Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

- 138 Methode erzielt, in welcher das antike Fingerrechnen noch immer eine grosse Rolle behielt. Unter solchen Umständen kann es nicht überraschen, dass wir gerade in jenen Zeiten den Abacus mit dein unbezeichneten Rechenstein, jetzt das,Rechenbrett" (table) mit dem,Rechenpfennig" (jeton), eine allgemeine Verbreitung annehmen sehen (dreizehntes Jahrhundert, zunächst in Frankreich und den Niederlanden), so zwar, dass er in dieser neuen Form zur eigentlichen Signatur des praktischen IRechenwesens diesseits der Alpen wird. Aber die gewaltige Handelsbewegung, welche namentlich mit dem dreizehnten Jahrhundert ihrer Blüthe entgegengeht, verlangt auf diesem Felde dringend nach Verbesserungen und wir dürfen annehmen, dass in den hierauf gerichteten Versuchen Elemente aus allen bis dahin üblich gewordenen Methoden zur Erscheinung gekommen sind. Es ist interessant, dies an einem besonderen Falle zu beobachten, umsomehr als die Quellen hierfür, wie überhaupt für jene Uebergangszeit in unserem Gegenstande, das vierzehnte Jahrhundert, sehr spärlich und vereinzelt fliessen. Das Unfertige der Methoden mochte wohl von einer theoretischen Behandlung derselben zurückgehalten haben und das Streben richtete sich vorläufig zunächst auf verwendbare Neubildungen für das praktische Leben. Dies sind die Ergebnisse, welche ich aus dem bisher leider nicht veröffentlichten Quadripartitum des Johannes de Muris nach einer anonymen Handschrift der Wiener Hofbibliothek (no. 4770) aus dem 14. Jahrhunderte, also der Abfassung sehr nahe liegend, entnehme.*) Vier Capitel aus dem prosaischen Theile, deren Text unten theilweise veröffentlicht ist, die einzigen Stellen des Werkes, welche sich mit der praktisch operativen Arithmetik befassen, zeigen in besonders lehrreicher Weise die Bemühungen der damaligen Zeit, aus den wissenschaftlichen Ergebnissen der vorangegangenen Systeme für die Praxis des Alltagslebens eine brauchbare Methode zu gewinnen. Wir sehen hierbei eine höchst originelle Vereinigung des antiken ColumnenAbacus mit dem zeichenlosen Rechensteine und des mittelalterlichen (Gerbert'schen) mit dem Zahlzeichen versehenen Rechensteines zum Vorscheine kommen, in der Weise, dass das Zahlzeichen hier von dem Rechensteine auf den Abacus selber übergegangen ist. Es sind die zwei Capitel 11 und 14 des zweiten Buches des prosaischen Theiles, die hier den Gegenstand unserer Veröffentlichung und näheren Betrachtung bilden. *) Dieselbe Bibliothek besitzt auch eine zweite, ebenfalls anonyme und viel jüngere Handschrift (no. 10954, 15. Jahrhundert) des Quadripartitum (des Prosatheiles). Es ist das Verdienst des Custos Herrn Dr. Alfred Göldlin von Tiefenau, die Identität dieser Schrift mit dem Werke des Jean de Meurs nach den Pariser Handschriften no. 7190 und 7191 des 16. Jabrhunderts festgestellt zu haben.

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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