Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

Eine Geschichte der Infinitesimalrechnung hat mit den Pythagoraern zu beginnen, welche in der irrationalen Zahl einem unbegrenzt fortsetzbaren Process einen Abschluss gaben. Einen Markstein bildet der Eleat Zeno, der in den bekannten Beispielen des fliegenden Pfeiles und Achilleus mit der Schildkröte die Schwierigkeit des Continuitätsbegriffes aufdeckte. Z. wies auch zuerst auf den Widerspruch hin: das Continuum aus seinen (ihm gleichartigen) kleinsten Theilen zusammenzusetzen, denn entweder haben die Theile keine Grösse, dann hat ihre Summe auch keine Grösse; oder sie haben Grösse, dann giebt ihre unendliche Wiederholung eine unendliche Grösse. Erst Aristoteles gab für die Paradoxien eine zufriedenstellende Erklärung, bei ihm findet sich auch eine wirkliche Definition des Continuums: "Stetig sei ein Ding, wenn die Grenze eines jeden zweier nächstfolgenden Theile, an welcher sich diese Theile berühren, eine und dieselbe wird". Die Paradoxien aber widerlegte er mit Hilfe des Mächtigkeitsbegriffes, der hier zuerst auftritt: die Zeit und die Raumstrecke sind von gleicher Mächtigkeit, d, h. es lässt sich jedem Raumpunkt ein Zeitpunkt eindeutig zuordnen. Im Gegensatz zu den Eleaten kamen Leucipp und Demokrit zu dem Hilfsbegriff, den Physik und Chemie bis heute nicht entbehren können, dem der Atome. Die Fassung, in der der Grenzbegriff hier auftritt, ist zwar an sich fehlerhaft, und von Aristoteles wurde der falsche Grenzbegriff letzter Theil in einer eignen Schrift zurückgewiesen, aber es vollzog sich doch ein wichtiger Fortschritt dadurch, dass die Nothwendigkeit des Abschlusses einer an sich unbegrenzten Vorstellungsreihe anerkannt wurde. In der Schule Platos und mehr noch in der des Eudoxos ist dann die eigentliche Differentialrechnung des Alterthums geschaffen worden in der sogenannten Exhaustionsmethode. Ihr Wesen besteht darin, die zu bestimmende Grenzgrösse, deren Existenz, und dies kann gar nicht genug betont werden, bereits feststeht, - so die der Quadratwurzel aus dem Pythagoras, des Flacheninhalts und Volumens aus der Anschauung, des Schwerpunkts aus der Erfahrung, - in zwei Reihen einzuschliessen, von denen die eine beständig fallend, die andere beständig wachsend sich der Grenze unbeschränkt nähert. Das bekannteste Beispiel ist die Berechnung des Kreises durch die Reihe der ein- und umgeschriebenen Polygone. Die Methode stützt sich auf die bekannte Propos. 1 des X. Buches des Euclid: 8*

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
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Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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