Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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228 ~~~~~~~54. Kapitel.

54. Kapitel.
Johannes Widmialli und die Auffinge einier deutselien Algebra.
Voni Bamberger iRechenbuche gelangen wir z. eineni tanderei,
welehes seebs Jalire spiiter in Leipzig gedruckt wurcie und seine Abhiingigkeit von jenem. dadureh erweist, dass viele Stellen wdrtlich
entlehint sind 1). Genannt ist die Quelle aber niclit, sondern als benutzt werden nur angegeben 2): Johannes von Sacrobosco ffur das
eigentliche liechnen, Euklid, Campanus, Boethius, Jordanus fair Proportionen, endlich Julius Frontinus fair Feidmesserisehes.
Diese genaunten Quellen -neben jener nicht genannten, aber nachiweislich benutzten, geben demi Werke emn besonderes Interesse. Sic
lassen erwarten, dass von den beiden am Schlusse des vorigen Kapitels
genannten Schulen ein sich inisehender Eintluss vorhander-i sein rniisse,
der sich nachtriiglieh werde erkennen lassen. Sie lassen vernittheii,
dass der Verfasser zu deu eigentlich gelehrten Kreisen gel~irt babie,
weil er sich nur auf soiche Vorg'ainger beruft, deren Namen in solehen
K~reisen einen vorzugsweise guten Kliang hattten. Alles dieses bestiitigt
sich bei genauerem. Berichte.
Jolhannes Widmaiii von Eger') wurde 1480 imm Wintersemester in die Matrikelliste der Universifdt Leipzig eingetrageni mid
zwar als pauper, d. h. mit einem Armuthszeugnisse. Andere Ulnversift~sacten theilen mit, dass Widmann 1482 Baccalaure-us, 1485
Magister unter Erlassung der Kosten wurde. Von da ail lehrte er
mutlimasslich an der gleichen Iloehschule, weicher er seine eigeiie
Ausbildung verdankte, deiin wenn auch nielit nachgewiesen werdel]
kaun, dass Widmann eine leipziger Professur inne hatte, so hat sichl
dafiir der Wortlaut von Vorlesungsanzeigen desselben erhaltell4).
Geburts- und Todesjahr Widmann's keninen wir nicht. Dass Werk,
welehes semnen Namen beriihmt gemiacht hat, heisst Behende mi
1) Unger, 8. 41. 2)1robisch, De Joannis Widraimi 1~gcrant C'0111
pendio arithrneticae mercatorum (1840) pag. '21. 3) Das Verdienst, Joli. \\'idmann ftir die Geschichte der Mathematik entdec'kt zu haben, gehbrt Dro bisell
an. VergI. die in Anmerkung 2 genannte Programmschrift zur SileularfeiClr Jcir
Erfindung der IBuehdruckerkunst. Wielitige Untersuehungen stellte spilter Fiirst
JBonconmpagni an in Bulletino Boncompagni IX, 188-210 und Treutlici" in
der Abliandlung: Die deutsche Coss, Zeitsehr. Math. Phys. XXIV, Supplementhef
insbesondere S. 62 flgg., 110 flgg., 118 flgg. Zusammenstellungen bei Gerhardt
Math. Deutschl. S. 30-36, Gtinther, Unterricht Mittela. S. 304 flgg., Ung~el
S. 40 flgg. 4)Wappiler, Zur Gesehichte der deutschen Algebra iii 15. Jajirhundert. Zwiekavier Gynrnasialprogrlamm (1887) S. 10,