Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Klostergelehrsamkeit bis zum Ausgange des X. Jahrhunderts. 78

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scmn, weiche es verstehe, die Ordnung der kircbliclien Feste und
damit den Kalender fMr das laufende Jalir festzustellen, niclit grade
schwer war. f
Dasselbe Jalir 735,2 in welchem Beda starb, war das Geburtsjahr
Al cuins 1). Er war emn vornehmer Angelsaclise und hiess mit
heimathlichem Namen Alli-win, d. h. Freund des Tempels, woraus
eben Alcuin entstanden ist. Fast noch h~iufiger nannte er sich selbst
Albinus. Sein Lelirer war Egbert von York, emn naher Freund
Bedas, wie aus einem vertrauten Briefe Bedas an ilin Uiber kirehliche
Verh~iltnisse hervorgelit. Egbert legte an der mit einer reichen Bibliothek ausgestatteten Schule seines Bischofssitzes das neue Testament aus, die Ubrigen Fiicher waren seinem Yerwandten Aelbelirt
anvertraut, zu weichem Alcuin in enge Beziehungen trat. Er begleitete ilin noch als JiUngling auf einer wissenschaftlichen Reise
nach Rom, dem Hauptmarkte fUr die Erwerbung von llandschriften,
er wurde sein Naclifolger in der Leitung der Yorker Schule, als Aelhbehrt 766 nach Egberts Tode den erzbisch~flichen Stuhi bestieg.
Alcuin erzahlt uns selbst, wormn der Unaterriclit an der Schule
bestand. Die Geheimnisse der heiligen Selirift wurden erliutert.
Daneben wurden Grammatik, Rhetorik, Dialektik, Musik und Poesie
gelelirt. Audi die exakten Wissensehaften kamen niclit zu kurz.
Astronomie und eigentliche Naturgeschichte, die Osterrechnung bildeten beso-ndere Lehrgegenstiinde, die in gleichem Inhalte uns auch
bei Beda begegnet sind, und die von Alcuin muthmasslich niclit viel
anders gelelirt wurden als es bei semnen Yorgiingern aufwiirts his zu
Isidorus, zu Cassiodorius, zu Victorius der Fall gewesen war.
Er wurde dureli die gleichen Werke rbmischer Gelehrsamkeit
untersttitzt, welche in der Bflchersammiung von York salmmtlich vorriithig waren. Hat doch Alcuin in dem Gediclite 2), in weichem er
der Unterrichtszweige gedenkt, auch emn Yerzeichniss von soichen
Schriften gegeben, die in York zu. finden waren:
Finden wirst dort du die Spur der alten Yilter der Kirche,
Finden was fiir sich der R~5mer im Erdkreis besessen
Und was Grieclienlands Weisheit lateinischen Wd1kern gesandt hat.
Auch was das Yolk der Hebri~er aus himmlischem IRegen getrunken,
Oder was Afrika hat helifliessenden Lichtes verbreitet.
1)Karl Werner, Alcuin und sein Jalirhundert. Paderborn, 1876. Kurz,
aber fibersiclitlich ist D timmie rs Artikel,,Alkuin" in der Allgemeinen deutsclien
lBiographie I, 343-348 (1875). 2) Poerna de Ponti/icibus et Sanctis ecclesiae
Eboracensis (d. h. von York) in den Monumenta Alcuiniana (ed. Watten -
bach et Dfimmler). Berlin, 1873 als VI. Band der Bibliotheca rerum Germanicarurn. Der Studienpian ist geschildert v. v. 14:31 sqq. (S. 124-125), das
l3iicherverzeichniss v. v. 1534 sqq. (S. 128).