Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.

758 VIII. Abschnitt B. Geophysikalische Anwendungen. definitive Gleichgewichtslage des Schwungringes gewinnen will. Auch würden die starken Schwankungen der Schwungringaxe (in dem vorausgesetzten Falle beträgt die Amplitude der Schwankung einen rechten Winkel) für die Beobachtung der mittleren Gleichgewichtslage unbequem sein. Es kommt hinzu, dafs unser Wert von r nur für hinreichend kleine Schwingungsamplituden gilt, dafs dagegen bei den in unserem Beispiel in Betracht kommenden bedeutenden Amplituden die Schwingungsdauer entsprechend länger ausfallen würde. Immerhin zeigt unsere Rechnung, dafs man die Stärke der Ablenkung aus der Vertikalen durch geeignete Wahl der Umstände beliebig steigern und je nach Bedarf regulieren kann. Gilbert selbst rechnet folgendes Zahlenbeispiel: p= 480 50' 39", =- 0~, n = 200, m =:0,79 gr, — = 5 cm; mit Rücksicht auf die Abmessungen von Schwungring und Rahmen ergiebt sich Xo 7~ 37' 10", 3,76 Sek. Hierbei ist also auf einen sehr grofsen Wert der Ablenkung verzichtet worden zu Gunsten einer Verkleinerung der Schwingungsdauer und der damit zusammenhängenden bequemeren Beobachtung der schliefslichen Gleichgewichtslage. Die Gilbertsche Anordnung scheint gegenüber der ursprünglichen Foucaultschen manche Vorzüge zu haben. In dem Laufgewichte p und seinem Abstande d vom Schwerpunkt des Schwungringes hat man gewissermafsen einen Parameter zur Verfügung, den man in einer für die Beobachtung günstigen Weise wählen kann. Indem man die Verhältnisse so einrichtet, dafs die schliefsliche Gleichgewichtslage in der Nähe der Vertikalen liegt, eliminiert man manche Beobachtungsfehler, die bei grofsen Ausschlägen auftreten würden. Ferner werden die unvermeidlichen Fehler bei der Centrierung der bewegten Massen, die für das Foucaultsche Gyroskop sehr störend sein dürften, durch die absichtliche Hinzufügung des Übergewichtes p für das Barogyroskop relativ belanglos. Über die quantitative Übereinstimmung zwischen Theorie und Beobachtung macht indefs Gilbert ebenso wie seinerzeit Foucault in der mehrfach genannten Abhandlung keine näheren Angaben. Absichtlich haben wir in der vorangehenden Darstellung die wahrscheinlichen Fehlerquellen und die Frage nach einer möglichen quantitativen Bestätigung stärker betont, als dies in den Lehrbüchern der Mechanik sonst üblich ist. Scheint doch das vorliegende Beispiel vorzüglich geeignet, zu zeigen, wie weit der Weg ist, der sich zwischen der gedanklichen Erfassung eines dynamischen Vorganges und seiner Realisierung durch bestimmte physikalische Apparate dehnt!

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Title
Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.
Author
Klein, Felix, 1849-1925.
Canvas
Page 745
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1897-1910.
Subject terms
Tops
Precession
Nutation
Latitude variation
Gyroscopes

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"Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/abv7354.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 28, 2025.
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