Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

164 Schon durch die Wahl der eben angeführten dritten Überschrift setzt Riemann diese Arbeit zu Newtons grofsem Werk: Philosophiae naturalis piincipia mathematica in nahe Beziehung; er spricht sich darüber aber noch deutlicher aus in einigen einleitenden Sätzen, welche die Aufgabe: ~jenseits der von Galilei und Newton gelegten Grundlagen der Astronomie und Physik ins Innere der Natur zu dringen, ausdrücklich als Zweck der ganzen Untersuchung hinstellen. Diese Vertiefung der GalileiNewtonschen Naturanschauung nun wird erstrebt auf der Grundlage einer ganz neuen Idee, welche die Newtonsche Physik mit der Herbartschen Seelenlehre auf die überraschendste Weise verknüpft. Riemann trägt diese Idee in folgender Weise vor: ~Der Grund der allgemeinen Bewegungsgesetze für Ponderabilien, welche sich im Eingange zu Newtons Principien zusammengestellt finden, liegt in dem inneren Zustande derselben. Versuchen wir aus unserer eigenen inneren Wahrnehmung nach der Analogie auf denselben zu schliefsen. Es treten in uns fortwährend neue Vorstellungsmassen auf, welche sehr rasch aus unserer Vorstellung wieder verschwinden. Wir beobachten eine stetige Thätigkeit unserer Seele. Jedem Akt derselben liegt etwas Bleibendes zu Grunde, welches sich bei besonderen Anlässen (durch die Erinnerung) als solches kundgiebt, ohne einen dauernden Einflufs auf die Erscheinungen auszuüben. Es tritt also fortwährend (mit jedem Denkakt) etwas Bleibendes in unsere Seele ein, welches aber auf die Erscheinungswelt keinen dauernden Einflufs ausübt. Jedem Akt unserer Seele liegt also etwas Bleibendes zu Grunde, welches mit diesem Akt in unsere Seele eintritt, aber in demselben Augenblicke aus der Erscheinungswelt völlig verschwindet. Von dieser Thatsache geleitet, mache ich die Hypothese, dafs der Weltraum mit einem Stoff erfüllt ist, welcher fortwährend in die ponderablen Atome strömt und dort mit der Erscheinungswelt (Körperwelt) verschwindet. Beide Hypothesen lassen sich durch die Eine ersetzen, dafs in allen ponderablen Atomen beständig Stoff aus der Körperwelt in die Geisteswelt eintritt. Die Ursache, weshalb der Stoff dort verschwindet, ist zu suchen in der unmittelbar vorher dort gebildeten Geistessubstanz, und die ponderablen Körper sind hiernach der Ort, wo die Geisteswelt in die Körperwelt eingreift. Die Wirkung der allgemeinen Gravitation, welche nun zunächst aus dieser Hypothese erklärt werden soll, ist bekanntlich in jedem Teil des Raumes völlig bestimmt, wenn die Potentialfunktion P sämtlicher ponderabler Massen für diesen Teil des Raumes gegeben ist, oder was dasselbe

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0002.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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