Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Die, Mathematik der Chinesen.62

627

Gauges, heug ho cha, weicher dem l~ beigelegt wurde'), iliren
Urspruuag deutlich an den Tag legt.
Man k~5nnte ferner aus dem Umifauge vorhandener chinesischer
Eneyklopiidien den Rleikschluss ziehen, dass viel lUnwahres in denselben mit ill Kauf genommen werden muss. Wenn uns gesagt wird,
dass eine soiche Encykiopadie, weiche den Namen Yiusn 16i tai tie'n
fllhrt, aus beiinahe 15000 Thinden bestehe 2), s0 kaun uns das schon
emn Kopfschiitteln entlocken. Weun null aber gar eiue neue Eucyklopiidie, zu deren ilerstellung Kaiser Kie~u l6ng den Befehl ga, auf
160 000 Biinde veranschlagt worden ist, von weidhen flber 100 000
bereits, vollendet seien'), so ruft diese Mittheilung in uus persdnlidh
keinieswegs das Gefilhl demUthiger Bewunderung hervor, weidhes den
lBerichterstatter offenbar durchdringt. Wir kommen vielmelir selbst
unter Beschrankung der Stairke der Bainde auf das Geringfiigigste
und unter Ausdehnnug der durch Blumenreidlithum der Sprache trotz
der ungemein raunmsparenden Wortsdhrift erzielten Ra~umverschweudung auf das Uuertraglichste nur zn dem einen Gedauken: Wie viel
muss in einer soichen Encyklopiidie unwalir seiin, da fMr emn Yolk,
weiches semnen Stolz darein setzt um das Auslaud sich nidlit zu
kllmimern, so viel Wahres gar niclit vorhauden sein kanu.
Wir werden freilich, trotz dieser Beken-ntniss unserer unglaubigen
Voreingenommenheit, getrenlich wieder beridliten, was aus verschiedenen chinesischen Werken fMr die Gesdhiclite der Mathematik
bei jenem Volke ermittelt worden ist, Uberall so weit als m~5glich
der Zeitangrabe folgend, weiche die Chinesen selbst liefern, aber wir
verargen es keinem unserer Leser, weun ilin die erheblichsteu Zweifel
an nusere Gewiihrsmiiuner erfUllen soliten. Man wird es nm so begreiflicher finden, dass wir europaiseher Uebertreibuugen, die chinesischer als die Chinesen selbst der Sterukunde jenes Volkes emn
Alter von 18 500 Jahren beilegen wollen, nur mit diesein einen
Worte gedeuken 4).
Einem Minister des Kaisers llhnig t4, weldher 2637 v. Chr. regierte, wurde, wie wir (S. 622) gesehien haben, nach einem Bericlite
die Erfindungr der Schrift beigelegt. Emn anderer Minister desselbeii
Kaisers, Cheo~u lN wird als Erfiuder des Recheubrettes, swadn pan,
') Ed. B jo t, Table ge'werale d'un ouvrage chinois intitule' Souan-fa- to~ny-tson
Ou Collection des 9rcgles du calcul im Journal Asiatique vom inma 1839 3i~iue
s~rie, VII, 195. 2) Perny I, 10. 3) Ebenda II, 7. 4 ) G. Schlegel, Uranographiie chinoise. Wir selbst kennen das Werk nur aus den dessen Tendenz
ablehnenden Recensionen von Jos, Bertrand (Journal des Savans 1875) und
von S. Gfunther (Yierteljahrsschrift der Astronomischen GeselIschaft, XILI Jalirgang, Heft 1).
40*