Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

650 Abschnitt XXV1. blick von dem. genauen Verfahren der Elementargeometrie Zn entfernen? Wird man einem ebenen und bequemen Wege einen dornigen Pfad vorziehen, auf welchem, es so seliwer ist, sich nicht zu. verirren? Der Standpunkt von C a rnot ist richti g, aber sein Yerfahren ist weder so einfach, als es sein diirfte, noch ga-nz vollstiindig. Urn nachzuweisen, daB die ungenauen Gleichungen sich durch Vertilgung der unendlichkleinen GrdBen in genaue verwandein, braucht man nui r die unendliehkleine Gr~i1e als eine willktirliche Gr6B1e zu defi-nieren; denn, da nach dieser Definition die unendlichkleinell Grdlen sich so klein annelimen lassen, daB die aus deren Vertilgung hervorgehenden Fehier kdeiner sind als jede beliebig, vorgegebene Gr~31e, so sind diese Fehier genau gleich Null. Es findet also wirkileli eine Aufliebung der Fehier statt, nicht aber durcli gegeniseitige Ausgieichung (,,comnpensation des erreurs"), wie Carnot meint, sondern dadurch, daB jeder Fehler fUr sich selbst zn. Null wird. Es ist ferner zu. beachten, daB sich Carnot mit der Bestiitigung der Tatsache von der Fehleraufhebung begntigt, ohne nach deren Grunde zu suchen; hdtte er das getanD, so hUtte er den Grund darin gefunden, daB, wie soeben gesagt, jeder Feller fUr sich verschwi-ndet. Manche andere Scbriftsteller bemillten sich,2 mit gi'bBerenm oder kleinerem. Erfolg, die Strenge der Leibnizschen Methode auBer Zweifel zu legen. Nach Johann And reas von Segner (diese VTorl., 1112, S. 609, IV, S. 74)') ist der Unendlichkeitsbegriff bloB emn negativer Begrifi, denn unendlich ist was keine Greuzen hat; urn auszudrticken, daB zwei parallele Linien niclit zusammentreffen, sagt man, sie selineiden sich im Unendlichen. Man kcann aber deni Uniendlichen eine positive Bedentung geben. Bebauptet man, zwei parallele Geraden haben einen im Endlichen liegenden gerneinsehaftlichen Punkt, so begeht man einen desto kleineren Fehier, je grbiBer der Abstand des Puinktes ist; ware also der Abstand gr8B1er als jede angebbare Griie, so wiirde der Fehier verschwinden. Bezeichnen wir mit il den Ozea-n, Mit P einen Tropfen Wasser, so ist es uns unm6glieh, das Yerbiiltnis jTvon zu unterseheiden, wenn sie auch voneinander sachlich verschieden sind, denn unser Begyriff von iL und von Mi ~ P ist ganz derselbe; das zeigt, daB wir fiihig sind, das Verhaltnis 1gewissermaBen zu 0 ') Segner, Elementa analyseos finitorum, Halle 1758; Elemenltorum analyseos infinitorum Pars prima, Halle 1761, Pars secunda, ilalle 1768.

/ 1128
Pages

Actions

file_download Download Options Download this page PDF - Pages 631-650 Image - Page 631 Plain Text - Page 631

About this Item

Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
Canvas
Page 631
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

Technical Details

Link to this Item
https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0004.001
Link to this scan
https://quod.lib.umich.edu/u/umhistmath/aas8778.0004.001/660

Rights and Permissions

The University of Michigan Library provides access to these materials for educational and research purposes. These materials are in the public domain in the United States. If you have questions about the collection, please contact Historical Mathematics Digital Collection Help at [email protected]. If you have concerns about the inclusion of an item in this collection, please contact Library Information Technology at [email protected].

DPLA Rights Statement: No Copyright - United States

Manifest
https://quod.lib.umich.edu/cgi/t/text/api/manifest/umhistmath:aas8778.0004.001

Cite this Item

Full citation
"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0004.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed May 2, 2025.
Do you have questions about this content? Need to report a problem? Please contact us.