Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.

912 IX. Technische Anwendungen. Seine Gleichgewichtslage ist dann natürlich wie beim Zweischienenwagen durch die Bedingung des Gleichgewichts zwischen Schweremoment und Moment der Centrifugalkraft bestimmt. Diese Gleichgewichtslage ist nach innen geneigt, der Kreiselwagen stellt sich in dem Mafse, als ein stationärer Zustand bei einer längeren Kurve angenähert wird, in die richtige Neigung ein, gerade so, wie es bei der Zweischienenbahn durch die Überhöhung der äufseren Schiene künstlich bewirkt wird. Dafs überhaupt ein stationärer Zustand erreicht wird, rührt natürlich von der Kreiselstabilierung her, durch die die jetzige geneigte Gleichgewichtslage genau so gesichert wird, wie die aufrechte auf gerader Strecke. Die theoretische Behandlung der Einstellung würde überhaupt von der bisherigen -nur. durch die Beziehung der Gleichungen auf die neue Gleichgewichtslage statt auf die Mittellage = 0 abweichen. Allerdings wird diese Einstellung zunächst mit einem Überneigen nach dem Äufseren der Kurve beginnen, welches aus der primären Einwirkung der Zentrifugalkraft entspringt. Dieses wird aber sofort durch die Kreiselwirkung rückgängig gemacht und, mittels gedämpfter Oscillationen, in ein schliefsliches Überneigen nach der inneren Seite verwandelt. Wenn die Übergangsbogen der Schienen bis zum Erreichen der stärksten Krümmung genügend lang sind, so wird der Zustand des Wagens beständig als ein langsam veränderlicher Gleichgewichtszustand aufzufassen sein. Von Augenzeugen der Berliner Probefahrten wird uns in der That diese Erscheinung der unmittelbaren Selbsteinstellung bestätigt; ebenso auch, dafs im Falle einer einseitigen Belastung, die ja ähnlich wie die Centrifugalkraft wirkt, der Wagen sich für das Auge sofort auf die entgegengesetzte Seite neigte und ins Gleichgewicht setzte,. also in die Lage, in der der nunmehr verlagerte Schwerpunkt des ganzen Systems genau oberhalb der Schiene liegt. Auch hier ist natürlich die primäre Wirkung der Belastung ein unmerklich kleines Nachgeben, dem aber sofort die aufrichtenden Kreiselwirkungen folgen, die die neue Gleichgewichtslage stabilieren. Schädlicher für die Betriebssicherheit dürften kurz andauernde, starke Störungen, Impulse, sein, die bei der Fahrt auf den Wagen übertragen werden. Sei etwa L die Gröfse eines solchen Impulsmomentes um die Schiene, die im Mittel dem Konstrukteur bekannt sein wird. Der Ausschlag, mit dem. der Wagen auf eine solche Störung reagieren wird, ist aus einer einfachen Überlegung zu entnehmen. Sieht man von der Vorwärtsbewegung ab, so hat (bei der ersten Anordnung) der Eigenimpuls des Kreiselwagens die vertikal aufgerichtete. Gröfse N.. Addieren wir vektoriell den störenden Zusatz

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Title
Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.
Author
Klein, Felix, 1849-1925.
Canvas
Page 901
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1897-1910.
Subject terms
Tops
Precession
Nutation
Latitude variation
Gyroscopes

Technical Details

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"Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/abv7354.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 28, 2025.
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