Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Einleitendes. Elementare Rechenkunst.59

5,59

Bha-skara "A"carya, d. li. Bha'skara der Gelelirte, schrieb,,die Kr~inung des Systems" Siddhainta~iromaiii, dessen zwei ffir uns
wiclitige Kapitel mit besonderer Ueberschrift Lildvati (die Reizende)
und Yijagantita (Wurzelreehnung) genanut sind '). Bliaskara ist 1114
geboren.
Die Geburtsdaten dieser drei Schriftsteller sind vollstandig sicher,
da sie aus eigenen Angaben der betreffenden Manner, welche in ihren
Werken aufgefunden worden sind, hergestellt werden konanten2).
Wir ffigen dem hinzu, dass andere Astronomen oder Mathematikeri
weiche wir noch nennen werden, insgesammt viel jiingeren Datums
als Aryabhatta sind, dass emn astronomisches Werk, von dem wir sogleich reden wollen, auch niclit ailter als frifihestens aus dem IV. oder
V. S. nachchi'istlicher Zeitreclinung ist.
Wir meinen den Sfirya Siddh~inta oder das Wissen der
Sonne 3), indem Sixrya (die Sonne) ihre Siddlianta (Erkenutniss,
Wissenschaft, System) dem Asura Maya d. h. dem Damon Maya
offenabart, der es niederschrefibt. Wer dieser dalmonische Schriftsteller
selbst sei, wann er gelebt hat, ist nur durch eine ziemlich kiffine
Vermuthung ersehliessbar. In dem Werke selbst kommen namlich
unzweifelhaft griechische Ausdrticke vor, weiche in der indischen Verkleidung leicht erkannt worden sind. Wenn Kendra die Entfernung
eines Planeten von einem St~rungsmittelpunkte bedeutet, so ist das
eben das griechische i' Ex zgv'r~ov, weun lipta' oder liptikad die Winkelminute heisst, so ist das AiEzrov das Gesehabte, das Bruclitheil, Ableitungen die trotz der Stammverwandtsehaft indischer und griechischer Sprache angenommen werden mfissen, indem ffir kendra und
l.ptd, eine unmittelbar indische Herkunft nicht zu ermittein ist. Dazu
komnat, dass einzelne Leliren des Sfrya Siddlianta griechisches Geprage tragen. Die Ostwestlinie ffir einen Punkt wird mittels der
zwei Schattenbeobaclitungen gleicher Lange am Vormittage und am
Naclimittage gewonneni, welche wir bei Vitruvius und Hyginus
(5. 499) kennzeichnen mussten. Anderes scheint auf den ptolemaischen
Almagest hinzuweisen. Grade diese Annahme. vereinigt sich sodann
1)Die mathematisclien Kapitel von Brahmagupta und von Bliaskara sind
in einer englisclien Uebersetzung vorhanden, weiche wir ale Col1e bhr 00ok e citiren:
Algebra whith arithmetic and mensuration from the Sanscrit of Brahmegupta
and IBhascara translated by H. Th. Colebrooke. London, 1817. 21) Bha4d
D aj i, On the age and authenticity of the works of Yardhamihira, Brahmegupta,
Bhattotpala and Bhaskarcdchdrya in dem Journal of the Asiatic society 1865
(New Series I, pag. 292- 418). ') ilerausgegeben mit englisclier Uebersetzung
von Burgess und Anmerkungen von Whitney in dem Journal of the American
Oriental Society Vol. VI (New-Haven, 1860).