Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

192 A. Hurwitz und F. Rudio: doch nun jedenfalls zum Professor gratulieren, ohne dass Sie Sich darüber ärgern werden; ich betrachte dies, nämlich Ihre Professur, als eine der Errungenschaften unserer Freiheitsperiode, die nun bald aufhören wird, da mir nach den Wiener Ereignissen die jetzt hier stattfindende Waffenauslieferung der letzte Schlussstein zur Unterdrückung der von Frankreich ausgegangenen Bewegung zu sein scheint. Ich schreibe dies während Berlin in Belagerungszustand erklärt ist. Doch ich will nichts von Politik schreiben, einmal weil dies ein zu langes und jetzt zu abgedroschenes Kapitel wäre, und dann auch, weil man nicht genau wissen kann...1). Jedenfalls, die Dinge mögen kommen, wie sie wollen, so haben Sie das Angenehme der Freiheit genossen, es wird Ihnen aber leider durch den Anblick des jetzigen Rückschrittes verbittert werden. Ich dagegen, was mich persönlich betrifft, habe nur das Bittere von der Freiheit zu kosten bekommen; denn obgleich ich mich nicht im Mindesten thätig in die Politik gemischt habe, sondern nur einigemal die Clubs besuchte, was jeder that, ohne aber Reden zu halten, so bin ich doch, blos desshalb schon, von den Räten des Ministeriums, gewiss in Folge von Verläumdungen, als Republikaner angefahren worden. Sie wissen vielleicht, dass ich aus dem Königlichen Fond jährlich eine Unterstützung von 500 Thaler beziehe; dieses Geld ist aber schlimmer als nichts, denn ich hänge dadurch ganz speciell von der Gnade des Königs ab, und das ist, wie Sie wohl denken können, in jetzigen Zeiten sehr übel. Ich bin überzeugt, dass welcher TUmschwung aller Verhältnisse in politischer und socialischer Hinsicht auch stattfinden möge, man doch Männern, namentlich Gelehrten, die bereits in Amt und Brod sind, schwerlich das Ihrige entziehen wird; jedoch wird man sich auch ebenso wenig um Menschen, wie ich z. B., kümmern, die eine vorübergehende Unterstützung ohne feste Stellung geniessen, denn die meinige lauft zum 1. Januar ab; ich habe schon alle möglichen Schritte beim Ministerium zu deren Verlängerung gethan, auch habe ich die besten Versicherungen erhalten, aber noch nichts Schwarz auf Weiss, was in solchen Angelegenheiten die Hauptsache ist. Wenn Sie also für mich irgend eine Stellung wissen, sei sie auch noch so schlecht, so werden Sie mich gewiss nicht ekel finden, dieselbe anzunehmen; denn nur darin bin ich ekel und das drückt mein Gemüt, wenn ich von der Gnade selbst des Königs abhängen soll, ich möchte nur das, was mir rechtmässig zukommt. Ich kann auch erst dann zu einigem Frohsinn und zur vollen Entwickelung meiner Kräfte gelangen, wenn ich aus meiner jetzigen, nicht gerade schlechten, aber doch gleichsam in der Luft schwebenden ökonomischen Lage heraus bin. 1) Die folgenden Worte sind durchgestrichen.

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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