Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

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39. Kapitel.

Zweifel in die Meinung setzen, Gerbert habe grade walirend seiner
Rheimser Lehrzeit die Regel aufgeschrieben, beziehungsweise seinerna
dortigen Unterriclite zu Grunde gelegt, ei-ne Meinung, weiche in
weiterem Widerspruche gegen unsere (S. 800) begriUndete Ansicht
stelit, Gerbert babe dort iiiberhaupt nicht nach einem den Schfllern
in die HiUnde gegebenen Buche das Rechnen gelehrt, in Widerspruch
audi gegen die Worte Richers, man solle Gerberts Buch an C. den
Grammatiker zu Rathe zu ziehen. Konnte Richer so schreibeni, wenn
die ausfifihrliche Regel Ulteren Datums als das Buch an Constantinus
war, in weichem, wir sogleich eine wesentlich kiirzere Darstellung
kennen lernen werden? Musste Richer die Regel, weun sie in Rheimns
in Gebrauch war, nicht unbedingt kennen, walirend seine Worte die
Vermuthung erwecken, er wenigstenus habe nur von einer Selirift
Uiber Rechenkunast aus Gerberts Feder gewusst? Aelinliche nur noch
stairkere Bedenken sind einer Berner llandschrift der Regel entnommen worden 1). Die Vermuthung, jene llandschrift gehibre dem
IX. S. an, sie sei also langere Zeit vor Gerberts Geburt geschrieben,
hat sich allerdings als irrig erwiesen. Die Zeit, der Niederschrift
wird niclit Uaber das X. S. hinaufzuriicken sein 2), und somit k6nnte
das Original allenfalls urn 970 entstanden sein. Aber aus dem Berner
Codex geht deutlicher als aus, dem dem Drucke der Regel zu Grunde
gelegten hervor, dass man Uberhaupt nicht eine Abbandlunag, sondern
deren zwei vor sich hat, eine fiber das Multipliziren und Dividireil
mit ganzen Zahlen, eine zweite Uiber das Bruchrechnen, und da nur
von einer Schrift Gerberts, die Rede sein k~5nnte, so ware mindestens
die zweite Abhandlung einem, Verfasser zuzuweisen, der spaltesteiis
als, Gerberts Zeitgenosse lebte, der durch seine Duodecimalbrfiche
sich als Schlller ri~mischer Rechenkunst zu erkennen gibt, und der
mit diesen Brfichen die complementare Division ausiibt! Das diirfte
denn doch fast mehr als alle von uns schon beigebrachten Grilnde
den Beweis des r~mischen Ursprunges der complemenat'aren Division
liefern, und wie sehr damit der ganzen Frage nach der llerkunft der
Apices die Spitze abgebrochen ist, wissen unsere Leser zur Gentige.
Alle vorgetragenen Bedenken werden von denjenigen nicht getheilt, freilich audi nicht widerlegt, weiche die Echtheit der Regel')
auf das Buch an Constantinus, selbst stfltzen zu k~nnen glaubenl.
Bt-chlein fiber das Dividiren der Zahien, libellus de numerorum
1) Gerbert und die Rechenkunst des X. Jalirhunderts von Dr. Alfred
Nagl (Wien, 1888, Sonderabdruck aus Bd. 116 der Sitzungsberichte der phil.hist. Kiasse der Wiener Akademnie).2 So das Ergebniss genauer Erwiigungef
von Herrn D eliele in Paris. 31) Oeuvrcs de Gerbert (ed. 01leris) pag..58?.