Vorlesungen über geschichte der mathematik, von Moritz Cantor.

Aelteste Rechenkunst und Feldmesisung.49

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einen Decimanus, dann senkreclit zu iham einen Cardo, und somit
sind es zwei praktische Th~itigkeitena, weiclie er von Anfang an auszuilben verpiliclitet und foiglich auch befiuhigt sein musste: die Ostwestlinie zu bestimmen und zu eiuer gegebenen Geraden auf dem
Felde eine Senkrechte zu ziehen.
FUr die Bestimmung der Ostwestlinie sind drei verschiedenae
Methoden durci ilyginus, einen Feidmesser etwa aus dem Jahre
100 n. Clir. beselirieben. Die erste Methode') richatete emn zum Visiren
geeignetes Instrument, von weicliem wir noch zu reden haben, nach
dem Punkte des ilorizontes, wo wirklich die Sonne aufging. Diese
Riclitung wurde als Ostwestlinie, die Zn ilir senkrechte als Cardo
bestimmt, und, fMgt der Besehreiber irn stoizen Gefilhile seiner Ueberlegenheit hinzu, urn Mittag stimmte diese Mittagslinie niclit mit der
Wirkijelikeit Uberein. Die zweite Methode 2) befestigte auf geebueter
Grundlage einen senkrechten Stift als Schattennelimer, sciotherum,
und beschrieb urn denselben als Mittelpunkt einen Kreis, dessen
ialabmesser keiejer als die grdsste Schattenhinge des Stiftes gewii'hlt
werden musste. Sowohi, des Morgens als des Naclimittags musste
der Schatten einmal so lang werden, dass sein Endpunkt genau in
diesen ]Kreisumfang eintraf; und die beiden Punkte, in weichen soiches
stattfand, hatte man zu. beobachten und auzumerken, endlich Zn verbinden. Die Verbindungsgerade war der gewiinschte Decimanus. Die
dritte Methode 3) maclate von drei ungleichen Schattenliaingen Gebrauch,7 weiche in kurz auf einander folgenden Zeitpunkten, aber
silmmtlich vormittags, auf der Grunadebene des Sciotherums verzeichnet worden waren.
Die letzte Methode, unter deren Vorziigen wir nur den einen
hervorheben wollen, dass sie unabhangig dav-on war, oh die Sonne
in einem gewissen Momente unbew6lkt am Himmel stand und die
vorausbestimmte Schattenilinge wirkichl liefern konnte oder niclit,
setzt Keanutnisse der Stereometrie in einem Maasse voraus, dass wir
ihre Entstehung nur bei einem Schriftsteller vermuthen diirfen, clessen
wissenschaftliche Bildung eine weit h'dhere war, als RIO'mer sie je
1)Hygini gromatici de limitibus constituendis in Rtimische Feidmesser I, 170.
2)Hyginus, R~5mische Feldmnesser I, 188-189. 81) Hyginus, R~5mische Feldmnesser 1, 189-191. VTergl. Agrirnensoren S. 68-69. IUeber diese Methode hat
schon Cristini geschrieben, von welehem 1605 in Turin einDruckwerk herauskam:
Methodus inveniendae meridianae lineae ex tribus umbris, simul cum Jparaphrasi
in similem methodum conscriptr aIlgnAgsoLiet.Vergl. Carteggio
inedito di Ticone Brahe, Giovanni Keplero etc. con Giovanni Antonio Magini
pubblicato ed illustrato da Antonio Favaro. Bologna, 1886, pag. 296, 302
lund 304, Note 1.
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