Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.

-7 - Vorliebe die philosophische Basis der Mathematik zum Gegenstande seines Studiums machte. Wir erwähnen als für uns bemerkenswerth nur der Stellen im,Theaetet" (s. o.) und in der "Epinomis", welche Rothlauf sogar zu der Ueberzeugung brachte 9), dass Platon auch vom Kubisch-Irrationalen Kenntniss gehabt habe, und sodann der merkwürdigen Betrachtung im,~Timaeos", durch welche die Wurzel eines Produktes aus sechs Faktoren als irrational dargethan wird, sofern nicht etwa je zwei dieser Faktoren 'einander gleich werden 10). Allein Platon ging anscheinend noch einen gewissen Schritt weiter, indem er sich nicht mit dieser allgemeinen Erkenntniss begnügte, sondern in einem Spezialfall wenigstens die Möglichkeit einer approximativen Ersetzung irrationaler durch rationale Zahlen in's Auge fasste. Im achten Buche seiner berühmten politischen Abhandlung "vom Staate" erörtert er die Beschaffenheit einer gewissen ganzen Zahl, der er eine übersinnliche Einwirkung auf das staatsbürgerliche Leben zuschreibt, und die unter dem Namen "platonische Heirathszahl" eine Menge der verschiedenartigsten Deutungen hervorgerufen hat*). Der bezügliche Text ist eben ein verderbter und schwer lesbarer, doch sind alle Ausleger über einen bestimmten Passus desselben einig, und dieser Passus ist es allein, mit welchem wir hier uns zu beschäftigen haben. Wird in einem Quadrate von der Seite 5 die Diagonale gezogen, so ist dieselbe = /50, also irrational; wird von dieser Zahl 50 eine Einheit abgezogen, so erhält man die Rationalzahl / 49 = 7, werden dagegen zwei Einheiten in Abzug gebracht, so ergiebt sich wiederum eine Irrationalzahl, nämlich 1/48. Diess ungefähr ist der Sinn der platonischen Stelle, an welche dann Cantor 13) noch die folgenden Ausführungen knüpft: ~Platon hat, wie wir sehen, unzweifelhaft gewusst, dass 1/50 oder 51/2 nur wenig von 7 sich unterscheidet. Ist er so weit gegangen, in der Praxis des Rechnens J/2 annähernd gleich - zu setzen? Darüber fehlt uns die Sicherheit, aber das steht fest, dass jenes Bewusstsein bei Platonikern und deren Schülern sich fortwährend erhalten hat." Ein Ausspruch des Proklos, auf welchen wir eben von Cantor hingewiesen werden, scheint zu Gunsten dieser Annahme zu sprechen: dieser gelehrte Scholiast sagt nämlich, es gäbe keine dem Doppelten irgend einer Quadratzahl genau gleiche Quadratzahl, wohl aber sei 2. 52 nur um 1 *) Man kann hierzu die erst vor Kurzem erschienene Monographie von Dupuis 11) oder auch einen Aufsatz 12) des Schreibers dieser Zeilen vergleichen. Dupuis giebt ausser einer neuen, sehr geistreichen Hypothese über den wahren Werth der mystischen Zahl auch eine umfassende Uebersicht über die zahlreicheu früheren Erklärungsversuche, und diese Uebersicht ist in der zweitgenannten Arbeit bis auf die neueste Zeit ausgedehnt und zugleich mit einer Aufzählung der durch Dupuis' Interpretation veranlassten Kritiken verbunden worden.

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Title
Abhandlungen zur Geschichte der Mathematik.
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Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1877-99.
Subject terms
Mathematics -- Periodicals.
Mathematics -- History.

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