Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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Abschnitt XXVIL

Punkten der gegebenlen Anfangsfigur implizite voraus 1). Nach und
nacli flaute die Debatte ab, da eine Einigung iticlit zu erzielen war;
die spiiteren Forscher begntigten sich damit, gelegentlich zu der
Sadie Stellung zu neb men. A uf diese Weise wird ersichtlich, daB
Condorcet2) mud Laplace melir auf der Seite d'Alemberts standen,
insofern als audi sie die willkiirlichen Funktionen gewissen Beschriinkungen unterworfen wissen woliten. So fordert Lap lace fuir das
Integral einer Gleichung n ter Ordnunug die Stetigkeit der Ableitungen
aber nur bis zur (n - 1)te Ordnung einschlieBlichY-) FUr seine Auffassung ist folge-nde Uberlegung mal~gebend: Man kann jede Differentialgleichung als, Spezialfall einer Differenzengleichung auffassen,
es sind lediglich die Differenzen unendlich klein geworden. Fuir die
Differeuzengleichuingen brauchen aber (wie dureli geometrische Konstruktion der Integrale soicher Gleichungen gezeigt wird) die willkiirlichen Funktionen durchaus nicht stetig zu sein. Die iibrigen
Geometer nebmen fast alle Eulers Standpunkt emn. Der Streit hat
iibrigens eine wichtige Unterscbeidung der bei Kurven m~iglichen
Unstetigkeiten geschaffen; nach einer von der Petersburger Akadernie
preisgekr~inten Arbeit 4) ist,,discontiguite'", d. i. Unstetigkeit in unserm.
Sinne (etwa durch Sprung), von,discontinuity" zu trennen. Letztere
Art von Unstetigkeit bestelit darin, daB die Funktion in versehiedenen
Intervallen versehiedenen Gesetzen gehorcht. Der Verfasser, L. F. A.
Arbogast (S. 667, Note 1), ist der Ansicht, daB beiderlei Gattungen
von Unstetigkeiten in den Integralgleichungen zuzulassen sind; die
Differentialgleichung verlange ja nur, daB emn Sprung des eineu Differentialquotienten durch einen analogen Sprung des flbrigen kompensiert werde. Die Unstetigkeiten im zweiten Sinne werden Ulberhaupt
von den meisten Mathematikern zugelassen; erwiihnt sei z. B.
der Abbe' T. Valperga di Caluso5) (1737-1825). Einen wirk'~Nach Burkhardt, Eutwicklungen nach oscillirenden Funktionen,
Heft 1, S. 40. Dieser Aufsatz, im folgenden einfach als Burkhar dt zitiert,
findet sicli in den Jahresberichten der deutschen Mathematikervereinigung; daselhst ist der ganze Streit beziiglich des Problems der sehwingenden Saiten ausfifihrlich dargesteilt. Der Briefwechsel zwischen d'Alembert und Lagrange
in Oeuvres de Lagrange, t. XTIi. Man vgl. auch d' Alembert, Opuscules math&'
matiques, t. 1, 1761, p. 65ff. 2) Histoire de I'Acade'mie des Sciences 1771 (1774),
p. 49ff. und p. 69. Seine Sehliisse sind nicht streng, die Darstellung ist schwerverstlindlich. 3)Ebenda 1779 (1782), P. 299ff. 4) Vgl. Nova Acta Academiae Petropolitanae, t. V, 1787 (1789), Histoire, p. 5. Die Arbeit heil~t M'&
moire sur la nature des fonctions arbitraires, qui entrent dans les integrales
des equations aux diff~rentielles partielles, St. Pe'tersbourg 1791. Vgl. audh
Burkhardt a. a. 0. 5)Nach Burkhardt, Heft 1, S. 44 Mem. Tor. 1786/871
(1788), p. 571.