Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.

~ 10. Der auf der Horizontalebene spielende Kreisel. 631 Als hauptsächliches Ergebnis dieser allerdings sehr unsicheren Betrachtung ist zu betonen: Die Figurenaxe mufs sich im Falle 3) senken. Hierbei kann es nicht ausbleiben, dafs der Kreisel schliefslich mit seinen oberen Partien die Unterlage berührt und nach einigen unregelmäfsigen Auslaufsbewegungen zur Ruhe kommt. Hinsichtlich des Grenzfalles 2) v = V wollen wir uns kurz fassen. Dieser kann sich nur vorübergehend und, da wir die den Fall definierende Gleichung als Bedingung sowohl für die Gröfse wie für die Richtung der Geschwindigkeiten v und V auffassen wollten, nur unter besonderen Umständen einstellen. Da in diesem Grenzfalle der Stützpunkt an der Unterlage überhaupt nicht gleitet, so ist die eventuell vorhandene Reibung als eine Reibung der Ruhe (vgl. ~ 2) zu bezeichnen. Man hat alsdann nach Coulomb W~<,toMg, wo go den Reibungskoeffizienten der Ruhe bedeutet. Insbesondere ist es möglich, dafs die ruhende Reibung gleich Null wird, wenn nämlich der Schwerpunkt, dessen Beschleunigung auch jetzt nach Richtung und Gröfse, gleich W/M sein mufs, in Ruhe ist, wenn also der Schwerpunktskreis sich auf einen Punkt zusammengezogen hat. In diesem Falle ist es denkbar, dafs der Kreisel seine Präcession ausführt, genau so wie auf einer idealen glatten Ebene, die wir im Anhange zu Kapitel VI voraussetzten, dafs also die Figurenaxe weder steigt noch fällt. Eine solche Bewegung könnte sogar beliebig lange andauern, wenn nicht andere hierbei aufser Betracht gelassene Einflüsse (rollende Reibung, Luftwiderstand) die Bedingungen des Falles 2) stören und den Übergang zu dem Fall 3) bedingen würden. Die Unterscheidung der vorangestellten drei Fälle V>v, V=v, V<v haben wir einer Note von Archibald Smith*) entnommen, in welcher überdies namentlich der Einflufs der besonderen Form des Auflagerendes diskutiert wird. Um unsere früheren Reibungsbetrachtungen in diese Fallunterscheidung einzuordnen, bemerken wir, dafs beim Kreisel mit festgehaltenem Punkte 0 natürlich v 0- ist. Hier befinden wir uns also notwendig unter der Bedingung des Falles 1). Dementsprechend fanden wir früher, dafs vermöge der gleitenden Reibung die Figurenaxe des Kreisels mit festem Punkte sich allemal aufrichten müsse. Eine Behandlung des vorliegenden Reibungsproblems findet sich, soweit es die Drehung des Kreisels um seinen Schwerpunkt angeht, auch in dem bekannten Buche von Jellett**), jedoch mit dem Unterschiede, dafs *) Note on the theory of the spinning top. Cambridge Mathematical Journal Vol. 1 (1846) pag. 47. **) Theorie der Reibung, deutsch von Lüroth und Schepp. Leipzig 1890, Kapitel 8, pag. 198.

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Title
Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.
Author
Klein, Felix, 1849-1925.
Canvas
Page 625
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1897-1910.
Subject terms
Tops
Precession
Nutation
Latitude variation
Gyroscopes

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"Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/abv7354.0003.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 28, 2025.
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