Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

-261 - noch völlig fehlte, fast unverständlich sein. Dazu kam, dass zu demselben Beweise offenbar ein bestreitbares Theorem von Kepler benutzt wurde, nach welchem ein Lichtstrahl nur an der Gränzfläche (oder eigentlich in derselben) eines dünneren und dichteren Mediums eine Hinderung seiner Bewegung erfährt46). Wenn auch Descartes sich dieses Theorem Kepler's nicht wörtlich aneignet, so lassen sich doch Aussprüche auffinden, welche darauf hindeuten, dass nicht die Beschaffenheit des Körpers, durch welche das Licht hindurchdringt, als solche einen Einfluss auf die Brechung haben könne. So findet man in einem Brief an Mersenne die bemerkenswerthe Stelle: Was jener sagt, dass nämlich die Dichtigkeit des Mediums die Brechung bewirke, lässt sich sogleich als irrthümlich beweisen. Ein Lichtstrahl nämlich, wenn er durch das Wasser dringt, wird nach dem Einfallsloth hin abgelenkt, während ein Ball sich vom Einfallsloth entfernt, so dass eine und dieselbe Dichtigkeit zwei gänzlich entgegengesetzte Wirkungen haben müsste47). Descartes hatte sich die Bewegung des Lichtes vollständig in derselben Weise vor sich gehend gedacht, wie die eines gegen die Wasserfläche schräg geworfenen Balles, er konnte also mit Fug und Recht schliessen, wie er es eben that. Nach jenem Theorem muss, wenn man mit Descartes den schräg gegen eine Wasserfläche gerichteten Lichtstrahl wie aus bewegten Lichttheilchen bestehend ansieht, diese Bewegung in zwei zu einander senkrecht gerichtete zerlegt gedacht werden, von denen die eine parallel mit der Wasserfläche, die andere senkrecht dazu verläuft. Die letztere erfährt allein eine Aenderung der Geschwindigkeit, und damit ist nach den Principien, welche in dem Kepler'schen Satze verborgen liegen, ausgesprochen, dass sich das Licht nach dem Durchtritt durch die Gränzfläche im Wasser nach allen Seiten mit derselben abgeänderten Geschwindigkeit fortbewegt. Der Strahl wird also, wenn die neue Geschwindigkeit 3/2 der alten beträgt, jetzt in 2/3 der früheren Zeiteinheit auf der Peripherie des Kreises angelangt sein, welcher um den Eintrittspunkt; des Strahls in das Wasser als Mittelpunkt mit derjenigen Strecke als Radius gelegt ist, welche den Weg während der früheren ganzen Zeiteinheit darstellt 48). Der Punkt selbst auf dieser Peripherie wird nicht durch Zusammensetzung der vorhandenen Bewegungen gefunden, sondern auf dieselbe Weise, wie es auch beim Reflexionsgesetz geschah, und hiermit sind wir an der Stelle angelangt, an welcher man billig Anstoss nehmen kann und welche auch bereits von den Jesuiten in Clermont, denen Descartes seinen Discours übersandte, beanstandet wurde. Descartes ist jedoch, und das ist für den Augenblick die Hauptsache, bei diesem Beweise durchaus nicht mit seinen Principien in Collision gerathen, denn er besass gar keine speciellen, auf Lichtbewegung bezüglichen, sondern er

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
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Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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