Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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64 Kapitel. '

urn zu einer unparteischen Wiiirdigung zu gelangen, die versehiedenen
Erziihlungen, wie sie auf einander gefolgt sind, uns vorfifihren. Wir
gestatten uns zur Erleicliterung der U~ebersichtliehkeit nur die VeriUnderung, dass wir die vorkommenden Gleichungen u. s. w. in der
heute jiblichen Form sehreiben und nicht Yon cubo, censo, Cosa,
numero sprechen, urn Potenzen der Unbekannten oder die Gleichungsconstante Zn bezeichnen, wie es bei Cardano sowohl als bei Tartaglia
alleinige Uebung war.
Im Jahre 1545 ersehien in Niirnberg bei dem dortigen Buchdrucker Petreins und mit euler Widmung an Andreas Osiander
versehen emn Buch des C ardano unter dem Titel Ars inagna (le
rebus Algebraicis. Gleich im I. Kapitel und dann wiederholt iin
XI. Kapitel 1) erziaihlt der Verfasser, wie die Entwickelunag der Algebra
gesehiclitlich verlaufen sei. Der Araber Mu ham med habe die Lehre
begriUndet. Die quadratischen Gleichungen seien von ibmn erledigt
wordele, wie man ans dem Zeugnisse des Leonardo von Pisa entnelimen k~5nne. Abgeleitete Gleichungsformen, welehe P a ciuno1o
ver6ffentlichte, haben dem sich filgen milssen; wer sie bewailtigte,
wisse man niclit. Gemeint sind diejenigen Gleichungen, weiche in
der ailgemeinsten Form ax' + bx2 ~- c 0 enthalten sind. Andere
abgeleitete Formen, in weichen eine Gleichunagsconstante neben x"
und x6 vorkomme,7 seien, flihrt Cardano fort, wie er gelesen habe,
von einein Unb ekannten behandelt worden; im Drucke seien diese
Ergebnisse nicht erschienen. In der Neuzeit erfand Scipio Ferreus
die Auflbsung von x3 + ax == b und theilte sie seinem Schijler
F lori dus mit. Letzterer hatte aber einen wissenschaftlichen Wettkanipf mit Nicolaus Tartalea, und bei dieser Veranlassung entdeckte
Tartalea neuerdings die Auflsung. Von ihm, seinem Freunde,
habe er mit vielen Bitten die Aufi~sung erlangt 2), welche er bisher,
durch Paciuolo's Aeusserungen irre geleitet, ffur unm~iglich gehalten
hatte. Jetzt in den Besitz des einen Falles gelangt habe er auft
den Beweis Jagd gemaclit und dabei erkannt,2 dass noel'
Mancherlei gefunden werden ko-nne. Auci Ludovicus Ferrari, sein ehemaliger Schiller, hat Einiges hinzuentdeckt. Was diese
Thinner fanden werde mit ihrem Namen versehen werden, wo ein~
Name fehie, seien die Siitze sein Eigenthum 3).
Die Ars magna de rebus Algebraicis war noch kein Jair erschienen, so verliess 1546 in Venedig emn Werk des Tartaglia die
') C ardano IV, 222 und 249. 2) qui mnihi ipsurn multis precibus exoraottU
tradidit. ') Porro quae ab his inventa sunt illorum nominibus deeorabaflh(1,
caetera quac nomine carent nostrct sunt.