Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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48, Kapitel.

Grund haben, trat die Erbsebaft nielit an. Deutschland und Italien
sind die beiden Liinder, in weichen der edle Wettstreit urn das Uebergewiclit innerhaib, der Wissensehaft beginnt. Die Grtinde dieser erst
im. XV. Jahrhundert, sich voliziehenden Wandelung liegen bereits in
XIV. Jahrhunderte und miissen hier auseinanderges-etzt werden.
Zwei grosse geschichtliche Ereignisse sind es vorzugsweise, welehe
die Versehiebung der geistigen Machtverhiiltnisse begleiten, wenn nicliht
hervorrufen. Genannt haben wir beide im. Vor~ibergehen, nnd zwar
in Verbindung mit dem. Namen des gr~5ssten englisehen, des gr~issten
franz~Ssischen Mathematikers des XIV. Jahrliunderts. Von Bradwardinus berichteten wir (S. I113), dass er 1340 bis 1346 K~inig Eduard III.
auf semnen Kriegsziigen in Frankreich begleitete, von Oresme (S. 128),
dass er 1363 in Avignon eine berrihmte Predigt fiber oder gegen den
Papst hielt. Und nun wiederholen wir ansdriieklich, dass wir unter
den Ereignissen, welehe, so fern sie wissenschaftlichen Bestrebungen
zu liegen seheinen, in der Gesehicbte der iMathematik eine keineswegs unwesentliche Rolle spielen, den englisch-franz~isischen Erbfolgekrieg und den vorflbergehenden Aufenthalt der Piipste in Avignon
verstehen.
Philipp IV. mit dem. Beinamen der Sch~ine war 1314 gestorben,
nind der franzdsische Thron vererbte sich anf semnen Solin. Aber
dieser Mannesstamm. erloseli 1328, nnd die Krone ging an die Seitenlinie der Valois fiber. Eduard III. von England erhob, als Seliwiegersohn Philipp des Seh~5nen Einsprache und verlangte, entgegen dem
in Frankreich geltenden, weibliche Erbfolge aussehijessenden, salischen
Gesetze, die franzbisische Krone ffir sich. Das war der Anfang des
lanagwierigen, auf franz~isischem. Boden mit wechselndem GlIleke gefillirten Erbfolgekrieges, der erst 1436 mit dem. Einzuge Karis YII.
in Paris als beendigt, angesehen werden kann. Wogte wildes Kriegestreiben ein Jahrhnndert lang in Frankreieh, so genoss England
keineswegs viel gr~isseren Friedens, da K~impfe zwischen England
und Schottland in Abwechslnng mit den inneren Streitigkeiten, die
man unter dem. Namen der Kampfe zwischen der weissen und der
rothen Rose kennt, das Land zerfleischten. Schiller's Jungfrau von
Orleans, Shakespeare's K~5nigsdramen haben die Kenntniss aller dieser
Kampfe in weite Kreise getragen. Sie bilden die eine Gruppe von
Ereignissen, weiche wir als daza angetban erwahnten,7 den sch~nenl
wissenschaftlichen Anlauf Zn hemmen, welchen die Geschiclite der
Mathematik ans England wie aus, Frankreich zn verzeichnen hatte.
Und nun die andere Gruppe von Thatsachen folgereicher Natur.
Wieder bis zu Philipp dem Schb3nen mfissen wir zuriiekgreifen, zU1
dessen K~impfen mit Papst Bonifacins VIII. Banniluch und Interdict