Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.

848 IX. Technische Anwendungen.
müfste. - Auf diesem Prinzip beruht ein von: Anschüitz- Kämpfe konstruiertes: Kreiselkompafsmodell*), das die Firma in einem früheren
Stadium' ihrer Versuche zum Patent angemeldet hat;.
Soll der Kreisel bei seiner Raum'präcession die-Nord-Südrichtung
angeben, so mufs er: eine merkliche- Abweichung von der Vertikalen
haben; daher mufs wegen der verhältnismäfegigen Kleinheit der durch
ddie Erd'drehung verursachten Kreiselwirkungen auch das Schweremoment
-sehr klein sein. -Die Folge davon ist aber, dafs die Gleichgewichtslage
im Meridian einen sehr geringen Stabilitätsgrad besitzt- so dafs der
-Kreisel-:auf -einen kleinen Anstofs hin, wie er durch die Schiffsbewegungen fortwährend zu Stande kommt, die Ruhelage verläfst und
äihnlich, als ob die Erde ruhte, relativ zur Erde eine langsame Prätession um die Vertikale ausführt oder zum mindesten. in einer sehr
langen Schwingung in den Meridian zurückkekrt.
I- ni I dieser unzureichenden Stabilität liegt der hauptsächliche -Grund,
dafs die erste Form des Kompafses nicht zur Ausführung gekommen ist.
Betrachten wir nun den anderen Fall des unsymmetrischen Kräfteangriffs, der bei dem ausgeführten Kompafskreisel von AnschütZKämpfe vorliegt.**)- Es sei der äufsere Ring des kardanischen Gehänges um die Vertikale drehbar, der innere Ring um den horizontalen
Durchmesser des äufseren Ringes, die ~Knotenlinie" des Kreisel.. Dieser
innere Ring trage ein Übergewicht in der Art, dafs in seiner Gleich-.gewvichtslage seine Ebene horizontal, also auch die in der Ebene des
inneren Ringes senkrecht zu dessen Drehaxe gelagerte Figurenaxe
horizontal liegt. -:Der Schwerpunkt des Systems liegt dann in der
".qatorebene des Kreisels, ohne aber die Rotation um 'die Figurenaxe
mUitzumac-hen. Dieses rein schematische Bild. der' Anordnung genügt
für-unsere. nächsten Zwecke; die wirkliche Ausführang wird am Ende
de. Paragraphen besprochen werden.
In: kinetischer Hinsicht kann das System: immer noch als sym-.metrischer Kreisel aufgefafst werden,.wenn die Eigenrotation so stark
ist, dafs die Trägheit der Ringe neben der des Schwungkörpers zu vernachlässigen ist. Das Schweremoment wirkt dabei nach wie vor um.die Knotenlinie des Kreisels, nur ist es nicht mehr dem Sinus, sondern
*) D. R..P. Nr. 178814, 1905.
**) D. R. P;.Nr. 182855, 1908. Versuche mit diesem Systm sind auch von
0. Martienssen- gemacht worden, s. Physik. Ztschr. VII, Nr. 15, S. 535, 1906.
Bei- Versuchen -von ';Föppl -'zum- -Nachweis der Erdrotati'on tritt- an Stelle. der
Schwerkraft die Elastizität der Aufhängefäden des ebenfalls horizontal liegenden
Kreisels. Sitzungsber. d. Akad. d. Wiss. München, 1904, Heft I. Vgl. auch die
Zusätze am Schlufs dieses Buehes.