Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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'04. Kapitel.

algebreaischen Vorlesung an euler Universitait. Wir sehon eino andero
Fassung als bei den offenbar eingebiirgerten Vorlosungen fiber das
Itechnen. Ort und Stunde sollen erst vereiiibart werden! Auci houte
noch ka-nn man Thnlichen Wortlaut mitunter auf Ankiindigungen ani
dell schwarzen Brettern unserer deutschen Hochschulen finden. Sic
bedeuten etwa so viel als: der Unterzeichnete m~chte Uibor den betreffenden Gegenstand lesen, vorausgesetzt, dass sich Zuh~irer dazu
melden. Wir werden nicht irre gehen, wenn wir im XV. Jahr-hunderte
der Kiausel denselben Sinn beilegon. Es war eine nngewohnte, einle
neue Vorlesung. Sic kam zu Stande. In dem Codex 1470 derLeipziger Universit~isbibliothek wird berichtet, im Sommer 1486 habe
Johann von Eger (und das kann doch nur Widmann sein) ini
seiner Behausung Algebra vorget'ragen 1). Als weitere Bestiiigung
dtirfen wir os ansehen, dass Widmann der lateinischen Algebra, die
or augenscheinlich der Vorlesung zn Grunde legte, an einer Stelle
einige Anifgaben zufiigte 2).
Und das Andere, was wir horvorznheben haben, besteht dari-n,
dass ffir Widmann Algobre emn Mann, der Erfinder der Kunst war.
Ob or ihn auch Geber nennen zn dilrfen glaub to, wie jener Canacci
ill XV. Jalirhunderte (S. 165), ob damit wieder der Namo Czebroyn
4cr deutschen Algebra dos Dresdner Bandes (S. 241) sich deckt~? Mdglich ist so ziemlich Alles, was an Namensverketzeruingen nur erdaeht
werden kann.
Wir missen aus dem weitlhiufiger Anseinandergesetzteni die Ergebnisse kurz zusamamenstellen. Sie gehen dahin, dass Widimain
algebraischer Schriften sich bediente, welehe nach wesentlichen Merkmalen in gelelirten Kreisen entstanden soin miCissen, und welehe
mittelbar, stellonweise unmittelbar auf J ordanus zurtickweisen. Anidrersoits, war es Widmaun auci bekannlt, dass die algebraische Kuiist
liegula cosse (S. 234) hiess. Er hat ilberdies, wovon wir bisher gesehwiegen haben, in seinem. Rochenbuche ziemalich viele Aufgabeii,
weiche auch in Leonardo's Abacuis vorkommein 3), soi es, dass die
Ueberei~nstimmung sich auf Text und Zahion boziohe, sei es, dass bei
gyleichem Texte andere Zahien ge-w~hlt sind. Wir k~innen daraiis
keine anderell Folgerungen zichen, als die, dass Algebra gelolirtel
Ursprunges in der Mitte des XV. Jahrhunderts in Deutsehland bekalilt
war,7 dass mit ihr Algebra italioniscih-kaufmiiinnischon Urspruilges
gegen Endo des Jahrlhunderts sich vereinigt hatte, dass von Schirift') Cu rtze brieflich. 2) Wappler 1. c. S. 21, Note 1. '1) Treutleil1,
Die deutsche Coss. Zcitsehr. Math. Phys. XXIV, Suppleinentheft, S. 119, AMi
merkung.