Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

- 244 - Kepler hatte die Abweichung wegen der Kugelgestalt bereits entdeckt und suchte ebenfalls schon nach der besten Form der Brenngläser oder Linsen, nach den anaklastischen Curven für solche Gläser, ohne jedoch Erfolg darin zu haben. Descartes studirte nun die Eigenschaften der Ellipse und Hyperbel mit Rücksicht auf die Brechung und fand, dass sie die Strahlen, welche mit der grossen Axe parallel einfallen, nach dem von ihrem Ausgangspunkt abgewendeten Brennpunkte hin brechen, sobald die Geschwindiogkeiten des Lichtes in den beiden Medien diesseits und jenseits der Curven ein bestimmtes Verhältniss haben. Dieses Verhältniss fand er durch die grosse Axe und Excentricität jener Kegeischnitte fixirt. Um also Gläser zu erhalten, welche die gewünschte Eigenschaft haben, musste er dieses Grössenverhältniss der Hauptaxe zur doppelten Excentricität der Geschwindigkeit des Lichtes in Luft und Glas anpassen. Dass dem Descartes unter Beihülfe des Mechanikers Ferrier bereits ums Jahr 1628 ein solches Glas ganz vorzüglich gelang23), ist nicht allein durch die Briefe des Descartes beglaubigt, sondern Poggendorff24) selbst führt es in seinen Vorlesungen an. Um ein solches schleifen zu können, waren aber nicht allein Maschinen und Vorübungen, sondern auch, und das ist das Wichtigste, Mittel nöthig, um die Grösse des theoretisch und allgemein gefundeneen Brechungsexponenten für zwei bestimmte optische Medien, Luft und Glas, zu bestimmen. Dies glückte ihm mit Hülfe des im X. Kapitel der Dioptrik angegebenen Messlineals, dessen dort gegebene Beschreibung fast wörtlich mit den brieflichen Mittheilungen darüber aus dem Jahre 1629 übereinstimmt25). Um so zusammengesetzte Betrachtungen, wie sie dieses Messinstrument nöthig machte, durchzuführen, musste aber nothwendigerweise eine angemessene Zeit vergehen, und so werden wir nicht irren, wenn wir annehmen, dass Descartes bereits 1627 oder noch früher im Besitz aller zum Schliff brauchbarer elliptischer und hyperbolischer Gläser nothwendigen Hülfsmittel gewesen ist. Damit kommen wir dem Todesjahre Snell's 1626 so nahe, dass man versucht ist, die Beschäftigung beider Männer, Snell's und Descartes', mit den Brechungserscheinungen des Lichts für nahezu gleichzeitig zu halten, während beide räumlich weit von einander getrennt waren, auch einen unmittelbaren oder mittelbaren brieflichen Verkehr nicht hatten. Aus alle dem geht hervor, dass Descartes bereits 1628 im vollen Besitz des Lichtbrechungsgesetzes gewesen ist, obwohl die Dioptrik erst 1637 heraus kam, dass er also vollkommen damit vertraut war, als er Holland zum dauernden Aufenthalt nahm, und dass ihm die ganzen 20 Jahre, die er dort verlebte, in diesem Punkte nichts mehr helfen konnten. Damit ist eigentlich auch der Punkt 2 erledigt, dass Hortensius ihm die

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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"Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/acd4263.0002.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed April 30, 2025.
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