Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Die Mathematik der Westaraber. 75

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kamen, fremd ist. Und doch k6irnen grade diese Verse niclit aus
indischen Mustern iibersetzt sein, deun die Inder - wir wiederholen
hier friflier Gesagtes - wussten gar niclits von drei Formen quadratischer Gleichungen, weil sie vermo-ge ihirer Fahigkeit mit negativen Zahien zu rechnen nur eine quadratische Gleichung
ax' + bx = c
mit bald positiven, bald negativen Coefficienten in Behandlung
nalimen. Dieser Widerspruch scheint zu der Annalime zu n6thigen,
der Verfasser des durch Gerhard von Cremona tibersetzten Buches
sei emn Gelelirter gewesen, welcher selbstiindig vorgehend die indische
Sitte auf arabische, urn niclit gradezu. zu sageni auf griechiseliarabische G-egenst~inde anwandte. Er muss mit indisehen Werken
bekannt gewesen sein, muss ilinen das entnommen haben, was er
filr besonders, brauclibar hielt, walirend er gleichizeitig von den unter
den Arabern liingst eingebilrgerten drei FMillen nicht liess, sei es,
dass er sie wirklieli fUr notliwendig hielt, sei es, dass er als echiter
Araber anhUingend an dem durech Alter der Ueberlieferung Geheiligten
doch niclit allzu grosse Neuerungen wagte. Waren es doch neben
den Gedilchtnissversen noch andere ungemein tiberrasehende Dinge,
welche er semnen Landsleuten bot: eine algebraisehe Schrift durcb
Abkiirungen und ilbereinkommliche Zeichen, wie die Inder sic
benutzten.
Fast ganz indisech ist die Bezeichnung abzuziehender Gr~ssen
durhelinejen unter die Benennung anagebracliten Punkt%1) indisch darum walirseheinlich auch die Darstellung der Benennung selbst dureli
den Anfangsbuchstaben des Benannten, sei es, dass es urn die Unbekanute, oder urn ihr Quadrat, oder urn die absolute Zalil der Aufgabe sich handelte 2). Welcher Buclistaben das Original sich bediente, ist nicht mit voller Sicherheit zu behaupten, indem Gerhard
von Creinona einen Beweis scharfsinnigen VerstaUdnisses, als Uebersetzer ablegend, oder aber in Toledo fiber den abkiirzenden Ursprung
der im Urtexte gebranelhten Buclistaben richtig belehirt, die Anfangsbuclistaben der lateinischen Wibrter gewahilt hat, deren er selbst sich
bedient, der Wi~rter: radix fMr die Unbekauinte, census fMr das
Quadrat derselben, dragma fUr die absolute Zahi, doch ist die
Wahrscheinlichkeit eine bedeutende, es seien diese Wbrter die Uebersetzungen von dschidr, mail, dirhamn, deren Abkiirzungen uns noch
irn Laufe dieses Kapitels in westarabischen Werken begegnen werden.
In dem Gebrauche von census ffir mail hat Gerhard von Cremona
') B. Bon conp a gn i, Della vita e delle opere di Gherardo Cremonese
pag'. 88-3 9. 2) Ebenda pag. 36 sqq.