Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

606

Abschnitt XXV.

Verfahrens hier nicht angeben uind nur bemerken, daB Zan otti audi
die Modifikationen zeigt, weiche jene Konstruktion erfordert, wenn
das Objekt zwischen das Auge und die Tafel fiillt. - Der IV. Abschnitt des betreffenden Jrattato" enthuilt die bekarinten, schon von
del Monte und Stevin angeftilirten Siitze Uiber die Transformation
eines Systems paralleler Geraden dureli Projektion in emn eigentliches
Brischel oder umgekebrt. Der V. Abschnitt betrifft dlie Schatten, der
VI. Absehnitt die Perspektive von Kurven mit besonderer Berfllksichtigung des Kreises, der V1i. Abschnitt die Perspektive der regelmdiligen Polyeder und der V111E Absehnitt, weleher rein praktischer
Natur ist, die Perspektive der Zimmerdeeken und der Biihnen. Die
zwei letzten Abschnitte sind dagegen wieder theoretiseli; der eine
enthiilt eine Methode zur Zeichnung der Perspektive ohne Zuhilfenahme des Grundrisses 1), wilhrend der andere sich mit der Wiederherstellun g einer Figur beschiiftigt, von der eine Perspektive bekannt ist. Das Werk schliel~t mit einem, Naehworte,,iiber verschiedene, die Pers pektive betreffende Fragen", weiche nur ftir Kflnstler
Interesse hat.
Mit Rilcksieht darauf, daB es zweckrniffiger war, alle Beitrage, weiche Z ano tti zur Perspektive geliefert hat, im. Zusammenhang zu betrachten, haben wir uns leider gezwungen gesehen, die
chronologische Ordnunug fUr einen Augenblick zu verlasseni. Denn
schon vor dem. Erseheinen des Jrattato teorico-pratico di prospettiva"
war in Deutschland emn sehr originelles Werk ver~ffentlicht worden,
dessen Verfasser Johann ileinrich Lambert (1728-1777) 2) war.
Wdhrend seines fast emn halbes Jahrhundert dauernden Lebens hat
Lamb ert viele wertvolle mathematische und philosophische Arbeiten
geschrieben, wobei er sich bestiindig bemiiht, die Anwendungen der
exalden Wissenschaften in das geh~5rige Licht zu setzen. Eine grol~e
und wohiverdiente Beriihmtheit erla-ngte die Abhandlung,,Jnsigniores
orbitae cometarum proprietates" (Wien 1761; Augsburg 1771>,
weiche mindestens eine Erwiihnuing in jeder Geschichte der Geometrie
verdiente, weil darin der sch~ine Satz (heute,,Lamb ertscher Lehrsatz" genaunt) dargelegt wird:,,In jeder parabolischen Bahinkurve
eines Punktes hiingt die Zeit, in weicher emn beliebiger Bogren beschrieben wird, nur von der entsprechenden Sehne und der Summe
der Radiusvektoreni der Bogenextreme ab". Dieser Satz hat emn
Analogon in dem folgenden, weichen man ebenfalls Lamb ert ver') Wurde beim Sebreiben dieses Abschnittes Zanotti etwa von Lamibert
beeinfluBt, von dem- wir gleich sprechen werden? 2) Seine Biographie be-~
findet sich im XXI11. Abschnitt, S. 408.