Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

-47 den gesunden Kern ihrer Lehre berechtigtes Misstrauen hervorriefen. Wir haben damit vorzüglich die Arbeiten von Roeber 173) und Zeising*) im Auge. Dass Hultsch sich von jeder Ausschweifung ferne gehalten, brauchen wir wohl nicht erst zu sagen; überdiess ist das Erfahrungsmaterial, von welchem er ausgeht, ein ganz unverhältnissmässig umfassenderes, als jenes, welches seinen Vorgängern zu Gebote stand. An und für sich würden uns nun freilich diese Studien an diesem Orte nicht näher berühren, wenn nicht Hultsch zugleich die Entdeckung gemacht hätte, dass gerade die am häufigsten vorkommenden rationalen Brüche nichts anderes sind, als Näherungswerthe für gewisse einfache Irrationalzahlen, für /2, für ]/3, für I/5. Wir führen nachstehend, ohne es irgendwie auf Vollständigkeit abzusehen, einige der wichtigsten Ergebnisse aus dem Gesammtbereiche der Hultsch'schen Arbeiten vor. Beim perikleischen Parthenon verhält sich ganz ähnlich wie auch beim älteren - durch die Perser zerstörten - Parthenon der Stylobat zur Länge 180) wie 4: 9, beim Heraion zu Samos ist das Verhältniss zwischen Breite und Länge gleich 29 60. Beim Parthenon haben wir u. a. folgende Verhältnisszahlen 181): Durchmesser einer gewissen Gruppe von Säulentrommeln zum Durchmesser der anderen Gruppe == 10:9, Stylobatbreite zur Gesammthöhe des Tempels == 12: 7, ebenso Gesammthöhe zur Säulenhöhe, Stylobatbreite sonach zur Säulenhöhe = 122: 72 u 3: 1. Ausgezeichnet durch seine bestimmten Abmessungen ist besonders auch der Hera-Tempel auf der Insel Samos. Bezeichnet man mit A die Länge einer Unterstufe in der Flanke, mit F eine der beiden kleineren, mit G *) Wir verweisen behufs einer gerechten Würdigung der Arbeiten dieses geistreichen Forschers auf unseren früheren Bericht 174), in welchem besonders auch der Ansichten desselben über das Zutagetreten des goldenen Schnittes bei architektonischen Verhältnissen gedacht ist. Es gilt hier freilich, die Spreu vom Weizen zu sondern, allein so höchst bequem darf man es sich nicht machen, wie es kürzlich Sonnenburg 175) gethan, der alle Angaben über die Erscheinung jenner merkwürdigen Gesetzmässigkeit in Kunst und Natur mit dem einfachen Satze erledigt 176): "Alle Messungen an Bildsäulen und Gruppen, an Tempeln und Palästen, an Skeletten und Präparaten sind werthlos, weil sie mit der Voreingenommenheit für ein solches naturwidriges Gesetz enge verbunden sind." Es gehört viel Muth dazu, solches zu schreiben, nachdem Schwendener - vgl. hierzu einen Aufsatz des Verf. 177) - mit sachgemässer Correktur der von A. Braun gehegten Meinungen seine mechanische Theorie des Pflanzenwuchses geschaffen, Langer 178) die statische Bedeutung des Gesetzes vom goldenen Schnitte aufgeklärt und neuerdings noch G. Hauck 179) den Nachweis geführt hat, dass in jenem Gesetze thatsächlich der eigenartige für geometrische Symmetrie und schöne Form gleich empfängliche Charakter des älteren Griechenthums sich in natürlichster Weise praktisch bethätigt habe!

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
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Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0002.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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