Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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44. Kapitel.

erweist, oder wenn unser Erkliirungsversuch des nicht wegzuleugneniden Gegensatzes keinen Beifall finden solite, wer der Lehrmeister
bleibt, Leonardo oder Jordanus?
Haben wir aber erst des Wortes Zufall uns bedient, so ist jetzt
aus inneren Gr-ilnden die Antwort herzuleiten, welche die zuletzt aufgeworfene Frage zu erhalten hat. Leonardo von Pisa war freilicli
nach unserer pers~inlichen Schiitzung der bedeutendere Mathematiker
von den beiden, zwischen welehen die Wall stand. Er war ciii
Kaufmann unter tausenden. Jordanus Nemorarius war emn Ordensgeistlicher wie vielleidit sehr vicle, wenngleich an besonderer mnathemnatischer Begrahung denselben filberlegen, und das musste den Ausschiag geben. War die Wissenschaft und ibre Lehre nocl fortwiihrend
Eigenthumi der (Geistlichkeit, gipfelte, wie wir (S. 54) in kurzem
Abrisse anzudeuten uns begnilgen mussten, alles Wissen in der
Gottesgelehirsamnkeit, so musste der gelehrte M6nch cinen ganz anderen Einfluss ausilben als der ebenso gelehrte Kaufmann. Und wcnii
nun gar der M~inch dem, Orden angeh~5rte, der, wie wir gleiclifalls
(S. 55) gcsagt haben, in Prcdigt und Lchre seine Aufgabc fand,
wenin er an der Spitzc dieses Ordens stand, weun er zur Ausbrcitung
des Ordens in grossartiger Weise beitrug, kann es da noch zweifelhaft erseheinen, wer im. Wcttstreite siegen musste, wenn Ulberhaupt
von einem, solehen die liede scin kann? Und nun greifen wir auf
eine andere fMr Manchlen noch strittige Frage zurtick: wenn Alles
so verlief, wie wir hier in Kuirze es angedeutet laben, ist dadurch
nielt cmn bisher unbeaclitet gebliebener Grund ffur die Belauptung
gefunden, Jordanus Nemorarius und Jordanus Saxo scien eine Person?
Lassen wir an einem Belege statt an hunderten zum vorais,
wenigstens die Walirseheinlielikeit unserer Er6rterungen zu Tage
treten. Handschriften des Leonardo von Pisa haben siel bis auf den
heutigen Tag nur in Italien erhalten, oder wohin sic in den letztenl
Jahrhunderten von Italienern allenfalls verschleppt worden sind.
llandschriftcn des Jordanus Nernorarius sind in Basel, in Cambridge,
in Dresden, in Erfurt, in Mailand, in Milnelen, in Oxford, in Paris,
inl Rbm, in Thorn, in Venedig, in Wien vorlanden. Wir haben absichtlich die aiplabetiscle Reihienfolge der Stiidte gcwiihlt, welehe in
Kreuz- und Querziigen Uiber ganz Europa hin und her flirt.