Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.

678 VIII. Abschnitt B. Geophysikalische Anwendungen. eine Periode von ungefähr 10 Monaten verlangt, ergiebt die Prüfung von Figur 104 eine Periode von etwa 14 Monaten. Wir verfahren, um dies einzusehen, ziemlich roh, aber für unsere Zwecke hinreichend genau wie folgt: Wir denken uns zunächst die offenbar unregelmäfsige Schlinge von 95,0 bis 95,6 nach unten hin auseinandergezogen, so dafs sie mit den anliegenden Kurvenstücken einen dem Uhrzeigersinne entgegengesetzten Umlauf des Koordinatenanfanges gleich den übrigen Umläufen ergiebt und zählen darauf von 90,0 bis etwa 99,4 die Anzahl der Umläufe ab. Es sind dies gerade 8 Umläufe, welche vom Pole in 9,4 Jahren zurückgelegt sind. Mithin beträgt die Dauer eines Umlaufes oder die Periode der Polschwankung 8. 12 = 14,1 Monate. Während wir also die Eulersche zehnmronatliche Periode vorzufinden erwarteten, werden wir durch die Beobachtungen auf eine wesentlich längere Periode hingewiesen. Das Verdienst, die hier hervorgetretene längere Periode entdeckt zu haben, gebührt dem amerikanischen Astronomen Chandler. Chandler prüfte in den schon zitierten umfangreichen Arbeiten rein rechnerisch ohne theoretische Voreingenommenheit das gesamte Beobachtungsmaterial der Breitenschwankungen von 1840 bis 1891 und wurde dabei, auf eine Periode von 427 Tagen = ca. 14 Monaten geführt, eine Periode, welche seitdem im Gegensatz zur Eulerschen die Chandlersche heifst. Ohne zunächst auf die theoretische Erklärung dieser Periode einzugehen, wünschen wir uns durch blofse Diskussion der in Fig. 104 niedergelegten Beobachtungen ein Bild davon zu verschaffen, wieweit die Polschwankungen durch die Annahme einer; 14-monatlichen Periode dargestellt werden können. Wir werden dabei nicht das äufserst mühsame und gründliche rechnerische Verfahren von Chandler benutzen, sondern ein naheliegendes graphisches Verfahren. Es sei w = x + iy der Vektor vome Koordinatenursprung nach dem augenblicklichen Orte des instantanen Poles. Würde die Bewegung des Poles vollständig durch eine Periode t, (z. B. = 14 Monate) erschöpft, so könnten wir einfach schreiben t t 2iti- -2i i(1) w = a e 1; wäre die Bewegung überdies eine reine Kreisbewegung, so würde von den beiden Konstanten a und a' die eine (sagen wir a') verschwinden; gleichzeitig würde dann die andere a durch ihren absoluten Betrag den Radius des Kreises bestimmen, auf dem die Bewegung stattfindet.

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Title
Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.
Author
Klein, Felix, 1849-1925.
Canvas
Page 665
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1897-1910.
Subject terms
Tops
Precession
Nutation
Latitude variation
Gyroscopes

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"Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/abv7354.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 27, 2025.
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