Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

182 A. Ilurwitz und F. tudio: unschuldige Einfalt Schuld, da ich mich um dergleichen Aufserlichkeiten nicht kümmerte, sondern nur an die Wissenschaft selbst dachte; durch Gauss habe ich nun einmal meine mathematische Bildung erlangt, seine Leistungen sind mir geläufig, und desshalb führe ich ihn an; die Arbeiten von Jacobi sind mir erst zugänglich geworden, seit ich ihn persönlich kenne, d. h. seit er hier in Berlin ist. Muss man denn wirklich alles durchkramen, ehe man drucken lässt, ich glaubte, dass wenn man sich mit dem Crelle'schen Journal au fait erhält, man genug thut. Inzwischen kann Jacobi selbst unmöglich daran glauben, dass ich ihm seine Sachen gestohlen habe, denn er hat eben auf diese meine früheren Arbeiten hin vor /4 Jahren den Antrag zu meiner Doktor-Ernennung bei der Breslauer Fakultät gestellt. Uebrigens gebührt in den Beweisen der Reciprocitätssätze weder mir, noch Jacobi die Priorität, sondern Gauss; aber gedruckt sind die Beweise zuerst von mir erschienen; am Ende hat doch Jacobi auch nur gesagt, dass er die Beweise gefunden habe, Gauss hat dasselbe aber schon viel früher gesagt, Theoria residuorum biquadr. und schon an einem viel früheren Orte: demonstrationes et ampliationes novae etc., also: - hic aqua haeret. Schon einige Zeit, ehe ich Ihren Brief erhielt, hatte ich ein Manuskript fertig, worin ich Jacobi in höchst gemäfsigter Weise antworte und die Untersuchungen vereint zusammenstelle, welche ich in früherer Zeit über Kreisteilung angestellt hatte; denn was ich damals herausgab, war kaum die Hälfte dessen, was ich herauszugeben beabsichtigte, bis mir Jacobi in die Quere kam. Ich habe es aber aufgegeben, dieses Manuskript wenigstens für jetzt drucken zu lassen, denn einmal ist Jacobi aufserdem ganz freundlich gegen mich, bis auf die allerletzte Zeit, wo ich ihn selten besuche, was aber an mir und nicht an ihm liegt, und dann darf ich ihn mir auch jetzt nicht erzürnen, weil ich meine Habilitation hier beabsichtige, wobei er mir einerseits nutzen andererseits aber auch sehr schaden kann. Ich spreche eben von meiner Habilitation. Sie wissen, lieber Stern, dass nach den Statuten der Fakultät man drei Jahre Doktor sein muss oder vielmehr man drei Jahre schon das Triennium absolviert haben muss, ehe man sich habilitieren darf. Der Minister Eichhorn, der sehr freundlich für mich gesinnt ist, hat mich von diesem Formzwange dispensiert und es werden mir so drei Jahre erspart, denn ich hätte eigentlich erst zum Oktober dieses Jahres mein Triennium absolviert, müsste also eigentlich noch bis Oktober 1849 warten; es hindert mich jetzt weiter nichts an der Habilitation, als meine Militärpflicht. Da Sie, mein lieber Stern, einen so liebevollen Anteil an meinem Kummer nehmen, so werden Sie gewiss eine eben so freundliche Gesinnung

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0002.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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