Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

- 246 des Descartes, um die richtige Gestalt der hyperbolischen Gläser festzustellen. Ferrier hatte sich früher Notizen darüber gemacht, diese aber verloren und wendet sich nun brieflich an Descartes, da eine persönliche Zusammenkunft nicht ausgeführt werden konnte, um die wichtigen, zur Ausübung seiner Kunst nothwendigen Anleitungen zu erlangen. Descartes antwortet ihm sehr ausfüihrlich. In diesen Antworten begegnet man nun, wie oben angedeutet wurde, allen den Gedanken und Entdeckungen, welche nach so langen Jahren erst in der Dioptrik niedergelegt und veröffentlicht wurden. Dass er hier auch Mydorge gegenüber, den man vielleicht als den einzigen Nebenbuhler des Descartes in optischen Dingen bezeichnen kann, durchaus selbstständig und völlig überlegen erscheint, ist namentlich aus einer Wendung ersichtlich, welche er bei der Beschreibung der hauptstächlichsten, zur Herstellung der Schleifmaschine nothwendigen Construktion gebraucht. Da heisst es: "Ein weit grösseres Geheimniss ist es, mit Hülfe jener drei Punkte A, B, C oder D, E, 1' oder ähnlich liegender, den Neigungswinkel zu finden, den Deine Maschine haben muss, und ich glaube nicht, dass irgend jemand Dir ausser mir Auskunft darüber geben könnte, obwohl die Ausführung nicht besonders schwierig ist." Was sich Descartes hier selbst zuschreibt, muss auch unbedingt als sein geistiges Eigenthum angesehen werden. Aber auch, was den übrigen Inhalt der Briefe und die ganze Art, die hier behandelten Probleme aufzufassen, betrifft, so geht Descartes im Vergleich zu Snell von so verschiedenen Grundlagen aus, dass es kaum möglich ist, zu verstehen, wie er, wenn er die Snell'schen Entdeckungen schon kannte, den Umweg durch die Kegelschnitte und sein Diopterinstrument hat machen können. Aber auch abgesehen von diesen inneren Gründen, welche gegen eine Abhängigkeit von Snell sprechen, muss man bedenken, dass Descartes, als er sich das Brechungsgesetz klar machte, in Paris in der allergrössten Zurückgezogenheit lebte, so dass er selbst für einen Theil seiner pariser Freunde für verschollen galt, und dass er mit Holland in gar keinem Verkehre stand. Es wird somit nahezu undenkbar, dass er bei den damaligen Verkehrsmitteln von einem nur im Manuscripte vorhandenen Werke eines Leydener Gelehrten, wie es das Werk Snell's über Optik war, Kenntniss bekommen habe, welches in Holland selbst fast völlig unbekannt blieb. Dass damals wie auch später nach Frankreich von der Snell'schen Entdeckung nichts gedrungen war, lässt sich vielleicht am besten aus dem Verhalten Fermat's ersehen, welcher von 1637 ab mit Descartes in einen heftigen wissenschaftlichen Streit über das Brechungsgesetz gerieth, und da er dem Descartes und seinen Schülern eine Zeitlang äusserst feindselig gesinnt war, gewiss kein Mittel von der Tragweite des Vorwurfs einer Fälschung unbenutzt gelassen hätte, um Descartes zu bekämpfen. Durch

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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