Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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f'57. Kapitel.

holt zu sprechen hatten. Die Bewegung, weiche, wie man annelimen
darf, das Erseheinen des Zamberti'schen Euklid verursachte, bewog
Paciuolo seinerseits auch eine Euklidausgabe zn veranstaltenD). Es war eine Elirenrettung des Campanus gegeni Zamberti,
welehe er beabsichtigt haben muss, nnd die er auf Kosten Ratdolt's
volIzog. Die Werke des Euklid von Megara, des scharfsinnigen Philosophen, des unbestrittenen Fiirsten unter den Mathematikern, erziihlt
uns der weitschichtige Titel2), seien von Campanus, der zuverliissigsten0
Mittelperson, iibersetzt worden; die Schuld der Abschreiber und Buchhiindler 3) habe die Uebersetznng so verunstaltet, dass man sie kaum
als den Enklid anzuerkennen verm~ige. Jetzt habe Lucas paciolus die
Fehier verbessert, 129 falsch. gezeichnete Figuren berichtigt und vieles
Nothwendige, auch kleine ErlIduterungen zu seliwierigen Stellen, beigeffigt. Der Name Zamberti's kommt im ganzen Buche nicht emn
einziges MLlal vor 4). Er wird einfach todtgeschwiegen, und nur gewisse kleine Gegenus~tze verrathen dem. kundigen Leser, gegen weis
manche verborgene Bosheit gemiinzt ist. Zamberti nannte sich, wo
er eigene Bemerkungen maclite, Interrs; Pacinolo bedient sich daftir
des Ausdrnckes Oastigator. Zamberti wnsste gegen Campanus eim
FtIllihorn. von Schmahworten auszuschtitten, Paciuolo nennt ihn den
zuverliissigsten, besten, vortrefflichsten Uebersetzer und riihmnt seine
Ausgabe als die volikommenste. Zamberti sagt, seine Ausgabe beruhe anf einem griechischen Texte, Pacinolo riihmt dankbar die liulfsqleistungen, weiche er von Scipio Vagins, einem. Manne von Erlenchtung in beiden Sprachen, womit natfirlich die griechische und
lateinische Sprache gemeint sind, erfaliren babe; da mnss wohl der
Wnnsch Paciuolo's auf Zamberti gedentet werden, es m6chten doch
auch Andere suchen, sich Wissen anzueigneni und nicht bloss zu
prahien und. mit dem, was sie nicht wissen, Wind zu machen5).
Ueber die Anmerkungen Paciuolo's wissen wir durch einen Gelehrten,
der diese seltenste aller E-Lklidausgaben selbst gesehen hat, und der
nichts weniger als zu den Bewunderern Paciuolo's geh~5rt), dass sie,
nebefi manchen Trivialitkien audi praktische und niitzliche Winke
und Erkliirungen einzelner Worte enthalten, dass sie neue Beweisie
bringen, die aufzufinden freilich nicht schwer sei, wenn man sieli,7
wie Paciuolo biinfig genug tine, gestatte, vom. Gedankengange se~lnes
')Weissenborn 1. c. S. 28-56. - Staigmifller 1. c. S. 94 J.
2)Weissenborn 1. c. S. 30. 3) Das Wort librariorum ist gebraucht, welel1e'
die beiden Bedeutungen haben karnn und verrmuthileli hier haben sollte.
4) Weissenborn 1. c. S. 50. 5) Atque utinamn et aiii coynoscere velleit JiO)I
ostentare aut ea quae nesciunt veluti fumum venditare non conarentur. ~)W e i sse"i
born 1. c. S. 62.