Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

780 38. Kapitel. Beda hat demgeminass bei ilieronymus das Fingerrechneti wiedererkannt, mit weichem er vertraut war und seine Schuller vertraut zu machen beabsichtigte. Eine Quelle muss also vor dem Tode des ilieronymus d. hi. vor 420 vorhanden und wahrscheinlich in lateinischer Sprache vorhanden gewesen sein. Eine andere Frage ist die, oh an eine geschriebene Qu'ele die Lehren sich ankniilpften. Uns, scheint es fast natuflricher, an eine durch Jalirhunderte sich fortsetzende miindliche Ueberlieferung der Fingerbeugungen zu glauben, wie das Rechnen unter Anwendung der Finger sich unzweifelhaft nur durch mtindliche Lehre fortpflanzte. Diese unsere letztere Behauptung ist in der Natur der Dinge begriUndet,7 hat aber ausserdem, eine wesentliche Untersttitzung in der Thatsache, dass wie Beda und iNikolaus von Smyrna so auch jener Araber, der in Versen die Fingerstellungen lehrte (S. 668), ilber das wirkliche Rechnen keine Silbe verliert. Ist diese Lileke schon. fair das Rechnen mit ganzen Zahien vorohanden, so kann man zum voraus versichert sein, dass emn umifassendes Bruchrechnen erst recht nicht gelehrt wird. In der That findet sich in dem 4. Kapitel i-ber die Rechnung mit Unzen kaum, mehr als die Eintheiluug des aus 12 Unzen bestehenden Asses und. der Unze selbst, emn Beleg, wenn emn solcher verlangt wtirde, fMr den unmittelbar riiiischen Ursprung des Ganzeu. Beda bemerkt, der Begriff als Gewvicht habe den Ausgangspunkit gebildet, daun aber sei abgeleitet davon nur der Begriff des Gauzen und seiner Theile iibrig gebliebeni. Wenn man von einem Ganzen sein Sechstel wegtnehme, so nenne man den Rest dextans u. s. w. Auch die Zeichen fMr die Brtiche fehien nicht. Soiche waren, wie wir wiederholt zu bemerken hatten, seit Jahrhunderten in Gebrauch. Es hat wohi die Bedeutung des einen oder des anderen Bruchnamens sich veriandert; es haben neue Namena sich eingeschoben; die Zeichen haben sich abgerundet, sind neuen Namen entsprechend neu hinzugetreten, aber begrifflich Neues tritt uns nicht entgegen. Die Osterrechnung, der eigentliche Mittelpunkt der Zeitrechnungr, grtlndet sich bei Beda wie bei Cassiodorius, wie bei Anderen (S. 533) auf die 19j~hrige Wiederkehr des Zusammenfallens von Soninen- und Mondzeiten und. steilt, wie wiir oben aildeuteten, an die Rechenkunst des Schtfilers, der nur diese Aufgabe zu li6sen beabsichtigte, kOine iibermaissige Anforderung, sodass die ErfUllung der auf einem Ausspruche des heiligen Augustinus beruhenden Vorschrift1), es mtisse in jedem Mi~nchs- und Nonnenkloster wenigstens eine Person vorhanden 1) Histoire littesraire de la France par des re'ligieux Beinedictins VI, 70, und Sickel, die Lunaxbuebstaben in den Kalendarien des Mittelalters. Sitzungfsber. d1. Wiener Akademie. Philosoph.-histor. Kiasse XXXVIII, 153 (1876).

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Title
Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.
Author
Cantor, Moritz, 1829-1920.
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Page 780
Publication
Leipzig,: B. G. Teubner,
1894-1908.
Subject terms
Mathematics -- History.

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"Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor." In the digital collection University of Michigan Historical Math Collection. https://name.umdl.umich.edu/aas8778.0001.001. University of Michigan Library Digital Collections. Accessed June 22, 2025.
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