (derselbe Ausdruck findet sich wiederholt und als Citat bei Leibniz wieder), so giebt er als Satz 1 des VII. Buches, das noch heute nach ihm genannte, im Unterricht der Mittelschulen fast unentbehrliche Princip: Körper, bez. Flächen sind gleich, wenn in gleicher Höhe durch parallele Ebenen geführte Schnitte gleich sind. Cav. wirkte zunächst auf Descartes, der das 3. constituirende Motiv für die Differentialrechnung in Fluss gebracht hat, das Tangentenproblem. Seine Methode ist allerdings rein algebraisch und wird noch heute in den Elementarlehrbüchern der analytischen Geometrie meistens bevorzugt; der differentiale Kern ist implicite darin, dass die Coordinaten der Schnittpunkte gleich werden. Auch hat Descartes bei Gelegenheit der Construktion der Tangente an die Cycloide (Galilei 1590) das Grundgesetz der Kinematik schon benutzt. Um so bewusster bediente sich Frankreichs grösster Mathematiker infinitesimaler Betrachtungen. Es war stets bekannt, dass Fermat zuerst geläufig differentirt habe, Cantor und Zeuthen (1. Heft der Kopenh. Akad. Berichte von 1895) haben hervorgehoben, in welchem Umfang F. bereits integrirt hat. Zeuthen sagt, dass F. zuerst die Parabeln beliebig hoher Grade integrirt habe. Es ist sehr schwer bei der Scheu F.'s vor Publikation durch den Druck Prioritätsfragen über ihn zu entscheiden. Z. weist nach, dass F. 1636 fx"cdx gehabt, Cavalieri hat die Quadratur schon 1639 gedruckt und giebt an, dass er sie 1615 gefunden; den Beweis hat er aber nur bis n = 4 gekannt. Das Continuitätsgesetz, das Leibniz als seine,grösste Entdeckung" immer wieder betont und das in der That die Begründung seines,infiniment petit" enthält, hat F. in vollem Umfang besessen, wie übrigens Galilei und Newton auch. Den Beweis liefert F.'s Methode für Maxima und Minima und Tangentenconstruktion. Als 1. Beispiel wählt F. die älteste bekannte Maximalaufgabe Euclid VI, 27:

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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