Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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Abschnitt XXV11.

gebrauclit hat. Von Variation der Konstanten kann man audic bei
Lagr anges Herleitung des singuliiren integrals aus dem vollstiindigen
Integral reden; in alien diesen Fiillen handelt es sich jedoch nicht
-urn die uns geliufige Methode der Variation der Konstanten. Diese
besteht vielmehir darin, daB man statt einer gegebenen Differentialgleichung eine andere, die aus der urspriinglichena entweder dureli
Vernacbliissigung einzelner Glieder oder dadureli, daB man einzelne
Variable konstant setzt, hervorgelit, behandelt, und in dem Integral
dieser llilfsgleichu-ng naehtr~iilich die Integrationskonstanten oder
einstweilen. konstant gesetzten Veriinderlichen variieren l10t. In
diesem Sinne, ist die Variation der Konstanten nur eine spezielle
Niiherungsniethode, die dureli passende, Korrektion einen halbwegs
brauehbareii Wert genau richtig maclit. ilierher k~innte man z. B.
die Integration totaler Differentialgleidhungen mit melir als 2 Variaheln, weiche die Integrabilitiitsbedingungen erfallen, rechnen, die man
bekanntermaBen dadurch volizielit, daB man in der ursprllnglichen
Gleichung nur 2 Variable variieren lIiM, integriert Und nachtriiglieh
die bitegrationskonstante als Funktion der konstant gelassenen' Variablen
ansieht; diese Methode ist zu Beginn des bier behandelten Zeitabschnitts bereits bekanDnt. Ganz analog gelit man bei partiellen Differentialgleiehungen vor, die nur die Ableitung nach, einer Variabeln enthalten, und wir werden sehen, daB Lagrange einen iihnlieheri Gedankengang in der Theorie der partiellen Differentialgleiehnngen 1. Ordnung mit
groBem Erfolg verwertet hat (vgl. S. 970). Die eleganteste AnwenduLng
der Variation der Konstanten bat Lagrange mit der Integration der
vollstiindigen linparen totalen Differentialgleichnng und Differenzengleichung nter OrdnUng gegeben (vgl. S. 932). Derselbe gehit audi
auf die M6glichkeit der Integration von
dily _
In
woP und HI Fnnktio-nen von x, dy d -Ysn itl a
xiY x dXn sInd mittl a
riation der Konstanten emn, falls das vollstiindige Integral von
d~y + p -
d xe
bekanut ist.') Ferner erwaihnt er, daB die Methbode der Variation der
Konstanten mit Vorteil auf die durch VernachlUissigung sehir kleiner
Gr6Ben erhaltenen angeniiberteu Integrale vonl Simultansystemen angewenadet werden kaunn2), daB jedoch fuir ein beliebiges vollstiindiges
')Nouveaux MWmoires de I'Aeadimie de Berlin 1775 (1777), p. 192.
2)Ebenda, p. 195.