Über die Theorie des Kreisels. Mit 143 Figuren im Text.

628 VII. Anhang. Der auf der Horizontalebene spielende Kreisel.
(7) ro - r^2 + (E sin ),
wo E sinS die Projektion der Länge OS in die Horizontalebene bedeutet. Dieser Kreis wird im allgemeinen nur wenig gröfser sein wie
der Schwerpunktskreis.
Nachdem die Schwerpunktsbewegung bestimmt ist, haben wir die
Drehung um den Schwerpunkt zu besprechen. In welchem Sinne wird
dieselbe durch die Reibung W beeinflufst? Wir konstruieren uns zunächst das Reibungsmoment g](W) mit Bezug auf den Schwerpunkt.
Vernachlässigen wir den Abstand Q der Punkte 0 und P, so enthält
die durch S und W gelegte Ebene annähernd die Figurenaxe. Der das
Reibungsmoment darstellende Vektor, welcher als Lot auf dieser Ebene
zu konstruieren ist, steht daher annähernd senkrecht auf der Figurenaxe und ist in der durch die Figurenaxe gelegten Vertikalebene unter
den Verhältnissen unserer Figur 93 schräg nach oben gerichtet. Derselbe setzt sich nun mit dem vorhandenen Drehimpulse in der Weise
zusammen, dafs sich der Impuls in jedem Zeitelemente dt um dJ-= dt
ändert. Der Impuls, der annähernd die Richtung der Figurenaxe hat,
wird dadurch nach oben hin abgelenkt. Der Impuls richtet sich durch
die Beibungswirkung allmählich auf. Um von hieraus zu schliefsen, dafs
auch die Figurenaxe sich aufrichtet, erinnern wir an die Schlufsweise
von pag. 555, wonach die Rotationsaxe annähernd der Impulsaxe folgt,
während die Figurenaxe in schnellem Zeitmafs um die Rotationsaxe
herumgeführt wird, so dafs ihre mittlere Lage mit der Lage der
Rotationsaxe annähernd übereinstimmt. Wir erkennen hieraus weiter,
dafs die Figurenaxe dauernd in der Nähe des Impulses bleibt, sich also
ebenfalls aufrichtet.
Natürlich ist neben dem Reibungsmomente u ( W) das Moment
des Gegendruckes I(BR) zu berücksichtigen; dieses hat eine horizontale
Axe und giebt in der vom reibungsfreien Falle her bekannten Weise
indirekt zu der Präcession des Kreisels Anlafs.
In erster Annäherung bleibt die Gröfse des Impulses vermöge der
Reibungswirkung ungeändert, da der Impuls-Endpunkt (vgl. Fig. 93)
annähernd senkrecht gegen die Figurenaxe und daher auch annähernd
senkrecht gegen die Impulsrichtung fortschreitet. Es ist aber klar,
dafs auf die Dauer der Impuls dennoch geschwächt werden mufs.
Denn einerseits wird bei der Hebung der Figurenaxe Arbeit gegen
die Schwerkraft geleistet, andrerseits geht an der Unterlage dauernd
Reibungsarbeit verloren. Diese Arbeitsverluste müssen aus der lebendigen Kraft des Kreisels gedeckt werden, also teils aus der lebendigen
Kraft der Schwerpunktsbewegung, teils aus derjenigen der Drehbewegung.